Tag 53, 12.02.2024 – Ein weiterer Verlust.
Die neue Woche sollte mit einem halben Off-Day starten. Geplant war ganz ursprünglich bereits die Fahrt nach Quepos, beziehungsweise in den Nationalpark Manuel Antonio im Süd-Westen des Landes. Doch die Ansetzung einer Zweitligapartie in San José, dazu noch in einem Stadion das zur Zeit vom Erstligisten Municipal Grecia, die ihr eigenes Stadion umbauen, bespielt wird, verschob den Plan um einen Tag. Durch die entspannte Anstoßzeit um 15:00 Uhr auf nen Montag erledigte ich nach dem Frühstück einige ToDos am Laptop, ehe ich Mikael bat mir mein Ersatzhandy zu bringen, welches ich für den Newsletter des Blogs benutzte. Ich hatte dies auf meinem Nachttisch im Dorm zum Laden abgelegt und seit Donnerstag nicht mehr benutzt. Zu meiner Überraschung kam Mikael auch nach mehreren Momenten nicht aus unserem Raum, was mir schon ein schlechtes Gefühl gab. Und auch als ich selbst nachschaute, stellte ich nur den suchenden Finnen, aber nicht mein altes Handy mit kaputtem Akku fest. Shit. An sich nicht tragisch, zwar einige Bilder, die deutschen SIM-Karten, aber wieder kein monetärer Wert flöten gegangen. Da hat sich einer beim auschecken wohl gedacht, dass man das easy einstecken kann. Ficker. Deshalb kommen nun erstmal keine Updates mehr per WhatsApp, falls du als Leser dich wunderst. I am sorry. Natürlich wurde der Diebstahl dem Hostelpersonal gemeldet, aber was sollen die auch machen, kein böses Blut gegen die Leute. Wir sind mit denen aufgrund unserer Verbindung zum Fußball auch super close, daher all good. Mein eigenes Verschulden, dass ich es nach dem Aufladen nicht wieder versteckt habe. Vorallem zeigt es mir, dass ich, wie meine Eltern mir seit ewiger Zeit sagen, nicht auf meine Sachen aufpassen kann. Das knickt mich mit am Meisten. Aber damit rechnet man auf seinem eigenen Nachttisch irgendwie nicht. Sei es drum, etwas geknickt war ich nun nicht mehr motiviert zu arbeiten und schaute bis zu unserem Abmarsch zum Bus nach Grecia YouTube. Zumindest war unser Plan den Bus nach Grecia zu nehmen, um zwischendrin auf dem Highway auf Höhe “Plywood” auszusteigen. Doch mal wieder ließen uns die regionalen Busse im Stich, so dass wir erst nach Alajuela fuhren und dann eine Stunde durch die Prärie liefen. Aufgrund unserer mittlerweile angehäuften Erfahrung wussten wir rechtzeitig loszugehen und alles vorsichtig zu planen. Der Fußweg war durch Jonglieren mit einer Kokosnuss, schönen Aussichten auf die Natur und dem Bestaunen interessanter motorisierter Fortbewegungsmittel recht kurzweilig, so dass wir etwa 20 Minuten vor Anstoß auf dem Gelände des 2003 eröffneten, allerdings 2017 renovierten “Estadio Rafael Bolanos” auftauchten. Uns erwartete ein übergroßer Parkplatz mit einer Statue und einem Schild mit Stadionnamen. Außerdem waren alle Tore offen, so dass wir zu diesem Heimspiel von “AD Carmelita” einfach auf die Tribüne laufen konnten. Die Temperaturen und direkte Sonneneinstrahlung ließ aber bereits alle Schattenplätze, die sich durch Kamerapodeste oder den mittigen Kommentatorenbereich gebildet hatten, besetzt sein. Ich entschied mich daher direkt für eine Bilderrunde, während Mikael sich in die wenigen anwesenden Locals quetschte. Tatsächlich waren alle Türen offen, so dass ich mich auf die Haupttribüne und den Innenraum bewegen konnte und so während der ersten gespielten Minuten problemlos Bilder machen konnte. Ich sah, wie das Heimteam stärker begann und holte Mikael auf die schattige Haupttribüne, auf der sich nur Vereinsoffizielle oder Freunde beziehungsweise Familie der Spieler befanden. Da sich aber niemand für mich bei meinem ersten Abstecher hierauf interessierte, konnten wir das Spiel perfekt von dort schauen, so mein Gedanke. Während wir uns gerade hinter dem Tor der Gastgeber, Traditionsverein, 1948 gegründet, befanden, bekam die gegnerische Mannschaft aus Jacó, an der Westküste Costa Ricas gelegen, einen Freistoß in guter Position zugesprochen. Dies war zugleich die erste Offensivaktion der Gäste, nach ca. 25 Minuten. Und natürlich zirkelt der Stürmer den Ball, mit etwas Glück da abgefälscht, in die Maschen. Den Rest der ersten Hälfte passierte außer ein paar weniger Pöbeleinlagen gegen den Unparteiischen nicht viel, ausser einer Dreifachchance für die Gastgeber in der Nachspielzeit, bei dem zwei Mal der Keeper und einmal die Latte rettete, so dass es mit der überraschenden Führung für die Gäste in die Kabine ging. Dort schien der Coach von Carmelita, die sich nach einem endlosem Streit mit dem Ligaverband seit 1999 offiziell Costa-Ricanischer Meister von 1961 nennen dürfen, dessen Titel allerdings der Vorgängerverein “Carmen FC” errung, aber die richtigen Worte gefunden zu haben, denn man legte direkt mit Beginn der zweiten Spielhälfte richtig gut los. Während einige Flieger auf dem nahegelegenen Airport starteten und landeten, das Stadion liegt nahe der Flugschneise, mussten wir mit ansehen, wie