Woche 3. Reality Check in Panama.

Tag 18, 08.01.2024 – Für ein Selfie mit Heineken gehts zu Benfica.

Der Morgen startete entspannt. Es gab die Option für ein Jugendspiel in der Umgebung von Viseu, doch die rund zwei Stunden Fahrt waren es uns für den noch bilderlosen Ground bei europlan nicht wert. Stattdessen entschieden wir uns für ein ausgiebiges Frückstück, noch etwas Entspannung und Arbeit am PC. Geplant hatten wir dann noch einen Spaziergang durch Portos Stadt, doch der Regen spielte vorerst noch gegen uns. Als der Regenradar dann aber grünes Licht gab, machten wir uns auf und ich lief mit meiner Begleitung alle mir bereits bekannten und markanten Punkte ab. Die Führung gefiel, ausserdem überzeugte ein tanzender Spiderman an der “Ponte Luis I”. Ihm zuzuschauen triggerte jede Art von Fremdscham, deshalb orientierten wir uns wieder in Richtung Altstadt. Vor dem heutigen Abendspiel der ersten Liga in Moreirense, grob 45 Autominuten von Porto entfernt, sollte aber noch ein Problem des Begleiters gelöst werden. Für die Pokalpartie von Benfica am kommenden Mittwoch konnten nur durch Socios Tickets geordert werden. Da niemand von uns eine Mitgliedschaft hatte oder auch nur vorhatte diese abzuschließen, mussten andere Wege gefunden werden. Unsere Idee war das Aufsuchen der bereits bekannten “Adega Sportsbar”. Nach dem ersten Getränk verwickelten wir den Wirt in ein Gespräch und versuchten herauszufinden, ob er Mitglieder des Traditionsvereins aus Belém kennt. Auf Nachfrage erklärten wir natürlich auch noch unser Ticketproblem, worauf er einen Anruf tätigte. Er würde sich per WhatsApp bei uns melden. Obwohl wir nur eine Karte benötigten, und das auch kommunizierten, bekamen wir, als wir gerade im Lokal am bezahlen waren, noch die Links zu einem Portal. Die Weiterleitung führte zu einer Sponsorenseite, in der wir unsere Ausweisdaten eingeben sollten, da wir zu einem Spiel eingeladen wurden. Der Chef des Ladens holte uns noch zu sich, erklärte, dass einer seiner Zulieferer Plätze hat und uns einläd. Dafür sollten wir innerhalb der nächsten Tage nochmal bei ihm vorbeikommen und ein Heineken trinken. Da dies unser letzter Tag in Porto war, mussten wir das auf heute Abend nach dem Spiel schieben, obwohl der Plan ein anderer war. So ging es also glücklich zur Unterkunft, in der wir uns noch schnell etwas zu Essen machten, bevor wir wieder ins Auto steigen um in den Nord-Osten zu fahren. Am “Estadio Comendador Joaquim de Almeida”, welches 2002 für 6153 Zuschauer gebaut wurde, traf man mal wieder auf bekannte Gesichter. Zusammen holte man die beantragten Akkreditierung ab und erhielt Zutritt ins das, nach einem aus der Stadt stammenden Textilunternehmer benannte, Stadion. Dort erwartete einen auf der Gegenseite schon ein kleiner Mob, dessen Verhältnis zu den Zaunfahnen ungefähr zwei zu eins war. Es stellte sich im Laufe des Spiels, bei dem Moreirense als Sechster den Dreizehnten von AC Pia Casa empfing, auch kleine Schwenkfahnen zum Einsatz kamen. Ausserdem war das klassische Pöblen wieder ganz groß. Nach einem Foul an einem Gegenspieler auf Höhe der Gruppe sprinteten einige die Stufen herunter und redeten unermüdlich auf Gegner und Schiedsrichter ein. Ein Bild für die Götter. Früh ging der Favorit in Führung ehe Pia Casa, die noch immer kein eigenes erstligataugliches Heimstadion haben, per abgefälschter Bogenlampe ausglich. Noch in der ersten Hälfte drehten die Gäste vollkommen überraschend die Partie und die wenigen mitgereisten Anhänger, die sich auf unserer Tribüne befanden und ich nicht unterscheiden kann, ob es Fans oder Verantwortliche waren, konnten doppelt jubeln. Einmal ein öffnender Pass und der Stürmer musste nur noch einschieben, allerdings wurde auf Abseits geprüft, welches aber nicht vorlag. So konnte der Torjubel mit Babybauch nochmals wiederholt werden. Gratulation und alles Gute für den Nachwuchs und die werdenden Eltern. Tor drei war eine Freistoßflanke, die eingeköpft wurde. In der zweiten Halbzeit konnten die Gäste sogar noch ein viertes Tor nachlegen und sprangen mit dem Sieg in der sehr engen Tabelle mit der letzten Partie des Spieltages auf Rang Acht und sorgten so für einigen Abstand zu den Abstiegsrängen. Nach Abpfiff organisierte ich mir noch ein Papierticket, wobei das auch nur mit Hilfe der Bullen gelang, da, nach Aussage des Uniformierten, “hier keiner Englisch kann”. Also übersetzte er meinen hochgehaltenen Handybildschirm lautstark und ich hatte den Papierfetzen in Visitenkartenform in Sekunden in der Hand. Glücklich ging es zurück zum Auto, in dem es sich auch ein weiterer Mitfahrer gemütlich machte. Der Brite Anfang 60, der sich ebenfalls auf der Pressetribüne eingefunden hat und meine Bekanntschaften ebenfalls kannte, hätte mit den Öffis zurück nach Porto gemusst. So war es für uns eine Selbstverständlichkeit ihn mitzunehmen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten den Anschnaller zu finden gab das Auto irgendwann Ruhe und wurde vor die Sportsbar im Herzen Portos gelenkt. Heineken wurde geordert und die Forderung des Wirtes damit erfüllt. Anschließend ging es schnell in die Unterkunft und ans Packen meiner Habseligkeiten, denn die Nacht sollte kurz werden. 

Tag 19, 09.01.2024 – Vom falschen Hotel ins Stadion.