der Anstoß mehrfach ausgeführt werden musste, da der Heimstürmer nicht auf den Pfiff des Schiris warten konnte. Kurios. Aber er war wohl einfach zu übermotiviert, genau wie seine Mitspieler. In der dritten Minute der zweiten Hälfte holen sie so einen Elfer heraus, dem allerdings ein klares Foul gegen Jacó vorausgegangen ist. Dies übersah das Gespann allerdings, so dass der Elfer unter starken Protesten rechts unten verwandelt wird. Nur sechs Minuten später wird das Spiel komplett gedreht, schön über rechts rausgespielt, Ball in die Mitte, Stürmer rutscht am langen Pfosten gegen das Leder und schiebt es über die Linie. Er bedankt sich mal wieder im Himmel. Weitere zehn Minuten später sehen die etwa 70 Zuschauer, darunter wenige Gäste, die sich nach einer Ampelkarte gegen ihre Mannschaft aber durch lautes Gemotze erkenntlich geben. Eine Viertelstunde vor dem Ende dann die Entscheidung, Angriff über rechts, wie Arjen Robben nach innen gezogen und mit links eiskalt abgeschlossen. Schöne Bude. Auch das 4:1 fällt noch nach einem Distanzschuss aus etwas mehr als 20 Metern. Dem Angreifer wurde aber auch viel zu viel Platz gelassen, allerdings landete sein Schuss direkt auf dem Keeper, der den Ball aber durchrutschen ließ. Dies mündete in einigem Frust bei den Gästen, so dass man sich durch den klassischen Ellenbogenschlag weiter dezimierte. Die letzten zehn Minuten im Elf gegen Neun passierte allerdings spielerisch nichts mehr, so dass uns lediglich die immer wieder aufkommenden Rudelbildungen unterhielten. Mit Abpfiff verabschiedeten wir uns recht schnell und machten uns auf den Weg zum Hostel, wo wir noch etwas kochen wollten. Der Weg dorthin war allerdings etwas länger, denn wir entschieden uns parallel zum Highway bis in Richtung Airport zu laufen, um von dort in den Direktbus bis kurz vor unser Hostel zu steigen. Doch während des etwa einstündigen Marsches, bei dem wir immer wieder von Hunden angebellt und nahezu vom immer stärker werdenden Feierabendverkehr beeinflusst wurden, entschieden wir uns den Supermarktaufenthalt vorzuziehen und deshalb einen Weg näher nach Alajuela zu wählen, um dann von dort den Bus zu nehmen. Funktionierte ganz gut, so dass wir aufgrund der Baustelle zwischen der Stadt und dem Flughafen sogar noch eine frühere Möglichkeit zur Heimkunft erreichten. Gegen halb Acht standen wir so in der Küche und kochten unsere Nudeln mit Gemüse und Nüssen, dazu mischte Mikael weiterhin seinen Thunfisch. Bei uns am Tisch saßen noch zwei Deutsche aus dem Badischen, mit denen ich mich lange übers Reisen unterhielt. Bei den beiden wurden bei ihrer Einreise nach Costa Rica allerdings der Stempel im Pass vergessen, so dass sie bei ihrer baldigen Ausreise nach Nicaragua Probleme befürchteten. Gemeinsam versuchten wir einen Plan zu schmieden, dass dies ohne Probleme funktioniert, ich hoffe sehr, dass die beiden mittlerweile dort angekommen sind. Nach dem super coolen Kontakt ging ich ins Bett, Mikael schlief schon ne Weile, und freute mich auf die morgige Fahrt nach Manuel Antonio.
Tag 54, 13.02.2024 – Wer ist “Manuel Antonio”?
Reisetag bedeutet meistens früh aufstehen. So auch heute, wir planten den Bus um 09:00 Uhr am Tracopa-Terminal, von dem wir noch nie abfuhren. Also ein weiteres Kreuz unter den unzähligen Busstationen in San José. Nach dem pünktlichen Frühstück um 07:30 Uhr ging es mit gepackten Taschen fußläufig etwa 40 Minuten durch die Großstadt, ehe wir etwa 25 Minuten vor Abfahrt ankamen. Die Tickets hätten wir auch online über die App “passr” ordern können, allerdings sind diese dort deutlich teurer und durch die feste Sitzplatzauswahl sahen wir, dass mehr als genug Plätze frei waren. So zogen wir uns für knappe 10 Euro das Ticket in den an der Westküste befindlichen Bezirk, der vor allem für den Nationalpark Manuel Antonio und die unzähligen schönen Strände bekannt ist. Während der Fahrt, alleine eine Stunde brauchte der Bus aus dem Chaos von San José, versuchten wir schonmal ein wenig Pläne zu schmieden, was wir die nächsten drei Tage so machen wollten. Ein Besuch im Nationalpark war Pflicht, dazu der Wasserfall Nauyaca, der sich etwa anderthalb Busstunden entfernt befindet, dazu wollte Mikael einen Off-Day im Gym nutzen. Da wir am Freitag für den Klassiker zwischen “Deportivo Saprissa” LD Alajuelense” wieder in der Hauptstadt sein wollten, war das Programm entsprechend knapp getaktet. Nach unserer Ankunft in Quepos, wo wir trotz des Tickets bis Manuel Antonio ausstiegen, ging es erstmal an den erstbesten Bankomaten, in der Hoffnung dort kostenlos abheben zu können, denn wir mussten auch dieses Hostel in bar bezahlen. Dies gelang aber erst beim dritten Versuch bei der “BCR”, von dort ging es etwa 20 Minuten fußläufig den Berg hinauf in Richtung Manuel Antonio. Unser Hostel lag direkt auf der Verbindungsstraße zwischen den beiden Orten, so dass wir uns die Hauptstraße mit Gepäck hochquälten, die Steigung war nicht