So klingelte der Wecker bereits um halb Vier, damit ich den Bus in den Süden ja nicht verpasse. Der Weg zum Busbahnhof Campanha war bereits nahezu auswendig im Kopf, von der Unterkunft in Boavista rund eine Stunde Laufweg. Als ich gerade die Treppen ins Untergeschoss des Bahnhofs, in dem sich die Busstation befindet, herabschlenderte, fuhr der bereits gefüllte Flixbus ein. Perfektes Timing. Direkt an die Tür gestellt, einen freien Zweier besetzt und ab ins Land der Träume. Die Ankunft in Lissabon bekam ich mit, da ich durch den morgendlichen Berufsverkehr geweckt wurde. Mit etwas Verspätung passierte der Flixer die Schranke am Busbahnhof Oriente und ich suchte mir meine Verbindung zum auf der anderen Flussseite liegenden “Benfica Campus”. Der Grund für die frühe Fahrt nach Lissabon war ein Dienstagstrippler, der sich mit zwei Spielen der Jugendliga “Liga Revelecao” perfekt machen ließ. Zuerst kaufte ich mir eine Tageskarte für Lissabons Bahnen, Busse und Fähren. Das dies die sinnloseste Investion der Woche war, stellte sich bereis fünf Minuten später heraus, da der Bus, der auf die andere Flussseite über die berühmte “Ponte Vasco da Gama”, der großen Brücke über den Tajo, fuhr, meine Karte nicht annahm. Sie würde nur im Innenstadtbereich gelten. Ja geil, also die nächsten knapp fünf Euro geblecht und ab dafür, hilft ja nix. An der Endstation musste ich raus, wenigstens hat sich die Fahrt damit gelohnt, und umsteigen. Meine Befürchtung, ein weiteres Ticket für die Fahrt nach Seixal kaufen zu müssen wurde wahr, allerdings stellte sich der deutsche Touri in mir dumm, hielt das Ticket mehrfach an den Leser, zeigte dem Fahrer alle vorhandenen Quittungen und erhielt von ihm so den Fingerzeig, dass ich mich einfach setzen soll. Obrigado. Wenigstens die Euronen gespart. Wirklich nur wenige Meter vor dem Campus des Stadtvereins Benfica SL befand sich eine Haltestelle und so konnte ich mit Sack und Pack an den Ground marschieren. Die Gastgeber verlangten für das Jugendspiel doch tatsächlich Eintritt, für Socios, also Mitglieder, wäre der Eintritt frei. Also in den sauren Apfel beißen und das Geld für den Ground, in dem auch Benficas zweite Mannschaft in der zweiten Liga spielt, ausgeben. Meine Rucksack konnte ich in der Obhut des diensthabenden Securitys lassen, also ging es ohne Gepäck in das mit zwei Tribünen doch recht attraktives Stadion für einen Nachwuchscampus. Das 2006 eröffnete Areal umfasst neben acht Großfeldern auch ein Hotel, zwei Sporthallen und allerhand Schnickschnack. Das große Stadion mit seinen zwei Tribünen, wovon die Hintertorseite 2013 nachträglich hinzugefügt wurde, war schon mit einigen Zuschauern gefüllt. Und das auf nen Dienstag um 11:00 Uhr. Die ersten Minuten gingen, sehr zu meiner Überraschung, an die Gäste. Bereits nach zehn Minuten führte die aus Torres Verda, etwa 40 Kilometer entfernt, angereiste Mannschaft. Auch wenn der Treffer nicht dem eigenen Können, sondern eher der Unfähigkeit in Benficas Hintermannschaft zuzuschreiben war, ging die Führung in Ordnung. Sie hielt allerdings nicht allzu lange. Noch in Halbzeit eins dreht Benfica auf und ließ dem Team, dessen erste Mannschaft in der zweiten Liga spielt, keine Chance mehr. Am Ende stand es 4:1, die Gäste waren bedient und am ersten Spieltag der Rückrunde konnte die Nachwuchsmannschaft der Adler ihre Tabellenführung wieder an sich reißen. Nach dem Spiel hatte ich erstmal etwas Puffer. Diesmal wollte ich den Busweg nicht probieren und hatte mir in den Kopf gesetzt die Fähre von Seixal nach Lissabon zu nutzen. Die nächste Abfahrt war allerdings erst gut eine Stunde in der Zukunft, weshalb ich in einen Supermarkt der Schwarz-Gruppe, der mittlerweile auf der ganzen Welt expandiert hat, ein Vesper besorgte. Damit ausgerüstet ging es an den Fähranleger und versuchte mein Glück mit der Tageskarte. Wieder rot. Der Mann am Drehkreuz erklärte, dass dieses Ticket nur für eine bestimmte Fähre gelten würde, also wieder nachzahlen. Und nicht nur die Fahrt, auch eine neue Leihkarte musste ich zahlen, da auf der anderen bereits das Tagesticket war und man nicht parallel zwei Tickets darauf laden kann. Wer also mal nach Lissabon fährt und die Öffis nutzen will, ich hab genug Karten dafür. Danke Merkel. Ich hätte mich vorher wohl vier Stunden mit den Plänen von Lissabons ÖPNV beschäftigen müssen. Zum Glück gibt es in Deutschland mittlerweile das 49EUR Ticket, dass diesen Dschungel an Arbeit vereinfacht. Ach, dass will man wieder abschaffen? Stark. Meinen Sitzplatz auf dem Schiffchen krümelte ich erstmal voll, da das Baguette etwas krosser war als gedacht. Während dem schönen Blick auf die “Ponte 25 de Abril”, die andere berühmte Brücke über den Tajo war mir das aber egal. Am anderen Ufer angekommen stieg ich in die nächste Möglichkeit zum “Estadio de Tapadinha”, welche zum Glück eine historische Bahn war. Schön in so einer Kiste mal gefahren zu sein. Hier funktionierte dann auch meine Tageskarte endlich. Die fünf Stationen genoß ich komplett, schließlich hatte ich diese Fahrt teuer bezahlt. Trotzdem musste ich die letzten Meter zum Ground noch bergauf laufen, aber die Schüssel, die mich dort erwartete, war jeden Schritt wert. Doch erstmals kam wieder das bekannte Prozedere des Rücksack auspackens. Um es dem Ordner so einfach wie möglich zu machen, bat ich ihm an, mein Gepäck im Gesamten bei ihm zu deponieren. Dem willigte er ein, wir verstauten den Bag regensicher und es ging ab in die Perle. Das 1926 eröffnete Estadio de Tapadinha, welches zur Zeit als Heimspielstätte für den Drittligisten Atlético CP dient, wurde von der Nachwuchsmannschaft des einige Kilometer entfernt beheimateten “CF Estrella de Amadora” für die Spiele der “Liga Revelecao” genutzt. Der Ground liegt direkt an der “Ponte 25 de April”, welche von der nördlichen Hintertorseite bestimmt genial sichtbar ist. Das Gepäckproblem kam nun noch zu einer weiteren Stufe, wenn von der Tribüne entdeckte ich die drei Lads aus England, die ich in Penfiel bereits gemustert hatte. Auch hier marschierten sie auf und durften erstmal ihre Getränke und Teile der Snacks leeren, da sie ihre Rucksäcke nicht deponieren wollten. Aber auch für sie ging es kurz vor Anpfiff in die Schüssel, Hopperpolizei hat aufgepasst. Im Spiel begann die U23 des Gastes aus Barcelos, Clubname “Gil Vincente”, benannt nach dem Theater in Barcelos, in dessen Nähe die Gründer immer gespielt haben, deutlich besser. Bereits nach zwei Minuten lag die Kugel im Kasten. Doch auch der Gegenschlag erfolgte sofort, nur wenige Aktionen später war das Spiel wieder ausgeglichen. Und noch vor der Marke der halben Stunde drehten die Gastgeber die Partie, auch zurecht. Ich versuchte mich in der Zeit im Machen von Bildern, wurde aber bereits nach wenigen Metern von der hiesigen Security aufgehalten. Schade, dass die Kurve über den Weg unzugänglich gemacht wurde. Die Stufen, besonders im Nord-Östlichen Eck, sind so geil heruntergekommen, dass ich mir das gerne von nahem angeschaut und auf Fotos festgehalten hätte. Ich kam so erstmal wieder in den Gästeblock, den auch bei Jugendspielen ist klare Trennung. Die Trennung übernahm ein Ordner, dem ich verständlich machte, dass mit die Mannschaften komplett bumms sind und ich einfach nur des Spiel sehen will. So ließ er mich wieder auf die andere Seite und ich gesellte mich zu den Briten. Sie waren dem Gespräch sehr offen gegenüber und ich informierte sie unter anderem über das Spiel im Nationalstadion am morgigen Mittwoch. Dankbar für den Tipp und auch für einige andere Sachen, redeten wir die komplette restliche Spielzeit. Der Gastgeber schoss noch das 3:1, dass war uns aber egal. Auch die über unseren Köpfen, sich im Landeanflug befindlichen Flieger auf den Airport Lissabon, waren uns nach ein paar BIldern egal. Irgendwann, nach unserem Empfinden viel zu früh, kam dann der Schlusspfiff und unsere Wege trennte sich vorerst. Nach dem ich mich von den Briten verabschiedet hatte, lief ich zum nächstmöglichen Bahnhof um meinen Zug nach Oeiras zu bekommen. Dieses Kaff liegt direkt am Wasser, zwischen Lissabon und Estoril, dem Hauptspielort des heutigen Tages. Ich hatte mir dort eine günstige Herberge gebucht, um im schlimmsten Fall nur wenige Kilometer in der Nacht laufen zu müssen, denn die portugisische Bahn hatte ab dem Folgetag einen Streik angekündigt. Ob dieser mit den Bauernprotesten in Schland in Verbindung stand? Man darf ja mal munkeln. Vom Bahnhof in Oeiras gings die letzten Meter bei Sonnenuntergang und der Ausfahrt der “MeinSchiff”, einem Kreuzfahrer, am Strand entlang, ehe ich mich auf der weitläufigen Anlage eines Hotels verlief. Die Receptionistin war nicht ganz so hilfsbereit wie ich die Portugiesne bisher kennen gelernt hatte, aber sie scheint wohl täglich irgendwelchen dummen Touristen den Weg zum Hostel zeigen zu müssen. Die Platzierung in maps sowie die Beschilderung vor Ort ist aber auch echt dumm, so dass ich gleich noch einen anderen Deutschen einsammelte, der genauso verloren auf der Anlage stand. Mit vereinten Kräften fanden wir den Eingang des Hostels und checkten ein. Auf die Frage nach seiner Abendplanung hatte er keine Antwort, meine Einladung zum Pokalspiel zwischen Estoril und dem amtierenden Pokalsieger FC Porto nahm er dankend an, so dass wir uns nur 30 MInuten später mit seiner Mietkarre auf den Weg machten. Wir entschieden uns für die sichere Option mit dem Auto, bevor wir in der Nacht vor geschlossenen Bahnhofstüren stehen, da der Streik schon in den Stunden vor dem offiziellen Beginn anfängt. Die nur fünfzehn Minuten Fahrt waren schnell vorbei, ein Parkplatz im Wohngebiet einfach gefunden. Die ersten Fußballparker, es waren noch gut anderthalb Stunden bis Anpfiff, sicherten sich aber, genau wie wir, ihre Parkmöglichkeit. Auf meine Akkreditierung, die man im Gegensatz zu nahezu allen anderen Vereinen nicht per Mail, sondern über ein Formular auf der Homepage versendet hatte, erhielt ich keine Antwort, so dass ich vor Ort mal nett nachfragen wollte. Tatsächlich stand ich nicht auf der Liste und nach einem kurzen Gespräch mit dem Pressechef wurden uns netterweise zwei Bändel ausgehändigt. Obrigado! Mit der bereits geklärten Einlasssituation im Rücken knipsten wir ein paar Bilder vom Spielfeldrand, für meine spontane Begleitung, die zum Surfen nach Portugal gekommen und erst heute angereist war, ein Highlight. Da es noch immer mehr als eine Stunde bis zum Start der späten Partie des Tages war, verließen wir den Ground nochmal und erledigten die für meine Begleitung nötigen Einkäufe im nahegelegenen Supermarkt, der bereits von vielen Fans der “Dragoes” besetzt war. Trotzdem erhielten wir die gewünschten Lebensmittel, verstauten diese im Auto und machten uns dann wieder auf den Weg in den Ground. Der freundliche Security erinnerte sich an uns, machte den Weg frei und ließ uns passieren. Im Pressebereich angekommen, erledigte ich noch ein paar dringende Dinge und klappte den Laptop dann wieder zu, denn hinter der Scheibe nahm ich bereits im Vorfeld des Spiels kaum etwas war. So suchten wir uns in der gut gefüllten, aber lange nicht ausverkauften Schüssel mitten im Wohngebiet gute Plätze. Die Hintertortribüne war sogar gesperrt und die Sitzschalen mit Werbung überdeckt. Außerdem schauten von der Fluchttreppe des benachbarten Hochauses auch einige Fuballbegeisterte zu. So zählt der Ground aber nicht meine Freunde! Dafür hatten sie in direkter Nähe zum Gästeblock eine sehr gute Akkustik und Sicht auf die angereisten “Super Dragoes”, sowie die anderen Gruppen des FC Porto. Auf diese bin ich im Bericht der letzten Woche vom Porto Derby genauer eingegangen. Mich wunderte es allerdings, dass man hier aufmarschierte, da der Taca de Portugal in meinen bisherigen Spielbesuchen selten von den Gruppierungen angefahren wurde. Die Freude über den sehr stabilen Support war deshalb umso größer. Trotz des stabilen Fanaufmarschs zeigte die Gastmannschaft nicht, dass sie Favorit sind. Zwar hatte man im Spiel mehr Anteile, doch die Konter von GD Estoril Praia, 1939 gegründet und in der Mitte der 2010er Jahre europäisch unterwegs, waren gefährlich. So dauerte es bis zur Hälfte der ersten Spielzeit, ehe der Favorit das erste Mal netzte. Nach einer gespielten halben Stunde fiel bereits das 0:2, so dass sich der Weg ins Viertelfinale bahnte. Nach einer Stunde schnürte Evanilson, Stürmer der Gäste, seinen Hattrick, wenn auch nicht lupenrein. Auch das 0:4 fiel noch, etwa fünfzehn Minuten vor dem Ende. Besondere Vorkommnisse gab es keine, ausser das der kleine Supportblock von Estoril kurz nach dem 0:4, als das Spiel wieder lief, aus dem Nichts jubelte. Mein Nebensitzer erklärte mir auf Nachfrage, dass dies ein probates Mittel sei, wenn man keine Hoffnung mehr hat. Ganz nach dem Motto: “Let’s pretend, let’s pretend, let’s pretend we scored a goal. YEEAAAH”. Wer es nicht kennt, einfach mal hier klicken. Finde ich mies witzig.  Nach dem Spiel und einigen abschließenden Bildern, setzten wir uns wieder ins Auto und fuhren die wenigen Minuten zur Unterkunft. Dort verabredeten wir uns für den kommenden Morgen zum inkludierten Frühstück und verschwanden in den separaten Zimmern.

Tag 20, 10.01.2024 – Die Lads aus UK.

Bereits um sechs Uhr klingelte ein Wecker. Die Betonung liegt auf EIN Wecker, der nicht meiner war, Das ganze Zimmer, insgesamt Sechs Mann schliefen hier, war wach. Bis auf die Person, die den Wecker gestellt hatte. Also klingelte dieser erstmal gute zehn Minuten, da sich niemand verantwortlich fühlte. Mir eingeschlossen, I am sorry. Ich übertönte das Klingeln mit meinen Kopfhörern, richtig gut Schlafen konnte ich damit aber nicht mehr. Das Dösen fand gegen Neun ein Ende, also ab ins Bad und anschließend zum Frühstück. An einem der Tische saß bereits mein gestern kennengelernter Kompanion und bereitete sich sein Müsli vor. Auch ich füllte mein Tablett mit Cerealien, Brötchen, Käse, Marmelade und einer heißen Schokolade. Wetherspoon-Vibes, da auch hier die Maschine zur freien Verfügung stand und man sich bedienen konnte, wie man wollte. Es sollte nicht bei einem Heißgetränk bleiben. Auch das Tablett füllte man ein zweites Mal, ehe sich der Tischnachbar verabschiedete und sich auf den Weg in den Norden Portugals machte. Ich kümmerte mich anschließend um die Fertigstellung des Berichts der vergangenen Woche und lud diesen noch hoch, ehe ich gegen halb Zwei am Mittag die Unterkunft verließ und mich fußläufig zum Nationalstadion aufmachte. Die etwas mehr als acht Kilometer, komplett entlang am Strand mit Ausnahme der letzten Meter, machten bei den wirklich frühlingshaften siebzehn Grad und Sonnenschein richtig Laune auf mehr und waren wohl ein Vorgeschmack für das Wetter in Mittelamerika. Auch die Sonnenbrille fand mal wieder ihre Verwendung. Vorbei an Palmen, Sandständen und Leuchtürmen enterte ich den Ground gute zehn Minuten vor dem Anpfiff und ließ mein Gepäck wieder am Eingang unter den Augen des Securitys liegen. Scheint eine gute Variante hier in Portugal zu sein. Während des Fußwegs von der Marathontorseite zur Tribüne lief ich natürlich auch die unüberdachten Sitzränge hoch und knipste einige Bilder, bis mich die Securitys wieder auf dem Schirm hatten und auf die legalen Plätze scheuchten. Zum heutigen Mittagsspiel, Halbfinal-Hinspiel im Ligapokal der Frauen, im “Estádio National do Jamor” auf einen Mittwoch lud der nach einem Energydrink benannte Racing Power aus Seixal, die mit ihrer Frauenmannschaft nicht nur in der ersten Liga spielen, sondern für die Heimspiele seit neuestem auch das ehemalige Nationalstadion am Stadtrand der Hauptstadt nutzen. Bis letztes Jahr trugen hier sowohl Belenenses SAD, ein Konstrukt, das die Lizenz des Traditionsvereins “Belenenses Os” kaufte, sowie der AC Pia Casa, ein Erstligist dessen eigenes Stadion zu klein für die erste Liga ist, und das will was heißen, ihre Heimspiele aus. Seit dieser Saison ist das Stadion mit einer Kapazität von etwas mehr als 37.000 Zuschauern, also nicht mehr im regulären Ligabetrieb zu machen. Bis eben dieser Energydrink-Hersteller mit seiner Frauenmannschaft kam. Diesen Zusammenhang machte ich aber erst aus, als ich Mitte der ersten Hälfte eine Fotorunde drehte und eine aufblasbare Werbedose sah, neben der ein portugiesischer Bulle genau dieses Getränk trank. Der Marketingverein, erst 2020 gegründet und seitdem erfolgreich jedes Jahr aufgestiegen, hat sich allerdings komplett, Stand Januar 2024, auf den Mädchen- und Frauenfußball fokussiert. Von dem Brausedrink habe ich online, außer einer schäbigen Website, wenig Informationen gefunden. Und da er mir vor dem Spiel auch nichts gesagt hat, denke ich mal, dass es entweder ein regionales Ding oder eine größer angelegte Marketingschiene für die Zukunft ist. Mal sehen, was wir von dem Hersteller noch hören. Ich könnte hier jetzt noch viele kritische Punkte zur Verwendung der Marke im Vereinsnamen nennen, erläutern warum ich das Spiel trotz meiner kritischen Sicht auf Investoren und Profitgeiern im Fußball anschaue, etc. Doch diese Debatte verschiebe ich auch lieber auf eine private Nachricht als hier in den Fließtext. Im Spiel konnte der Gast, die Damen von Sporting, erste Akzente setzen. Alles in allem trotzdem eine offene erste Viertelstunde, bis ein wirklich gut gespielter Pass eine Stürmerin der grün-weißen Löwinnen in Szene setzte. Die Verteidigerin des Brausevereins wusste sich nur per Notbremse zu helfen und erwies ihrer Mannschaft damit einen Bärendienst. Aus dieser Überzahl wusste sich der Favorit aber erstmal keinen Vorteil zu erarbeiten. Zwar war man klar spielbestimmend, konnte aber diese Überlegenheit bis zur 60sten nicht in ein Tor ummünzen. Während wir irgendwelche Einwechselspielerinnen auf Instagram suchten, fiel dann das verdiente 0:1. Hochverdient aber von der Entstehung kann ich genau gar nichts berichten. Dafür durfte man, wenn man die Toilette aufsuchte, doch auf die eigentlich gesperrten Sitzränge im Oberrang, da sich dort das Herrenklo befand. Mit diesem Wissen zog es uns mit Schneckentempo zum Wasserlassen und zurück, natürlich wurden während dieses Auf- und Abstiegs auch viele Bilder gemacht. Irgendwann war das Spiel, fußballerisch eher elend, vom Ground her traumhaft, vorbei. Wir nahmen einen Uber um uns in die Innenstadt kutschieren zu lassen, da wir uns mit meinem in Porto kennengelernten Begleiter zum Einstimmen auf das Hauptsspiel der anderen, Benfica gegen Braga im Pokal, einstimmen wollten. Nachdem die Ticketsituation für die Briten noch etwas unsicher waren, da ihre Tickets keine QR-Codes hatten, wollten wir früh am “Estadio da Luz” sein. Doch auf dem Weg zur Unterkunft der Gruppe zum Überziehen diverser Klamotten, entdeckten wir einen Laden mit Happy Hour. Schnell wurde klar, dass 70 Cent für ein 0,3L Bier unschlagbar waren und es wurden sich von den vier trinkwütigen in ungefähr einer Stunde 24 Bier eingeprügelt. Meine zwei alkoholfreien ließen mich isotonisch wieder aufleben, die Wirkung bei den anderen war etwas anders. Durch das warme Wetter und nahezu ohne Grundlage, war der anschließende Weg zur Metro, natürlich mit dem traditionellen Wegbier, sehr witzig. Die frühe Ankunft am Spielort war durch den lange Besuch der Kneipe auch hinfällig, so dass die Briten tatsächlich den Anpfiff verpassten. Ihr Problem war, dass sie sich die Mitgliedschaft gekauft haben, dadurch Plastikkarten zugesendet bekommen haben und sich darauf die Tickets befanden. Diese Karten waren allerdings noch auf dem Weg nach UK, so dass sie sich in eine lange Schlange stellen durften und 20 Minuten verpassten. Groundhopperpolizei drückt aber mal ein Auge zu. Für mich ging es an den Presseschalter und der mit umhängenden Akkreditierung mitsamt meinem Gepäck ins Stadion. Alleine für die Mitnahme des Rucksacks lohnt sich diese dumme Presseschiene. Mit dem Aufzug ging es bis unters Dach des 2003 zur EM eröffneten Stadions der Adler. Bis zu 66.000 Zuschauer finden im größten Stadions Portugals Platz. Heute fanden sich angeblich 56.000 Interessierte ein, doch das war wohl die größte Lüge der Woche, den das Stadion war maximal zur Hälfte gefüllt. Von meinem Platz in der letzten Reihe der Haupttribüne konnte ich die Show mit dem Adler, der eine halbe Runde durchs Stadion flog, gut beobachten. Aus Tierschutzgründen, finde ich das Ganze aber etwas kritisch. Dem Mob gefiel es allerdings. Naja. Was mit erstmal nicht gefiel war das Fehlen der Ultrás, dafür machte es sich ein Gästemob im oberen Eck bequem, hing seine Zaunfahnen auf und lies nach dem frühen 0:1 sogar einen Blinker zünden. Auch die wenigen Schwenker wussten zu gefallen, allerdings kam kaum Lautstärke auf. Die Fans von Benfica machten sich mit Schlachtrufen bemerkbar, und das von beiden Hintertorseiten, auch melodische Gesänge kamen vom südlichen Rang. Ohne das es eine sportliche Relevanz wie ein Tor gab, zündeten Fans auf der Südtribüne, die normal auch Heimat der “No Name Boys” ist, die sich 1992 von der auf der Nordtribüne gefindlichen, deutlich früher in 1982 gegründeten Gruppierung “Diabos Vermelhos” abspaltete. einige pyrotechnischen Gegenstände und laute Böller. Kurz vor dem Ende der ersten Hälfte gab es dann aber doppelte Freude für die anwesenden Anhänger und auch eine Grund für weiteres Feuerwerk. Die Lautstärke war enorm, der Tribüne merkte man das Wackeln an und jeder, der es mit Benfica hält, wedelte springend mit seinem Schal. Geiles Bild. Innerhalb von zwei Minuten drehte die Mannschaft des deutschen Trainers Roger Schmidt das Spiel und ging so mit einer Führung in die Halbzeit. Sehr überraschend. Doch Braga kam, wie in Halbzeit eins, nach dem Anstoß besser ins Spiel und nach einem geklärten  Eckball wurde der Ball von knapp 25 Metern sowas von genau in den Winkel geballert. Absoluter “Tor des Monats”-Anwärter, falls die Sportjournalisten in Portugal das auch honorieren. Ich konnte mir die Wiederholung auf dem Bildschirm neben mir nicht oft genug anschauen. Während dieses Revisits, so ehrlich muss ich sein, verbrachte ich aber auch viel Zeit am Handy, da ich ein sehr wichtiges Gespräch führen musste, daher bekam ich bis zum nächsten Tor wenig mit. In der 70sten konnte Benfica wieder in Führung gehen und die Fans drehten ein weiteres Mal durch. Was hier bei voller Hütte im Derby abgehen muss. Steht auf jeden Fall auf der ToDo. Mit weiteren Pyrofackeln feierten die Fans auf der Süd, auf der Nord wurde Rauch entzündet. Allgemein wieder ein schönes Bild. Ungefähr zehn Minuten vor dem Ende zeigten sich in der Nord weitere Blinker und roter Rauch, diesmal wieder ohne sportliche Relevanz. Nach dem Abpfiff gab es einen Flitzer, der sich wohl das Trikot des argentinischen Nationalspielers Angel de Maria sichern wollte. Ich wünsche ihm beim nächsten Mal mehr Erfolg. Noch mit lauter Gedanken des eben geführten Privatgesprächs packte ich meinen Laptop ein, verstaute mein Zeug im Rucksack und machte mich langsam auf den Weg zu den Begleitern, natürlich nicht ohne noch einige Bilder des leeren Stadions zu machen. Am vorher ausgemachten Treffpunkt redeten wir noch einige Minuten, ehe sich die Wege trennten. Die Gruppe fuhr mit der Metro in die Stadt, um dort noch etwas zu trinken und in die Unterkünfte zu gehen, für mich ging es zum nächstgelegenen Busbahnhof um das nächste Abenteuer zu starten.