ohne. Doch auch das war irgendwann geschafft und der Check-In samt Bezahlung nach kurzer Zeit hinter uns gebracht. Im noch leeren Zehn-Mann Dorm sicherten wir uns die beiden besten Betten am Kopf des Zimmers und packten unsere Schultertaschen für einen kleinen Stadtspaziergang, der am Strand enden sollte. So ging es wieder in die Ortsmitte von Quepos, wo wir uns zuerst in einem günstigen Soda, so nennen sich die lokalen Restaurant, niederließen, der sogar vegetarisches Casada im Angebot hatte. Zumindest fast. Das die Nudeln mit kleinen Hähnchenstücken angereichert wurden, erkannte ich zum Glück rechtzeitig, sodass ich diese mit Mikael gegen seine Kochbananen tauschte. Nach der Stärkung ging es an die nahe gelegene Promenade, an der sich direkt vor uns eine übergroße Echse sonnte. Nach dem Fotoshooting mit dem Reptil ging es weiter zum Strand “La Macha”, den Mikael aussuchte. Der Weg dorthin führte erst über unzählige Treppen und dann durch einen Wald, in dem wir tatsächlich wieder ein Ara-Paar belauschen und auch gemeinsam wegfliegen sehen konnten. Absurd cool. Am Ende standen wir vor einer Gabelung und mussten uns für den angesprochenen “La Macha” oder für den “Playa Tulemar” entscheiden. Wir blieben uns treu und folgten den Wegweisern zum ersten Strand. Die letzten Meter, auf denen wir noch auf eine Gruppe deutscher Mädels trafen, waren ähnlich beschwerlich wie der Weg vom Cerro Chato zum Vulkansee, aber auch hier schafften gespannte Seile Abhilfe. Am Strand angekommen, wurde sich erstmal bis auf die Badehose entkleidet und ins Wasser gesprungen, welches zu unserer Überraschung echt warm war. Doch die hohen Wellen schmälerten das Badeerlebnis ein wenig, so dass wir uns nach wenigen Minuten schon wieder aus dem salzigen Nass entfernten und mit den angetroffenen Mädels einen Plan für den Abend machten. Es war noch ungefähr eine Stunde bis zum Sonnenuntergang, denn Mikael und ich schauen wollten, und so entschieden wir uns gemeinsam mit den Mädels, bei denen auch eine französischsprachige Schweizerin dabei war, zu unserem Hostel zu gehen, da wir neben einem Pool auch eine Aussichtsplattform über unserem Dorm hatten, von dem sich der Sonnenuntergang in unserer Vorstellung recht gut anschauen ließ. Vom Strand ging es den Weg durch den Wald, an einem Wohngebiet vorbei über die Hauptstraße zum “Plinio”, in dem wir nächtigten. Wir machten es uns zuerst am Pool bequem und redeten noch etwas mehr als eine halbe Stunde über alles mögliche, als wir den Sonnenuntergang fast verpassten. Hektisch rannten wir in unseren Dorm, in dem Mikael und ich zu unserer Überraschung immer noch allein waren, und erklimmten die Stufen zur Aussichtsplattform. So spektakulär wie wir es uns vorgestellt hatten, war es leider nicht, aber trotzdem ganz cool. Dort oben gingen die Gespräche weiter, und so wurden auch Infos über den Besuch des Nationalparks ausgetauscht und unserem Plan eines spontanen morgigen Ausflug dorthin begraben. Tickets gab es keine mehr. Der nächste freie Slot war Freitagmorgen, was wir aber nochmal besprechen mussten. So connectete ich mich für den Folgetag wieder mit den Mädels, die einen Strandhike vorhatten. Sie luden mich nach meiner Anfrage ein und so konnte Mikael seinen Off-Day im Gym bereits schon am ersten vollen Tag genießen. Aber der Tag war noch nicht zu Ende, denn nachdem die Mädels zum kochen in ihr nahegelegenes Hostel gingen, mussten der Finne und ich auch nochmal aus dem Haus und nach Quepos, um dort Lebensmittel zum Kochen zu kaufen. Auf dem Weg nach unten besprachen wir die Ticketsituation des Nationalparks nochmals und buchten für Freitagmorgen, vor unserem Bus nach San José, ohne die Fahrzeiten zu kennen. Das wollte ich am Folgetag herausfinden. Am Supermarkt angekommen entschieden wir uns für Reis, Mais, Bohnen, allerdings diesmal andere als bisher immer, da es die in der Dose nicht gab, und Nüsse. Dazu eine Armada an Cookies. An der Kasse erkannte eine andere Kundin des Supermarktes Mikaels Bankkarte und so lernte er die erste finnische Person seit Start des Trips kennen. Und zufällig war diese sogar bei uns im Hostel. Auch die beiden anderen zu ihr gehörenden Backpacker, ein Engländer und eine Deutsche, liefen mit uns und den vollen Einkaufstaschen den Berg hinauf und kochten anschließend gemeinsam mit uns. Und naja, was soll ich sagen. Die Bohnen mussten wohl etwas länger als nur wenige Minuten kochen, so dass die in unser Gesamtwerk gekippte Menge das Essen wirklich ruinierte. Alleine beim Schreiben kommt mir schon wieder alles hoch. Mikael zerdrückte das Ganze mit seinem Thunfisch recht unbeeindruckt, während ich jede einzelne Bohne von meinem Teller sortierte. So macht Essen keinen Spaß. Etwas deprimiert ob der schlechten Mahlzeit ging es früh ins Bett, allerdings voller Vorfreude auf den Hike am Folgetag, der bereits gegen Sieben oder halb Acht starten sollte.
Tag 55, 14.02.2024 – Triggerpunkt am Valentinstag.