Tag 21, 11.01.2024 – Wo ist mein Ladekabel?

Kurz nach Mitternacht stand ich dann also am Bahnhof Sete Rio, nur 30 Minuten Fußweg vom Estádio da Luz. Auch diese Verbindung hatte ich mir so herausgesucht, nachdem der Spielplan des portugiesischen Pokals veröffentlicht war und ich mich in der fifty-fifty Entscheidung zwischen Lissabon und Porto für den falschen Abflugort im Vorfeld entschieden habe. Im Bus habe ich sofort geschlafen, erst mit Einfahrt in Campanha wurde ich wach. Leider fuhr der Rede Express nicht direkt bis zum Airport durch, so musste ich an Portos Busbahnhof aussteigen und noch ca. 30 Minuten zum Rathaus laufen, von dem um Fünf der erste Bus zum Airport fuhr. In diesem war Kartenzahlung leider nicht möglich, so dass ich einen Schein aufbrechen musste. Sehr ärgerlich, da ich diese zum Wechseln in Mittelamerika hätte verwenden können. So füllte sich mein Geldbeutel mit Münzen, die ich dann nach meiner Rückkehr ausgeben muss. Nach gut einer Dreiviertelstunde Fahrt kam ich am “Aeroporto Francisco Sá Carneiro” am nördlichen Stadtrand Portos, genauer in Vila Nova, an. Mein Abflug nach Madrid stand erst in zwei Stunden an, so trank ich noch meine restlichen Getränke vor dem Durchqueren des Security-Checks. Auch Arbeiten konnte ich so noch, weshalb ich den Tag durchaus als produktiv beschreiben würde. Die Zeit bis zum Boarding, bei dem ich tatsächlich aufgrund eines Hinweises im Boardingsystems meinen Rückflug aus Panama vorzeigen musste, dazu aber bei der tatsächlichen Einreise später mehr, verging extrem schnell, auch der Flug an sich, den ich an meinem selbstgewählten Fensterplatz am Notausgang komplett verschlief. da Etwas verdatscht kam ich so in Spaniens Hauptstadt an, wusste die etwas mehr als fünf Stunden Umsteigszeit aber gut zu nutzen. Ich konnte mich für eine Aufenthaltsdauer von etwa anderthalb Stunden und eben den knappen Fünf entscheiden und ging bei diesem Transamerikaflug lieber auf Nummer sicher. Also suchte ich mir nach der Ankunft in dem bereits separierten Bereich der Flüge ausserhalb der EU einen Sitzplatz mit Tisch um weiter zu Arbeiten. Dabei wollte ich auch meinen Laptop einstöpseln, was ich in Porto aufgrund der fehlenden Steckdose garnicht erst versucht hatte. Meine Suche im Rucksack blieb aber erfolglos, ich muss das verdammte Kabel wohl im Estadio da Luz liegen gelassen haben, weil ich mit meinem Kopf woanders war. Zum Glück hab ich mir zumindest bei einer Sache Gedanken gemacht und ganz konform der neuen EU-Richtlinie nur Geräte mitgenommen, die mit den selben Kabeln geladen werden können. So kann der Laptop nun nicht mehr mit der empfohlenen Spannung geladen werden, aber immerhin noch geladen. Die Stunden vergingen recht schnell, ich lud nochmal alle Geräte vor dem Überseeflug auf, verschwendete die Zeit mit dem Nachschauen einiger YouTube-Formate und war tatsächlich noch am Blog produktiv, wenn auch deutlich weniger als ich es mir vorgenommen hatte. Die Ladekabelgeschichte wurmte mich. Irgendwann war die Wartezeit dann over und das Boarding startete rund eine Stunde vor offiziellem Abflug. Da ich mir wieder vornahm als einer der letzten in der Flieger zu laufen und lieber das Airport-WLAN nutzte, wartete ich weitere 30 Minuten bis ich etwas aufgeregt mit Reisepass, Boarding-Pass und Weiterflugticket zum Schalter lief. Doch diesmal poppte garkein Hinweis auf und ich konnte einfach so passieren. In der Boeing 787-Dreamliner saß ich fast ganz hinten, bereits nach einer Stunde Flugzeit gab es Essen und auch ansonsten konnte ich mich wenig beschweren. Man merkte den Flugbegleitern zwar den Stress etwas an, denn die Karren wurden teilweise wirklich schnell durch die Gänge geschoben und keine Rücksicht auf abstehende Ellenbogen aus den Sitzreihen gegeben. Auch der Flug selber war gerade in der ersten Flughälfte etwas ruckelig und wiederholt leuchtete das Anschnallzeichen auf. Doch nach meinem etwa einstündigen Napp konnte ich mich gut mit meinem Vordermann, einem aus Berlin stammenden Backpacker, unterhalten. Zusammen schmiedeten wir einige Pläne und unterhielten uns die letzten vier Stunden bis zur Landung. Auch das davor sitzende Pärchen aus Österreich, die nicht das erste Mal nach Panama flogen, mischte sich ein und gab uns weitere Tipps. Danke dafür. Leider gab es während der restlichen Zeit kein weiteres Essen, so dass wir uns mit Wasser und mitgebrachtem Knäckebrot den Hunger vertreiben mussten, um nicht direkt ein Tagesbudget zu verbrauchen. Mit Landung kam etwas Hektik in die Maschine, den niemand hatte Lust lange an der Immigration anzustehen. Wir entschieden uns aber erstmal den menschlichen Bedürfnissen wie Toilette, Durst, WLAN zu widmen und kümmerten uns darum. Nachdem der überstandene Flug den Daheimgebliebenen mitgeteilt wurde, machten wir uns zur Einreise und erhielten nach einigen Fragen den Stempel im Pass. Wichtig waren hier vorallem eine Adresse in Panama, das kann auch nur das Hostel der ersten Nacht sein, der Flug mit dem man kam, ein Anreisetermin mit vorhandener Buchung sowie ein Nachweis über genug finanzielle Mittel. Davon tatsächlich abgefragt wurden nur die ersten drei Sachen. Da ich meinen Ausreisetermin spontan enscheide, entschied ich mich für ein sogenanntes “Onward-Ticket”, ein real im System existierendes Flugticket, welches aber nach der Einreise wieder storniert wird. Die Kosten von sechzehn Dollar waren zwar unnötig, da es nicht kontrolliert wurde, aber besser so als nachher nicht einreisen dürfen. Nach der Passkontrolle ging es noch zu einer Gepäck- und Zollkontrolle. Hier musste man einen Zettel mit einigen Informationen ausfüllen und seine Mitbringsel nochmals kontrollieren lassen. Den Zweck verstand ich nicht, aber die Wartezeit war mit wenigen Minuten akzeptabel. Lediglich die Stifte zum Ausfüllen des Papiers waren schäbig. Nach der ganzen Prozedur entschieden wir uns erstmal zur Metro zu laufen, die die Stadt seit Anfang 2023 an den Flughafen anschließend. Doch mein Begleiter hatte wenig Lust darauf und bestellte uns einen Uber. Die etwa 25 Minuten Fahrt waren deutlich entspannter und mit weniger als 20 Dollar auch erschwinglich. Die Metro hätte allerdings nur 0,35 Dollar gekostet. Währung in Panama ist der Balboa, der allerdings eins zu eins an den US-Dollar gekoppelt ist. Daher kann man hier mit beidem zahlen. Nach der Ankunft im Hostel meines Begleiters checkte er ein, bezog sein Zimmer und fußläufig ging es bei knapp unter 30 Grad noch 20 Minuten zu meinem Hostel, in dem ich eincheckte. Die anschließende Suche nach Essen war nicht wirklich von Erfolg geprägt, da es mittlerweile bereits kurz nach Elf am Abend war. So fanden wir uns bei einem 24/7 Supermarkt ein und tranken wenigstens etwas. Von dort trennten sich die Wege und wir verabredeten uns für den Folgetag. Wieder im Hostel angekommen, legte ich mich nur noch ins Bett und schlief schnell ein.