Pünktlich zum Start des im Übernachtungspreis erhaltenen Frühstücks um halb Sieben saß ich am Tisch des Restaurants und schaufelte Müsli mit Ananas in meinen Schlund. Gibt schlechteres. So war ich mit gepackter Tasche bereits abmarschbereit, als die Nachricht kam, dass sich der Start etwas verzögert, da es in einem der Zimmer der Mädels im Nachbarhostel ein Spinnenproblem gab. Trotzdem gesellte ich mich schon mal zu Teilen von Ihnen, bis eine Lösung, anscheinend ein Umzug, gefunden wurde. Mit insgesamt sieben Leuten ging es so um kurz vor Acht in Richtung der Bushalte, von der wir etwa 10 Minuten in den Ort “Manuel Antonio”, direkt neben dem gleichnamigen Nationalpark fuhren. Hätten wir auch laufen können, aber ich will meine Komplexe was Geld sparen und alles unter einer Laufdauer von einer Stunde kann man ohne Probleme zu Fuß angehen, nicht direkt auspacken. Wir sollten im Laufe des Tages noch genug unterwegs sein. So wurden die knapp 70 Cent in den Bus investiert, der uns zum Portal eines Hotels brachte, von dessen Privatstrand laut Recherche der französischsprachigen Schweizerin der Hike starten sollte. Ich muss das dazu sagen, da die Gruppe auch aus einer deutschsprachigen Schweizerin, zwei deutschen Mädels, einer Niederländerin und einem Australier bestand. Doch bevor wir in dieser Konstellation den Strandhike starten konnten, wurden wir vom Portier abgewiesen und auf einen anderen Playa verwiesen. Den erreichten wir nach guten 30 Minuten, in denen wir zwar auf der Straße laufen mussten, aber bereits einige wilde Affen und Vögel sahen. Was sollte dann im Wald auf uns warten? Am Strand angekommen genossen wir erstmal kurz die Aussicht und den sehr ruhigen Vibe, ehe wir den Weg herausgefunden hatten. Nachdem es mit vorsichtigen Schritten über einen Bach ging, mussten wir einem kleinen Trail durch den Wald folgen und kamen so von Strand zu Strand. Im Wald sahen wir viele Tiere, einige schöne Aussichtspunkte aufs Meer und die Landschaft, dazu die Abwechslung an den verschiedenen Badepunkten. Manche von Hotels im Privatbesitz, andere öffentlich zugänglich. Wir entschieden uns gemeinschaftlich aber dazu, an keinem der angelaufenen Strände baden zu gehen, sondern erst ganz am Ende, am letzten ins Wasser zu springen und dort die Zeit bis zum Abend zu genießen. Damit waren alle einverstanden, so dass die kommenden etwa zwölf Kilometer sehr gemütlich und in entspannter Atmosphäre angegangen wurden. Am letzten Strand gab es noch ein kleines Fotoshooting, einen Zusatzhike und das Rumklettern an einem Felsvorsprung, der es mir besonders angetan hatte. Ich glaub ich sollte mir mal Gedanken zum Bouldern machen. Aber nein, keine Angst. Ich werde nicht zum 24/7 Hipster. Die Hallen sind mir zu teuer. Als Gruppe suchten wir den selben Weg zurück zu nehmen, was allerdings etwas misslang, so dass wir kurze Zeit durchs den dichten Dschungel laufen mussten, aber dank der in der Ferne schimmernden Markierungen des offiziellen Weges diesen wieder fanden. Diesmal ging es etwas zügiger durch den Wald und über die Badestellen, so dass wir um kurz vor Mittag am Ende unseres längeren Spaziergangs, dem “Playa Espadilla” am Ende des großen “Playa Manuel Antonio”, angekommen waren. Dort machten wir es uns im Schatten bequem, doch noch während wir uns von unseren Wanderklamotten trennten, um in die Badesachen zu wechseln, wurden wir von einzelnen Äffchen beobachtet. Die Tiere waren alles andere als scheu und wir mussten einen Angriff auf das Eigentum unseres Nachbarn, der ganz entspannt in seiner Hängematte lag, beobachten. Der Affe zog allerdings nur an seinem an einem Baum trocknenden Handtuch und bugsierte es auf den Boden. Wir wussten also, dass wir hier vorsichtig sein mussten und zumindest ein Teil der Gruppe immer bei den Sachen sein musste. So wechselnden wir uns mit dem Baden ab, doch die weiterhin hohen Wellen ließen uns auch heute wieder nur kurz im Wasser verweilen. Stattdessen entspannten wir, spielten Karten, redeten viel und beobachteten die vielen Affen und, ich vermute Pekaris, wildscheinähnliche Tiere, in unserer Umgebung, ehe wir uns nach mehreren Stunden dazu entschieden zum “Magic Schoolbus”, einem Restaurant aus einem ehemaligen amerikanischen Schulbus heraus, zu gehen. Die Preise waren gesalzen, sodass ich diesmal meinem Komplex gegenüber nicht nachgegeben konnte und nichts bestellte. Trotzdem hatten wir eine gute Zeit, und ich staunte etwas, als mir am Nebentisch plötzlich jemand winkte. Es war die Dänin, mit der ich in Panama den Barú, dem Vulkan in Boquete, bestieg. Wir quatschten kurz, stellten fest, dass wir am selben Tag Tickets für den Nationalpark hatten, gingen dann allerdings wieder an unsere separaten Tische. Nach den für die Mädels erfrischenden Cocktails liefen wir in den Hauptort, besprachen die Abendplanung, es sollte zu einem Salsa-Abend ins “Selina-Hostel”, einer weltweiten Kette von Hostels, die auch kostenfreie Angebote wie dieses für nicht Gäste anbot, gehen. Dafür wollten sich die Damen recht lange schick machen, weshalb sie nach dringenden Besorgungen im Supermarkt noch vom Ortszentrum mit dem Bus wieder in ihr Hostel fuhren. Ich entschied mich die grobe halbe Stunde bis zum Sonnenuntergang noch am Strand zu verbringen, um einen schönen Gruß zum Valentinstag in die Heimat zu senden. Was bin ich nur für ein Romantiker. Außerdem finde ich die Stille zu dieser Zeit des Tages immer besonders, gerade am Strand, wenn man nur die Geräuschkulisse des Meeres, Wellen und Vogelgesang, hört. Nachdem sich die Sonne für heute verabschiedete hatte, ich die Bilder aufm Handy hatte und mich fürs Duschen, Essen und Umziehen bereit fühlte, lief ich die groben 40 Minuten zurück ins Hostel. Dort überraschte mich Mikael mit einer Bad News. Leitungswasserschaden in der ganzen Region. Also weder Duschen noch Essen. Doch mit Salzwasserresten am Körper wollte ich mich auch nicht auf das ungewohnte Terrain des Paartanzes wagen. Für einen Groundhopper wirklich was ganz Heikles. Doch mein Ideenreichtum ließ mich nicht im Stich, denn Mikael und ich hatten noch zwei Flaschen mit Leitungswasser in den Rucksäcken, die wir nun zum Kochen von Reis verwenden konnten. Und während Mikael also das Essen zubereitete, sprang ich in den Pool. Was da wohl besser ist, Chlor oder Salz? Ich fühlte mich aber danach auf jeden Fall frischer. Und mit der diesmal ohne Bohnen zubereiteten Mahlzeit im Magen auch noch gestärkt. So zog ich zum ersten Mal in Mittelamerika meine lange Jeans an, suchte mein am wenigsten versifftes Shirt heraus und machte mich auf den Weg zur Bushalte. Ich wusste, dass auch die Mädels aufgrund des Wasserschadens wohl nicht duschen konnten und hoffte, dass sie trotzdem im Selina aufschlugen. Doch während ich an der Haltestelle wartete und wartete, stiegen in mir die Zweifel, ob das so eine geschickte Abendplanung war. Mein Taktgefühl war das eines überfahrenen Hamsters, dazu hatte ich noch nie einen Schritt getanzt, außer für kurze Zeit bei Abendveranstaltungen in der Mittelstufe. Dazu das mit dem Wasser, der nicht kommende Bus und meine recht lange ToDo-Liste. So entschied ich mich wieder zum Hostel zurückzulaufen, als mir natürlich die Mädels aus Richtung des Ortes Quepos entgegenkamen. Zum Vorglühen hatten sie sich mit alkoholischen Getränken eingedeckt, dazu natürlich schick gemacht. Irgendein Hostel in der Umgebung hat wohl nen Wassertank und da ging das alles. Aber es gab wieder ein Spinnenproblem in einem Zimmer, weshalb sich die Abfahrt wieder verzögerte. Während ein Teil nun versuchte für uns Sechs, ich und die fünf Mädels, der Australier hatte keine Lust, ein Großraumtaxi zu organisieren, versuchte der andere Teil das Insekt aus dem Zimmer zu befördern. Nachdem das erledigt war, ging es schnell zum bereits bereitstehenden Taxi, dass uns direkt zum Veranstaltungsort fuhr. Natürlich führte der Weg am hiesigen Sportplatz vorbei, auf dem gerade zwei Teams mit Trikots über den Platz jagten. Na klar. Als Groundhopper den Tanzabend einem Spiel am hintersten Fleck in Costa Rica vorziehen. Hätte ich doch nur die Ansetzung gefunden. Aber egal, es war nach 21 Uhr, also war das Spiel sicher schon länger am Laufen und daher verlorene Mühe. Mit dem Kopf versuchte ich mich auf den kommenden Abend und das Selina zu konzentrieren. Dort angekommen waren wir tatsächlich nahezu die einzigen Interessierten, doch der sehr motivierende Coach zeigte uns direkt die wichtigsten Schritte, ging alles durch, was wirklich Spaß machte, und ging nach weniger als einer halben Stunde in den Paartanz über. Natürlich bekam ich eine gute Tänzerin zugeteilt, die sich sehr auf den Abend und das gute Tanzen gefreut hatte, so dass sie während meiner Trainingsschritte etwas neidisch auf bereits gut tanzende Paare schaute, mir aber sagte, dass es kein Problem sei, da jeder mal so anfängt. Trotzdem spürte ich natürlich ihre Enttäuschung, da ich nicht so führen kann, wie jemand, der das schon länger macht. Um ihr den Abend nicht vollends zu versauen und ihr einen anderen Tanzpartner zu ermöglichen, verabschiedete ich mich wohlüberlegt auf die Toilette, legte mich allerdings an den Pool und versuchte meinen Gedankenstrudel dort zu sortieren. Mich beschäftigte die vergangenen Tage absurd viel, dazu der Struggle, denn ich in den Monaten vor der Abreise, beziehungsweise auch ein Grund der jetzigen Reise sind, kamen hoch. Die Situation hier hat mich wohl getriggert, aber genauer will ich hier nicht drüber schreiben, auch wenn es wohl zu mir und der Reise gehört. Wenn sich das noch häuft, werde ich es eventuell mal anschneiden, dafür ist aber noch nicht der Zeitpunkt für. Trotzdem an der Stelle Danke an alle, die mich in Situationen wie dieser aufbauen. Nachdem ich etwa fünfzehn bis zwanzig Minuten regungslos auf der Poolliege lag, kamen die ersten beiden Mädels aus meiner abendlichen Clique zu mir und fragten, was sei. Sie würden in den Pool gehen und sich etwas abkühlen, ob ich mit will. Da mein Zeug aber im oberen Tanzraum lag, welchen ich mental nicht betreten konnte, lehnte ich dankend ab und versuchte mich zu beruhigen. Nach und nach trudelten alle meine Bekanntschaften ein und hatten sogar meine Tasche dabei. Die französischsprechende Schweizerin fragte auch nochmal in die Runde, ob sich jemand für den Pool motivieren kann, da sie ihren neuen Bikini einweihen will, und da ich jetzt mein Zeug am Start hatte, rang ich etwas mit mir, konnte mich aber selbst vom Sprung ins Wasser überzeugen. Nachdem ich die Gruppe aufgeklärt hatte, was gerade mental mit mir passiert war, verstanden sie meine nun deutlich ruhigere Art im Vergleich zum Vormittag und Mittag und boten mir ihre Unterstützung an. Auch die Abkühlung im Wasser trug ihren positiven Teil dazu bei, dass ich mich der Gruppe noch zu einem Gang in einen Karaokeclub anschloss. Ich wollte mich dem mentalen Struggle nicht beugen, sondern drüberstehen und dagegen ankämpfen. Und das war die richtige Entscheidung. Die etwa 10 Minuten Fußweg zu diesem Club namens “drunken monkey” waren schnell hinter uns gebracht, unser Eintritt dauerte allerdings länger, da wir diskutierten, ob sich der Eintritt für den Abend lohnen würde. Mir war die Entscheidung vollkommen egal, ich wollte nur nicht alleine sein und den Abend weiterhin in der Gruppe genießen, da sie mir ein gutes Gefühl gab. Schlussendlich legte jeder die 2.000 Colón auf den Tisch und wir befanden uns mit etwa zehn anderen Menschen in einem Raum mit Bar. An einer Wand war mittig ein DJ-Pult aufgebaut, dazu einige Luftballons. Aber wirklich spannend war hier nix. Wir bestellten die versprochenen Gratisshots, Tequila, verteilten diese, eine musste dank meiner Abstinenz doppelt trinken, und wünschten uns dann Lieder zum Mitträllern. Und der Mix war grauenhaft. Wir sangen sowas wie Abba, Queen, etc. Einer der Einheimischen wünschte sich nur Reggae. Also kam ein Banger, dann wieder was Ermüdendes.. Aber trotzdem war die Zeit echt cool, auch weil eine zweite Tourigruppe, auch Deutsche, noch den Raum betritt und sich unseren guten Liedern anschloss. So verbrachten wir gut zwei Stunden, ehe sich meine Clique mit dem Taxi in Richtung Hostel verabschiedete. Ich entschied mich bei den anderen Deutschen zu bleiben, die nach zwei weiteren Liedern aber auch die Segel strichen. So lief ich gegen halb eins zurück zum Hostel und legte mich nach einem mehr als einstündigen Telefonat mit meiner besten Freundin am Pool geschafft gegen kurz vor Zwei ins Bett. Der Tag hat mich noch lang beschäftigt, aber ich bin daran gewachsen.