Tag 22, 12.01.2024 – Party über den Dächern der Stadt

Morgens war ich früh wach, außerdem hatte ich noch einen Termin beim Nebenjob und auch meine Kostenexcel wollte ich auf den neuesten Stand bringen. Dies funktionierte innerhalb des Morgens, so dass ich mit erledigter ToDo-Liste das Frühstück abholen konnte. Dieses ist in den meisten Hostels in Panama-City inkludiert und besteht meistens aus Pancakes und Früchten, dazu Tee oder Kaffee. Mit dieser Grundlage im Magen verstaute ich mein Zeug im Rucksack, deponierte den im Staff-Room, denn ich hatte in diesem Hostel nur eine Nacht gebucht. Wie es weiterging, wollte ich spontan machen, je nach Begegnungen und Wohlbefinden, aber natürlich auch abhängig vom Spielplan. Zuerst hatte ich aber auf zehn Uhr einen Treffpunkt in der Altstadt mit meiner gestrigen Bekanntschaft ausm Flieger. Zusammen mit anderen Leuten aus seinem Hostel hatten sie eine Free Walking Tour durch die Altstadt, der ich mich anschließen konnte. Durch die Arbeit am Morgen und sonstige Trödeleien hatte ich keine Zeit mehr, um entspannt zum “Plaza de la Independencia“, dem Unabhängigkeitsplatz, zu laufen. Also gings zur wenige Minuten entfernten Metrostation und von dort Richtung “Casco Viejo”, der Altstadt von Panama-City. Pünktlich um 09:58 Uhr stand ich in der Gruppe, genoss den Blick auf die Kathedrale aus Stein und lernte die anderen der Gruppe kennen. Ein brasilianisches Pärchen, ein Holländer, eine Belgierin, zwei Amis und wir beiden Deutsche. Zusammen mit dem Guide ging es gute zwei Stunden durch die Gassen der Altstadt. Neben vielen Fakten zeigte er uns interessante Blicke in Kirchen, Läden, historische Gebäude. Absolut empfehlenswert. Die Spende war wohl etwas gering angesetzt, doch ich hatte sowas noch nie gemacht und keinen Vergleichswert. Stellte sich aber erst im Nachhinein heraus. In einer der vom Guide empfohlenen Lokalitäten, einem Supermarkt mit im Hinterzimmer befindlichen Restaurant, holten wir uns noch unser Mittagessen. Für lediglich 2,50 Dollar gab es Reis, Süßkartoffel und Bohnen. Für die Fleischesser noch Hähnchen oder sonstiges Lebewesen. Den Damen an der Ausgabe aber klar zu machen, dass zwei von uns darauf verzichten, war aber etwas schwierig. So stellte ich mich aber schonmal darauf ein, dass es schwierig werden könnte, hier vegetarisch durchzuziehen und jeden Tag etwas zu finden. Zum Nachtisch ging es in eine offensichtliche Tourifalle am Platz der Unabhängigkeit, an dem neben der Befreiung von den Spaniern auch die Befreiung von den Kolumbianern ausgerufen wurde. Das komplette Viertel ist seit 1997 UNESCO-Weltkulturerbe. Während ich im WLAN der Tourifalle etwas herumscrollte entdeckte ich ein Spiel am heutigen Tag nur wenige Kilometer entfernt. Auf dem Spieltagsflyer entdeckte ich eine Liga, nach kurzer Recherche war das der Name der vierten Spielklasse, so entschied ich, mich von der Gruppe zu trennen und für Abends wieder zu verabreden, da ich mich am Teuren ausnehmen lassen nicht erfreuen konnte. Mit dem uber ging es an den Stadtrand zum “CAI Sports Center”, der neben einem Restaurant auf einer Hintertorseite und einer kleinen Haupttribüne auch einen wirklich überragenden Blick auf die umliegenden Hochhäuser bietet. Den einen Dollar Eintritt zahlte ich, bekam ein Armband um den Arm und betrat das Areal. Die Spieler wirken etwas jung, daher ging ich zu den Schiris, die sich noch am Seitenrand der Gegenseite befanden. Sie bestätigten mir das Gefühl und sagten mir, dass es sich um ein U16 Spiel handelt, welches mit zwei Halbzeiten à 40 Minuten gespielt wird. Ich entschied mich dazu, erstmal zu bleiben. Nach etwa fünf Minuten Spielzeit fing es so ungeheuerlich an zu schütten, dass der Schirm, unter dem ich mich auf der Gegenseite der Tribüne mit dem vierten Offiziellen gemütlich gemacht hatte, nachgab. Zusammen mit ihm packte ich die Sporttaschen der Unparteiischen in einen umfunktionierten Müllbeutel, sicherte ihre Wertgegenstände vor der Nässe und verzog mich dann auf die Tribüne. Ich hatte nur ein erstes Gefühl der spontanen Wetterumschwünge bekommen. Auf dem Platz passierte erstmal nicht viel, doch während meines Weges fiel das erste Tor. Klassiker. Am Ende stand in diesem Halbfinale der regionalen U16 Liga ein 0:3 für den Gastgeber von “CD Plaza Amador”, zu denen ich in den kommenden Tagen mehr schreibe. Auch auf die Historie des Gastes, “AF Sporting San Miguelito”, gehe ich in der Zukunft ein. Nach einem Gespräch mit jemandem vom Verein stellte sich heraus, dass auf diesem Ground lediglich Jugendteams und keine Männermannschaften spielen würden. Mit diesem Hintergrundwissen zählte ich den Länderpunkt erstmal als gemacht, vor allem da ich in den kommenden Tagen mehr Fußball in besseren Grounds geplant hatte. Das seine Aussage mit Jugendteams nicht ganz richtig war, stellte ich nach rund einer Woche fest. Mit der Veröffentlichung des Spieltags der ersten Frauenliga war auch ein Spiel hier angesetzt. Ob ich dort nochmals erscheine, ist allerdings fraglich und wird in der Zukunft geklärt. Mit dem Kreuz in der Tasche ging es fußläufig ins Hostel, in dem ich meinen Rucksack deponiert hatte und von dort in die nur wenige Minuten entfernte neue Unterkunft. Der Check-In war super easy und so ließ ich mein Gepäck direkt am Bett und entschied mich diesmal den Spaziergang nach “Casco Viejo” zu Fuß über den meerseitigen Fußgängerweg an der “Carretera Interamericana”, einer über 5.000 Kilometer langen Straße von Nuevo Laredo in Mexico bis nach Yaviza in Panama. Der Weg, mit schönem Panorama auf die Hochhauskulisse der Hauptstadt, zog sich über ungefähr eine Stunde. Doch wert war er es allemal. Am Treffpunkt mit den anderen angekommen, dem Hostel “Selina”, einer Hostelkette, die ich bereits in Birmingham genutzt habe, ging es auf die dort befindliche Rooftopbar. Der Ausblick über die Stadt war überragend, die Leute cool drauf und der Abend super entspannt. Der DJ zeigte was er konnte und die spanische Musik erzeugte einen sehr nicen Vibe. Dazu der Blick über die Stadt, ein Pool, der allerdings nicht benutzt wurde, und eine gefüllte Tanzfläche. Ich genoss das Abschalten sehr. Durch das frühe Aufstehen am morgen entschied ich mich allerdings gegen Einse in der Nacht von der Gruppe zu verabschieden und lief die gute Stunde durch die Stadt ins Hostel. Während des Weges habe ich neben den getunten und bunt leuchtenden ehemaligen Schulbussen, bei denen ich mir eine Mitfahrt nicht getraut habe, einigen Essensständen und einer Prostituierten, nicht viel erlebt. Trotzdem eine super entspannte Erfahrung, die mir Lust auf mehr machte und einiges an Sicherheit gab. Im Hostel angekommen schlief ich auch wieder super schnell ein.