Tag 56, 15.02.2024 – Der große Knall.
Am heutigen Tag sollte der Wasserfall Nauyaca, etwa anderthalb Stunden entfernt in Richtung Uvita angegangen werden. Dazu, so war meine Erinnerung, mussten wir den Bus um 09:00 Uhr in Richtung “San Isidro de el General” nehmen. Nach dem Aufstehen, Sachen packen und Frühstück machten wir uns mit unseren Umhängetaschen auf den Weg zum Busbahnhof in Quepos. Doch dort der Schock, statt um 09:00 Uhr fuhr der Bus bereits um 08:00 Uhr, was ich Mikael auch per Screenshot gesendet hatte. Und er hatte mir das bestätigt. Also hatten wir beide die Zeit komplett verkackt. Da es innerhalb der letzten Wochen zwischen uns schon mehrfach gekriselt hat und auch die Kommunikation aufgrund der Sprachbarriere, sein Englisch ist leider nicht “se yellow from se egg”, so dass wir immer mal wieder Gespräche abbrechen mussten, da das Verständnis nicht da war, schaukelte es sich diesmal hoch. Ich entschied mich langsam in Richtung Hostel zu laufen, während er sich andere Optionen überlegte. Auf dem Weg ins Hostel recherchierte ich andere Wege zum Wasserfall und entdeckte einen Bus um 09:30 Uhr nach Uvita, der einen etwa zehn Kilometer Fußweg vom Startpunkt des Hikes rauslassen könnte. Dies kommunizierte ich mit ihm, als ich wieder am Busbahnhof war und ihn nicht entdeckte. Leider schaute er erst wieder auf sein Handy, als er nahezu am Hostel war und konnte den Bus so nicht erreichen. Wir entschieden uns dazu, uns im Laufe des Tages für uns selbst zu überlegen, wie wir weitermachen wollen und schrieben lange Texte, da es über diesen Kommunikationsweg besser funktioniert als mündlich. Dazu aber später mehr. Alleine auf dem Weg zum Naturhighlight in dieser Area hörte ich Musik und wartete die Stunde Fahrzeit ab, um dem Fahrer meinen ungewöhnlichen Ausstiegsort mitzuteilen. Dort öffnete er die Tür und ließ mich passieren. Danke dafür. Die zehn Kilometer nutzte ich mal wieder dazu, um meinen Körper herauszufordern und dank DWIDS im Ohr waren die anderthalb Stunden bei wieder mal um die 30 Grad schnell vergangen. Für knapp unter zehn Euro löste ich das Ticket für den Wasserfall und startete den nochmal fünf Kilometer langen Weg zu diesem. Erst ging es ziemlich stark bergab, anschließend durch den Wald und dann auf einem steinigen Trail. Es gab aber auch Touristen, die sich diesen Weg sparen und auf Pferden entlang ritten. Was ne Scheiße. Irgendwann erreichte ich das Eingangsportals des Naturschauspiels und stellte fest, dass ich mir den Kauf des Armbandes auch hätte sparen können. Es kontrollierte keine Sau. Ich lief zuerst zum unteren Teil des Falls, kletterte über die Steine, schoss ein paar Bilder und hikte auf der anderen Seite über die eingezeichneten Routen, da ich ja definitiv noch nicht genug unterwegs gewesen bin. Ironie off. Doch wenn ich mal hier bin, will ich ja auch alles mitnehmen. Ein paar etwas genveränderte Enten kreuzten meinen Weg mitten im Wald, da diese aber scheu waren, konnte ich nicht wirklich spezifizieren, um was es sich genau handelte. An einem Schild stellte ich fest, dass die Seite über die ich den Wasserfall betreten hatte, einer anderen Organisation gehörte, als die Seite, auf der ich mich gerade mit den Hikes befand. Also hätte ich mir hier auch nochmal eine Eintrittskarte holen müssen. Unbeeindruckt davon ging ich weiter, erledigte den oberen Wasserfall und machte mich wieder auf den Weg auf “meine Seite”, nachdem ich alle möglichen Wege abgelaufen war. Auf der richtigen Seite des Parks angekommen, ging ich wieder an den oberen Fall, da dieser von deutlich weniger Personen besucht wurde, entledigte mich meinen übergezogenen Klamotten und badete im Seebereich. Super kalt, aber absolut erholsam und ruhig. Während ein durchschnittlicher Marcel von seiner Anna-Lena dutzende Bilder in verschiedenen Posen vor dem Tourimagnet machen musste, verzog ich mich auf einen Stein in der Sonne und ließ meinen Gedanken in jegliche Richtung freien Lauf. Das tat richtig gut und half mir weiter Entscheidungen für die kommende Zeit zu treffen. Mit fortschreitender Uhr, mein Bus fuhr laut Plan um 16:11 Uhr vom Ende des fünfkilometrigen Hikes ab, packte ich mein Zeug vom oberen Teil zusammen, ging nochmal zum unteren und badete dort kurz, und machte mich anschließend wieder auf den beschwerlichen Weg zur Haltestelle. Alles in allem ein super entspannter Ausflug und ein schönes Reiseziel von Quepos, Uvita oder San Isidro. Ich wollte ab 15:45 dort sein, falls der Bus, der wieder aus San Isidro de el General kam, zu früh dran war. Man weiß ja nie. Der Marsch war schnell geschafft, hatte allerdings auch einen neuen Wasserfall aus Schweiß zur Folge, und so wartete ich auf den Bus. Und wartete. Als auch gegen 16:45 Uhr noch kein Reisebus auftauchte, streckte ich partiell den Daumen raus und wollte mich so in Richtung Quepos bewegen. Klappte auch eher semi, doch nur wenige Minuten nach den kläglichen Versuchen fuhr tatsächlich noch ein Bus ein, der mich mitnahm. Die Busfahrt, ich hoffte zum Sonnenuntergang wieder in der Gegend ums Hostel zu sein, zog sich ohne Ende, so dass ich nichtmal mehr schaffte die Tickets für unseren Bus in die Hauptstadt am Folgetag zu kaufen, da das Terminal bereits zu war. Dafür sah ich die letzten Augenblicke des Sonnenuntergangs an der Promenade der Stadt und machte mich, so war der Plan, über den