Tag 23, 13.01.2024 – Nicht schon wieder die Bilder ausm Mestalla.

Bereits um Sechs schreckte ich das erste Mal aus dem Schlaf auf. Leider war bereits Bewegung in meinem Sechserzimmer, doch ich schaffte es nochmal etwas zu dösen und erschien gegen halb Neun zum Frühstück. Die Pancakes mit Marmelade, dazu etwas Obst und der Kaffee, der in diesem Hostel nicht durch Tee ersetzt werden konnte, gaben mir Kraft zum Verlassen des Hauses. Heute wollte ich für ein Spiel nach Colón, einer Stadt eine Stunde nördlich der Hauptstadt und am nördlichen Ende des Panamakanals. Beziehungsweise der Stadt. Je nachdem, aus welcher Richtung man kommt. So ging es wieder per Metro los, diesmal zum Busbahnhof Albrook. Da man die Metro mit seiner Kreditkarte benutzen kann, habe ich mir keine Karte der Öffis zugelegt, die aber beim Besteigen eines Fernbusses, oder im Jargon der Einheimischen “Chickenbusses”, benötigt wurde. Hier gibt es eine Gebühr zum Betreten des Bussteiges, was ich bisher nur aus einer osteuropäischen Stadt kannte, die mir gerade aber nicht mehr einfällt. Naja, die Suche nach dieser Karte war recht schnell zu Ende, denn man kann diese an vielen Automaten mitten im Vorraum kaufen. Allerdings nur mit Ein-Dollar-Scheinen, die sich nicht in meinem Sammelsurium an Münzen und Noten befanden. Mein erster Gedanke war nun, eine Flasche Wasser mit meinem Fünfer zu bezahlen, doch an jedem Kiosk war ein Hinweisschild, dass das Rückgeld ausschließlich in Balboa ausgezahlt wird. Auch die Banken waren nicht hilfreich, denn die Sicherheitsleute ließen keinen Zutritt zum Innenraum zu. So ging ich zu einem Security, der mich mit einer Dame in Verbindung brachte, die eine vorhandene Karte auch mit Münzen auflud. Diese wechselte mir meinen Fünfer in Einer, und damit konnte ich die Karte am Automat kaufen. Mit wachsendem Zeitdruck, Anpfiff war laut Flyer auf 12MD angesetzt, wobei ich MD auf Midday vermutete und die Bestätigung des Vereins auf insta bekam, und noch grob anderthalb Stunden Fahrt, war es mit 10:15 Uhr nun reichlich spät. Die Karte lud ich mit fünf Dollar auf, hielt sie ans Drehkreuz und bekam Zutritt. Wegen 0,10 Dollar Gebühr so ein Theater. Die Karte plante ich bei Folgefahrten in den Bussen und der Metro der Stadt leer zu machen, um das Restguthaben sinnvoll zu nutzen. Im Bus nach Colón, übersetzt Kolumbus, war ich zuerst mit nur einem weiteren Passagier. Auf Nachfrage erklärte mir der Fahrer, dass er immer fährt, wenn der Bus voll ist. Was ne kacke, dann hatte ich den vorherigen Bus wohl knapp verpasst. Doch nach gut fünfzehn Minuten Wartezeit waren die etwa 50 Plätze besetzt und der Fahrer lies den Motor an. Meine Nebensitzerin sprach etwas englisch und so entstand ein kleines Gespräch, über die Funktionsweise dieser Busse. Während der Fahrt lief ein Kompagnon des Busfahrers durch den Bus und sammelte die 3,15 USD Fahrpreis ein. Stark. Etwa zehn Kilometer vor dem Endbahnhof, der sich übrigens im Stadtteil “Cristóbal” befindet. also Stadtteil Christoph in der Stadt Kolumbus, was ich als überragende Namenswahl empfand. Über die Stadt Colón, etwa 40.000 Einwohner, habe ich mich wenig informiert, lediglich die Lage des Stadions kannte ich. So suchte ich mir einige Punkte per Maps heraus, die ich als interessant empfand. Auch ein Weg zur Brücke über den Panamakanal nahm ich mir vor. Doch zurück zur knappen Angelegenheit der Zeit. Durch die Zwischenstopps in den ganzen Käffern schmolz mein eh schon geringer Puffer dahin. Um 11:57 verließ ich den Bus auf Zuruf zum Fahrer. So lief das in den Bussen, etwa 10 Sekunden vor Ausstieg “Proximá” oder etwas ähnliches Rufen, und er hielt an. Die etwa 200 Meter im Sprint, um dann festzustellen, dass bereits gespielt wurde. Bereits anwesende Zuschauer fragt ich, was das für ein Spiel sei, und die Antwort eines U16 Turniers machte mich noch unglücklicher. Doch eine weitere Mannschaft, die älter aussah als U16, befand sich im Schatten einiger Bäume. In der Hoffnung auf ein baldiges Spiel blieb ich auf der schönen Tribüne und wurde belohnt. Nach etwa 20 Minuten ertönte der Abpfiff und ich nahm reichlich Bewegung war. Das Publikum auf der Tribüne wechselte, eine zweite neue Mannschaft erschien und gegen 12:40 Uhr liefen zwei Teams samt Schiris ein. Um sicher zu gehen, dass es hierbei nicht weitere U16 Teams sind, fragte ich ein weiteres Mal bei Nebensitzern nach und tatsächlich. Drittligaspiel zwischen “Platense F.C.” und “Atletico Rio Abajo F.C.”. Während des Spiels machte ich mir einige Notizen, in der Halbzeit nutzte ich auch eine offene Tür, um in den Innenraum zu gehen und einige Bilder zu machen. Von dort machte die Tribüne noch viel mehr her. Geiler Ground, wirklich stark. Catering gab es, draussen grillten zwei Personen Grillspieße, allerdings schienen sie keinen Zusammenhang mit dem Verein zu haben. Gekühlte Getränke wurden im Ground verkauft. Auf europlan hatte der Ground vorher nur zwei Kreuze, aber klar. Wer verirrt sich hierher? Mit zwei Elfmetern, in jeder Halbzeit einer und einem weiteren Tor in der regulären Spielzeit, sicherte sich der Gast aus einem Viertel in Panama City, über den ich relativ wenig online gefunden habe, den Sieg. Laut Post auf Instagram auch die Tabellenführung, allerdings habe ich online keine Tabelle oder ähnliches gefunden. Wenn du dich jetzt fragst, wie ich dann die Ansetzungen gefunden habe, dann habe ich darauf eine relativ einfache Antwort, die bisher für mich gut funktioniert hat. Ich habe mir einen Account auf Instagram gemacht und allen Vereinen, die ich im Ligasystem eins bis vier gefunden habe, einen Follow da gelassen. Auch die Ligen selber posten regelmäßig die Spielpläne, so habe ich aktuelle Spielpläne und Infos der Vereine und kann das separiert vom privaten Account laufen lassen. Wenn ich Anfang Februar nach Costa Rica gehe, werden die Vereine wieder abonniert und die Clubs aus dem Nachbarland verfolgt. Ob das eine gängige Taktik ist, oder ich etwas Neues geschaffen habe, kann ich nicht beantworten. Allerdings habe ich das noch von niemandem mitbekommen. Mit dem Schlusspfiff und dem Sieg des Gastes verließ ich den Ground und verabschiedete mich von dem Spaziergang zur “Puente Atlántico”, da durch die Verspätung weniger Zeit blieb. Ich hatte gehört, dass Colón etwas gefährlicher sei als die Hauptstadt, daher hatte ich keine Lust hier im Dunkeln rumzulaufen, außerdem fand ich noch zwei Ansetzungen in Panama-City, die sich später als sinnlos herausstellten. Die Stadtführung auf eigene Faust nahm ich trotzdem wahr, zuerst zum Kreuzfahrtterminal, in dem tatsächlich zwei große Schiffe lagen. Von den Touris sah ich in der Stadt aber nichts, wahrscheinlich weil alle am Kanal gammelten. Über die Küstenlinie ging es zu einer ehemaligen US-amerikanischen Festung namens “Battery Morgan”, die einen guten Blick auf die