Sportplatz in der Dorfmitte auf den Weg ins Hostel. Vielleicht hatte ich Glück und jemand würde am heutigen Abend, ebenso wie gestern in Manuel Antonio, den Platz bespielen. Und tatsächlich brannte Flutlicht. Also schnellen Schrittes hin und die Personen auf dem Rasen begutachten. Sahen etwas jung aus, aber hatten Trikots an. Und sie wärmten sich auf, gutes Zeichen. Doch nach dem ersten Gespräch war klar. Halbzeit, aber U19. Fuuuuck. Ich wollte hier bleiben und informierte Mikael, der sich während seiner heutigen Zeit im Gym ebenfalls Gedanken um seinen Verbleib gemacht hat und bereits in der kommenden Woche wieder nach Europa fliegen wollte, da er sich dort wohler fühlt. Doch für die zweite Hälfte hier war er zu haben. Auch wenn ich noch nicht wusste, wie und ob ich das Ding dann zählen konnte und wollte, hatte ich das Bedürfnis mir das Spiel zu Ende anzuschauen. Und es lohnte sich. Die Gäste gingen mit einer 0:1 Führung in die Halbzeit und binnen zehn Minuten drehte die U19 des Zweitligsten aus Quepos, die ihre Ligaspiele aber in einem anderen Ground ausserhalb der Hafenstadt austragen, das Spiel. Es entwickelte sich ein spannender Schlagabtausch unter den Augen von knapp 70 Zuschauern. 75ste das 2:2 nach einem Torwartfehler im Spielaufbau. Naja, er rutschte aus und schenkte dem heransprintenden Stürmer den Ball. Kurz vor dem Ende das glückliche 3:2 für die Gastgeber nach längerem Gestocher im Strafraum. Mit dem Abpfiff machten wir uns von dem dreistufigen Ausbau auf der Längsseite des Grounds auf den Weg zum Hostel, doch ich überzeugte Mikael davon noch kurz zu warten, denn nur wenige der Zuschauer erhoben sich von ihren Plätzen. Und ausserhalb des Platzes sah ich mehrere sportliche Personen mit Rucksäcken, die sich mit Faustberührungen begrüßten. Hier wird doch nicht etwa… Ich ging zu ihnen und fragte mal vorsichtig nach, ob sie hier gleich ein Spiel hätten. Und das wurde bestätigt, 20:00 Uhr Anpfiff, zwei Halbzeiten à 45 Minuten, aber Freizeitliga. Manuel Antonio gegen eine Mannschaft namens “Black & White” Scheiß egal, Hauptsache 90 Minuten Fußball auf Großfeld. Die halbe Stunde bis zum Anpfiff verbachte ich mit einem Gang zum Supermarkt, der ums Eck lag und besorgte Kekse und Eis. Meine warme Mahlzeit wartete nach dem Spiel im Hostel auf mich. Der Anpfiff verzögerte sich um eine gute Viertelstunde, da beide Teams den Schiedsrichter, der mehrfach ins seine Pfeife pfiff um die Mannschaften zum Einlaufen zu motivieren, getrost ignorierten und lieber Kreise zum motivieren bildeten oder minutenlang noch einige Kurzpässe spielten. Aber auch der Ref war davon nicht genervt, er pfiff nur immer mal wieder am Mittelkreis stehend in seine Pfeife. Pura Vida. Die in Grün und Weiß auftretenden Spieler von “Black & White”, bei denen der Name übergroß auf der Brust stand, spielten gegen die im Jersey von Real Madrid, samit Logo, in dem statt RM allerdings MA stand auftretenden Jungs aus dem Nachbarort. Was eine geile Abendveranstaltung, und das Spiel sollte es wirklich in sich haben. Fußballerisch garnicht so scheiße wie gedacht, nach ner Viertelstunde ging Manuel Antonio in Führung, das 2:0 bescherte ein wunderschöner Freistoß aus 25 Metern, führ Mikael das schönste Tor der bisherigen Tour. Das 3:0 ein gut aufgebauter Angriff nach einem gewonnenen Kopfballduell im Mittelfeld mit einem Abschluss aus sechzehn Metern ins lange Eck. Der Anschluss und das 4:1 fielen ebenfalls noch in Halbzeit eins. Und so ging es auch in der zweiten Halbzeit weiter. Elfmeter zum 4:2 in der 50sten, 5:2, bei dem das besondere Vorkommnis das Ausziehen des Trikots in der 55sten Minute ist, welches allerdings nicht mit einer Karte bestraft wird. Der erneute Anschluss zum 5:3 per Seitfallzieher nach einer groben Stunde wird gefolgt von der Entscheidung in der 80sten zum 6:3. Das bis dahin offene und muntere Spiel wurde in den letzten zehn Minuten sehr einseitig zu Ende gebracht. Bis zum 8:3 schraubt Manuel Antonio die Führung noch hoch, auch ein neunter Treffer wäre per Elfmeter noch möglich gewesen, dieser wurde allerdings arrogant übers Tor gechippt. An sich wurde in den letzten Minuten viel getrickt, Rabonapässe ausgepackt, Sprintduelle die Aussenlinie entlang gesucht, wie damals Gareth Bale, als er Marc Bartra wie einen Schuljungen hat aussehen lassen. Naja, genug des Geschärmes von diesem Spiel, kurz nach Zehn fand der Unparteiische Erbarmen mit “Black & White” und pfiff die Begegnung ab. Wir machten uns glücklich auf den Weg ins Hostel, ich machte mir meinen Gemüsereis warm, optimierte ihn mit Nüssen und Curry, und legte den neu gekreuzten Platz bei europlan und der Norweger-App an. Wobei die Norweger ja immer ewig zum Bestätigen brauchen. Egal, anderes Thema. Vor dem ins Bett gehen sprachen Mikael und ich nochmal ganz offen über die kommenden Monate, da sein Reiseplan zumindest bis Mitte März Mittelamerika vorsah. Er wollte sich die kommenden Tage nochmal Gedanken machen, da er ohne ein Wort spanisch hier nicht alleine klar kommen würde. Mir wollte er mit seiner anderen und deutlich weniger abenteuerlichen Art des Reisens aber bei meinen Plänen auch nicht im Weg stehen. So gingen wir ohne einen gemeinsamen Konsens gefunden zu haben ins Bett und freuten uns auf den Nationalpark, sowie den costa-ricanischen Klassiker zwischen Saprissa und Alajuelense am Folgetag.