Einfahrt in den Kanal bot. Von dort ging es vorbei an der eingehüllten Kirche zum Busbahnhof, an dem ich gegen 16:00 Uhr ankam. Ein Bus in die größte Stadt des Landes stand bereits bereit und so ging es nur wenige Minuten später los. Diesmal mit lauter Musik über die Boxen und einem Fernseher, der das mittelamerikanische Pendant zu VIVA zeigte, also entsprechenden Videos dazu. Auf dem Hinweg lief ein Spielfilm. Verrückt. Diesmal sammelte der Fahrer das Geld mit Ankunft am Busbahnhof Albrook ein und ließ uns am oberen Stock heraus, so dass keine Gebühr fällig war. Während der Fahrt stellte ich auch fest, dass eines der Spiele ein 40+ Spiel mit lediglich 70 Minuten Gesamtspielzeit war, also steuerte ich erstmal den Stadtteil Amador an. Dieser ist mit einem Bus von Albrook direkt erreichbar und besteht aus zwei per Straße verbundenen Halbinseln. Er ist als kleine Partymeile bekannt und auch die Einfahrt in den Kanal soll man von hier gut sehen. Da es bis zum Anpfiff des dritten möglichen Spiels, der erst um 22:00 Uhr Ortszeit erfolgen sollte, genug Zeit war, schaute ich den wirklich schönen Untergang der Sonne an, knipste ein paar Bilder und schlenderte durch die Menschenmasse. Viele Paare, die sich mit fahrradähnlichen Fahrzeugen, allerdings mit vier Rädern, eine schöne Zeit machten, einige Imbissbuden und mobile kleine Grillstände. Auch Snacks und Früchte gab es zuhauf. Hauptspeisen allerdings nur mit Fleisch. Selbst Kochbananenchips waren mit Hähnchen verschandelt. Schade. So ging es hungrig und zu Fuß zum Spiel. Dieses sollte im Stadion Maracana de Panama stattfinden. Ein 2014 erbautes Prachtstück am Stadtrand im Teil “El Chorillo” mit einer Kapazität von 5.500 Zuschauern. Da ich auch noch genug Puffer hatte, wollte ich erstmal mit einem eventuell bereits vor Ort befindlichen Local reden, ob bei der späten Anstoßzeit wirklich zwei Halbzeiten à 45 Minuten gekickt wird, oder ob das eine andere Geschichte war. Als ich ankam, lief bereits ein Spiel und so war es einfach, jemanden zum Reden zu finden. Er enttäuschte mich mit seiner Aussage über die Gesamtspielzeit von 50 Minuten, aber dafür machte ich mich ohne weitere Termine nochmal auf den Weg in die Altstadt und suchte etwas zu Essen. Der bereits bekannte Laden, der mir Reis und Bohnen sicherte, hatte bereits geschlossen und mein Mischmasch aus Spanisch und Englisch verstehen die Straßenverkäufer nicht ganz so gut, so dass ich mich wieder auf den bekannten gestrigen Weg ins Hostel machte, da ich dort von Essensständen wusste, die nur Pommes und Gemüse hatten. Einen dieser Stände steuerte ich an, zahlte mit 5 Dollar für die große Portion trotzdem eine Touripreis, ehe ich mich fußläufig und nebenbei am Auspacken des Essens wieder auf den Weg machte. Meine Bauchtasche mit Ausweis, Ersatzhandy und Geldbeutel verstaute ich nach dem Bezahlen in meiner Umhängetasche, die ich an meiner Schulter hatte. Gerade mit der Gabel in die erste Pommes gestochen, spürte ich einen Ruck an der Schulter und merkte, wie die Bändel der Stofftasche rissen. Fuck. Perplex drehte ich mich und um dachte an den Plastikbeutel des Essens, der vom Wind verweht wurde. Doch nein, jemand hatte mir meine Tasche mit allem wichtigen entrissen. Mit schneller Reaktion nahm ich mein Handy in die Hand, da es in meiner Sporttasche beim Rennen einschränkte und rannte dem Dieb mit meinem Essen in der Hand hinterher, mitten in ein Wohnviertel. Dass der Gang dorthin bei Nacht wohl nicht smart war, war mir in dem Fall egal. Ohne Pass und Geldbeutel mit Kreditkarte war ich aufgeschmissen. Durch meine Gewichtsabnahme in den letzten beiden Jahren war ich sportlich und von der Ausdauer mittlerweile echt konkurrenzfähig, sodass ich den Dieb einholte und in eine Ecke drängte. Er versteckte sich hinter einem Auto und ich lief taktisch so, dass er in eine Menschenmenge laufen musste. Dort wurde er aufgehalten, so dass ich hoffe, dass sich die Situation beruhigt. Voller Adrenalin verlangte ich, mit meinem Handy noch in der Hand meine Tasche zurück, ehe ich aus dem toten Winkel links aufs Ohr einen Faustschlag spürte. Dieser kam von einer dritten Person, denn der erste Ganove stand mit gegenüber. Zu Boden ging lediglich meine Brille, doch ohne die war ich blind, so hob suchte ich diese auf dem staubigen Untergrund und fand sie. In dem Moment entledigte mich die Person mit dem Faustschlag von meinem für diesen Trip gekauftes Handy. Ich sah, wie beide Räuber in unterschiedliche Richtungen flohen und musste mich schnell entscheiden. Handy mit Daten,Bildern, Notizen der Spiele und markierten Reisezielen. Wert ca. 250 EUR, aber keine Ahnung wie sportlich der Dieb war, oder Beutel mit Geldbeutel, Karten und Pass, dafür würde ich ihn wieder bekommen. Ich entschied mich ganz klar für den mit Beutel und gab mein Handy auf. Der ca. 1,85 größe, schlanke Einheimische schlenderte ganz entspannt in die Kreuzung tiefer ins Viertel, als er mich von hinten hörte. Er beschleunigte wieder etwas, konnte aber nach zwei Kreuzungen wieder von mir eingeholt werden, da seine Ausdauer wirklich nicht gut war. Die etwa 500 Meter im Sprint fühlten sich für mich mit dem Adrenalin wirklich easy an, im Nachhinein war ich aber richtig tot. Da ich ihn wieder in ein Eck drängte, diesmal aber alleine mit ihm, war die Solidarität im Viertel mit mir als “Gringo”, also westlicher Ausländer, nur so groß, dass versucht wurde, dem fliehenden Räuber ein Bein zu stellen. Einmischen tat sich dann aber niemand. Nach einem kurzen Gefecht erbeutete ich meinen Beutel zurück und ging wieder zum nicht weit entfernten Essensstand, an dem ich meine überteuerten Pommes kaufte. Diese, samt der Soße und dem Salat, hatte ich über mein Shirt und meine Hoste verteilt. Da ich mich hier, aufgrund der Vorkommnisse nun total unsicher fühlte, war ich dankbar, dass nur etwa eine Minute nach dem Vorfall eine Bullenkarre vorbeifuhr. Diese wurde nicht von mir gerufen und fuhr hier Patrouille. Ich hielt sie an, erklärte den Vorfall und sie meinten, dass sie mich in mein Hostel fahren würden. Nach einem Besuch im Innenstadtrevier, wo ich auf eine Anzeige verzichtete, da das Handy definitiv verloren war, brachten mich zwei Bullen tatsächlich unentgeltlich zu meinem Schlafplatz. Vollkommen kaputt und noch nicht ganz am realisieren, was gerade passiert ist, ging ich duschen und ins Bett. Da ich mein Ersatzhandy dabei hatte und darin meine deutschen SIM-Karten, konnte ich zuhause Bescheid geben und alle Daten, die sich nicht exklusiv auf dem geklauten Handy befanden, wiederherstellen. Lediglich die Bilder seit Mitte Dezember waren weg, darunter die Bilder ausm Mestalla, die mir bereits 2019 nach meinem ersten Besuch in Valencia mit dem Verlust meiner Digicam abhandengekommen sind. Machste nix, mit leicht dröhnendem Schädel legte ich mich hungrig schlafen.

Tag 24, 14.01.2024 – Trigger

Nach ein paar Stunden schlechtem Schlaf und drei weiteren voller YouTube-Videos, die ich als reine Ablenkung für schlechte psychchische Gedanken verwendete, raffte ich mich auf, etwas zu essen. Ausserdem stand um 14:00 Uhr ein tatsächliches Drittligaspiel im “Estadio Maracana de Panama” statt, das gestern nur für 50 Minuten bespielt wurde. Ausserdem setzte ich auf meine ToDo für den Tag den Kauf eines neuen Handys, einer neuen SIM, die es hier für wenig Geld mit unbegrenzt Datenvolumen gibt, sowie dem Gewinn an Selbstvertrauen. Da ich bereits vor grob einem Jahr mit massiven Selbstzweifeln zu kämpfen hatte, hatte ich das Gefühl, dass mich diese Situation zum Überdenken meiner Reise führen wollte. Ich fühlte mich plötzlich nicht mehr bereit dazu und hatte Angst mich wieder auf den alleinigen Weg durch die Stadt zu machen. Auch wenn man mit dem Taxi fahren sollte, kann man abgezogen werden. Ich spürte einen Bruch im Vertrauen mit mir selbst und brach das erstmal nicht. Ich wusch lieber meine Schmutzwäsche, und das muss was heißen. Trotzdem raffte ich mich irgendwann auf und ging ums Eck des Hostels zu einem Technikshop und zog mir für knapp 140 Dollar ein absolutes Billighandy, das wieder keinen materiellen Wert hatte. Dieses richtete ich grob eine Stunde im WLAN des Hostels ein ehe ich mich wieder auf den Weg in die Stadt machte. Ich zwang mich dazu, an der Küstenlinie entlang zu laufen und drehte ich immer wieder paranoid um. Diesmal hatte ich alles Wichtige in meiner Bauchtasche, die um die Brust gespannt war. Dort sollte es sicher sein, doch ein Angriff mit einem Messer und unter Druck war auch nicht garantiert. Sowas ging mir nun bei einem Spaziergang im Hellen durch den Kopf. Meine Angst, dass sich das festsetzt und sich Triggerpunkte bilden, war absolut da, deshalb zwang ich mich dazu, dies direkt aufzuarbeiten. Nach ca. 30 Minuten sprach mich ein dunkelhäutiger Mann auf englisch an, ob ich den wüsste wo sich “Albrook” befindet. Das Englisch war zu gut, um von einem EInheimischen zu sein, also fühlte ich mich erstmal sicher und lies mich auf das Gespräch ein. Es war ein amerikanischer Tourist, der in der Airbase Ramstein stationiert ist und hier Urlaub macht. Er kam gestern an und fuhr mit dem Taxi in die Stadt. Der Fahrer bedrohte ihn allerdings, so dass er sein gesamtes Gepäck mitsamt Pass, Geldbeutel und Kreditkarten verlor. Am Busbahnhof Albrook will er nun seinen Ehering verkaufen, damit er die fünf Tage bis zur Ausstellung seiner Ersatzdokumente überbrücken kann. Da ich selbst kaum Bargeld dabei hatte und kein Internet zur Nutzung von Paypal konnte ich ihm über Offline-Maps lediglich den Weg zur nächstgelegenen Bahnstation zeigen. Nachdem sich unsere Wege getrennt hatten, fiel mir ein, dass wir ein offenes WLAN suchen könnten, um die Transaktion über PayPal eventuell so abzuwickeln, damit ich ihm wenigstens etwas Bargeld geben kann. Ich lief also auch Richtung Bahn, fand ihn aber nicht mehr. Ich hoffe, ihm geht es mittlerweile gut. Durch dieses Gespräch hat sich mein Sicherheitsgefühl aber nicht wirklich verbessert, die Zweifel wurden noch größer. Allerdings war ich mittlerweile dankbar, dass diese Situation so glimpflich ausging und so früh während der Reise gekommen ist, da ich nun weiß, dass ich umso vorsichtiger und weniger fahrlässig sein sollte. Beim Weg durch eine Fußgängerzone fühlte ich mich beobachtet, vor allem wenn ich mein Handy zum Nachschauen des Weges oder meinen Geldbeutel zum Bezahlen eines Wassers und nach dem Einrichten der neuen SIM zückte. Ich akzeptierte dieses neue Gefühl und ließ ihm erstmal freien Lauf. Etwa 20 Minuten vor Anpfiff war ich am Stadion, fand den offenen Eingang, der sich diesmal auf der gegenüberliegenden Seite im Vergleich zu gestern befand, und zahlte die zwei Dollar Eintritt. In diesem Spiel der dritten Liga trafen die Gäste aus der komplett süd-östlichen Region Darién auf den Gastgeber aus der Stadt Chilibre, etwa 25 Kilometer nördlich der Hauptstadt. Für die Gäste deutete das Auswärtsspiel etwa vier Stunden Fahrt. Trotzdem machten sich auch einige Fans auf den Weg. Diese kreischten während des Spiels vor allem rum, gerade wenn es für ihre Mannschaft Richtung Tor ging. Der Keeper des Gastes hatte zuhause wohl außerdem seine Torwarthandschuhe vergessen, denn er spielte mit bloßen Händen. Ganz starkes Ding. Auch eine verkürzte Eckfahne landet im Pott der Kuriositäten. Die erste Hälfte konzentrierte ich mich darauf, Bilder zu machen, wurde dabei von einem Security auch vom Oberrang von einer der beiden baugleichen Längstribünen geschickt. Als nach ungefähr einer halben Stunde zwei weitere Teams kamen, die nach dem Kick hier noch spielen sollten, wurde das gesamte Stadion eröffnet und ich konnte meine Runde komplettieren. Kurz vor der Halbzeit fing es so extrem an zu pissen, dass man auch im Unterrang nass wurde. Ich verkroch mich also wieder in den nun geöffneten Oberrang. Von dort sah ich das 1:0, das durch einen Elfmeter fiel, der zwar schlecht geschossen, aber vom Mann ohne Handschuhe noch schlechter gehalten wurde. Der anschließende Dank bei Gott auf den Knien war wohl eher der Hoffnung geschuldet, dass die von diesem Schuss angefertigten Videos niemals öffentlich werden. Je länger das Spiel wurde, desto mehr Freunde hatten die Fans des Gastgebers, die sogar drei Zaunfahnen zeigten und schöne grüne Fanartikel hatten. Das 2:0 etwa 20 Minuten vor dem Ende war schön herausgespielt und ins lange Eck vollendet, das 3:0 eine Bogenlampe vom Sechzehnereck über alle Gegenspieler hinweg. Schöne Kiste. Die weit angereisten Gäste kamen in der letzten Szene vor dem Abpfiff noch zum Anschluss, doch die Kiste brachte ihnen außer dem Gekreische der Fans keine Vorteile. Beim Weg zum Ausgang entdeckte ich noch das Catering, welches aus Hotdogs und Kaltgetränken bestand. Besser als in Polen. Ich lief wieder in die Altstadt und von dort in Helligkeit noch zurück ins Hostel, da ich mich heute bei Dunkelheit noch nicht alleine auf den Straßen befinden wollte. Das sollte erst am Folgetag kommen. So machte ich noch einige Bilder in “Casco Viejo“, unter anderem von den bunten, über eine Straße gespannten Hüten. Sieht bei Helligkeit schon sehr cool aus. Nach dem Fußweg, komplett am Wasser und der “Carretera Interamericana” entlang, kam ich gegen 18:00 Uhr am Hostel an, schaute zur Ablenkung vor dem Kopf lange YouTube und ging früh schlafen. Für den nächsten Tag hatte ich mich verabredet und ich war dankbar, einen Tag mit jemandem an meiner Seite unterwegs zu sein. Außerdem war es nur noch eine Woche, bis meine Begleitung für die nächsten vier Monate ankommen sollte. Fest steht, es wird nicht langweilig werden.

Bilder:

Sightseeing Porto 2 Benfica U23 Spiel Estoril Spiel Estrella U23 Spiel Seixal (F) Spiel Benfica Spiel Panama City Sightseeing Plaza Amador (U16) Spiel Academia Chilibre Spiel Casco Viejo Sightseeing

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Julián

    Ey Felix. Zum Glück ist nicht schlimmes passiert. Ich hoffe deine Reise problemlos weitergeht und wieder spannende Geschichte erlebst!

  2. Nutella-Kevin

    Was ne Story! Auch prima geschrieben! Zum Glück ist dir nichts Schlimmeres passiert. Auf einer Weltreise ausgeraubt zu werden ist ja DER Klassiker.
    Zur Stelle „Alle schauen einen an“: Mir hat mal jemand gesagt, der in Süd- und Mittelamerika unterwegs war: Niemals auf Handy schauen, wenn man orientierungslos ist.
    Weiter gute Reise!

    1. Freeezy1893

      Hi! Danke für deinen Kommentar. Und danke für die Tipps. Ich denke auch, dass sowas leider dazugehört. Aber jetzt hab ichs zum Glück hinter mir und kann entspannt weiterreisen :p

  3. Maria WRW

    Wow, das sind ja spannende Berichte!!! Wenn einer eine Reise tut kann er was erzählen und Gott sei Dank ist Dir bei dem Überfall nichts Schlimmes passiert und ganz toll, dass Du Dich von Deinem Reiseplan nicht abbringen lässt- weiterhin gute Reise jetzt mit Begleiter und viele erfreuliche Ereignisse liebe Grüße:-)

    1. Freeezy1893

      Hi Maria, danke für deinen Kommentar. Ja, zum Glück ist nichts schlimmeres passiert. Aber aus soetwas lernt man immer. 🙂

Schreibe einen Kommentar