Tag 57, 16.02.2024 – Wie viel kann man in einen Freitag packen?
Durch unser Ticket für den 08:00 Uhr Slot für den Nationalpark mussten wir recht früh aus den Federn. Ich stand bereits um kurz nach halb Sieben auf, packte mein Sach und erledigte alle wichtigen Parts der Körperpflege, während Mikael noch vor sich her döste. Auch so ein Ding, dass uns beide extrem unterscheidet. Ich habe gerne alles direkt erledigt, zumindest was man erledigen kann und bin danach weniger gehetzt, während er auch die schwierigen Sachen bis zur letzten Minute herauszögert und sich danach wundert, dass ich ungeduldig warte. Aber egal, anderes Thema, hab dich trotzdem lieb Mikael. So saßen wir um kurz nach Sieben beim Frühstück, stärkten uns und ließen unser Gepäck anschließend an der Reception des Hostels einschließen. Mit dem Bus wollten wir zum Park fahren, doch sowohl der Erste als auch der Zweite vorbeifahrende, ließ uns mangels Platz nicht einsteigen. Wir connecteten mit einer Kanadieren, der wir für La Fortuna einige Tipps geben konnten, allerdings schon am Strand ausstieg, als wir dann den dritten Bus betreten durften, und nicht in den Park wollte. Dafür stieg wieder ein bekanntes Gesicht in die Linie, genau, die Dänin. Sie wartete an der Endhaltestelle allerdings noch auf andere Bekanntschaften von sich, während der Finne und ich mangels unserer Zeit schonmal in den Park gingen. Wichtig ist vor dem Einlass zu wissen, dass kein Einmalplastik geduldet wird, also muss man Plastikflaschen abgeben. Mikael hatte allerdings unsere viel zu teure Sonnencreme eingepackt ohne daran zu denken. Also musste wieder ein Weg gefunden werden diese übergroße Tube an den aufmerksamen Guards vorbeischleusen. Aber ein Stadiongänger kennt seine Mittel und Wege, und so konnten wir uns auch im Park vor der Sonne schützen. Während der Hikes entdeckten wir viele Tiere, natürlich die klassischen Sloths, Faultiere, die hier wirklich zu Hauf rumlungern, ein Reh, eine Art Dachs, viel zu viele Affen, die mich bereits am Mittwoch mit den Mädels am Strand belagert haben. Auch viele kleine Tiere, Eidechsen, Heuschrecken, bunte Vögel, ein Chameleon und einen wunderschönen Gecko konnten wir sehen, ehe wir nach all den verschiedenen Hikes und Aussichtsplattformen kurz vor dem Ende unseres Rundgangs nochmal ins Meer springen wollten. Der Nationalpark hat einen eigenen Strandabschnitt, der damit sehr sicher vor Taschendieben oder anderen Gaunern ist. Nur die Affen, die treiben auch hier ihr Unwesen, was wir nach unserem Gang ins Meer feststellen mussten. Auch ein anderer Ganove hat sich untergemischt. Das Meer selber. Nachdem ich langsam in Richtung des Wasser schlenderte, entschied sich MIkael mitsamt seiner Sonnenbrille in die Wellen zu rennen, was auch gut funktionierte. Doch nachdem er sich entspannt lang machte, traf ihn eine Doppelwelle aus dem Nichts und begrub den Finnen unter sich. Nach nichteinmal fünf Sekunden im Wasser, war seine Sonnenbrille unauffindbar und der Tag wahrscheinlich gelaufen. Wir verbrachten die nächsten Minuten mühevoll mit dem Suchen, doch was will man im Wasser bei Wellengang schon groß finden. Er fand sich damit ab, war allerdings stark getroffen und enttäuscht von seiner Dummheit. Aufgrund unserer bevorstehenden Busfahrt, für die wir noch immer kein Ticket hatten, machten wir uns um kurz vor Zwölf auf den Weg zu den Duschen, spritzten uns das Salzwasser vom Körper und verließen den Nationalpark. Klare Empfehlung! Wer allerdings mehr Tiere und auch die Geschichte hinter all der Natur hören will, sollte sich einen teuren Guide nehmen. Lohnt sich wahrscheinlich. Auch der Corcovado-Park eignet sich dafür mehr als Manuel Antonio, aber für den etwas naturinteressierten Backpacker mit kleinem Budget ist diese Option wohl die Beste. Nach dem Verlassen des Parks machten wir uns wieder auf den Weg in den Ort Manuel Antonio, kauften an einem Supermarkt nach dieser anstrengenden Tour ohne wirkliche Getränke, auch wenn es immer wieder Trinkbrunnen gab, ist das natürlich nicht dasselbe wie aus einer Flasche trinken, jeder eine große Pulle Eistee, ehe wir mit dem Linienbus zurück ins Hostel fuhren, unser Gepäck schnappten und zum Terminal von Quepos liefen. Dort zogen wir das Ticket für den in einer halben Stunde abfahrenden Bus nach San José, welcher von hier aus knapp drei Dollar weniger kostet als von Manuel Antonio selber. Daher klarer Tipp, Bus nur bis/ab Quepos buchen. Gemeinsam mit anderen warteten wir dann im Schatten auf die Ankunft des Reisebusses, der aber nicht kommen wollte. Mit mehr als 45 Minuten Verspätung rollte er dann ein, was meinen geplanten Doppler, es ging noch das Ligaspiel von Sporting San José vor dem Klassiker, echt schwer machte. Doch ich checkte immer wieder den Stau, studierte die Haltestellen und die besten Fußwege und bat Mikael meinen Rucksack bis ins Hostel zu nehmen. Da er zum Spiel von Saprissa mit Leuten aus dem Hostel gehen wollte, hatte er kein Interesse an dem sehr knappen Doppler mit den Öffis und nahm mir so mein Gepäck ab. Kurz vor meiner gewünschten Haltestelle bat ich den Busfahrer dann seine Kutsche an den Seitenstreifen zu fahren, damit ich mich aus dem Bus verabschieden kann, doch er machte meinen Plan nichtig. Er würde erst am Park La Sabana halten. Da wir uns noch durch einen Stau quälten, war vollkommen unklar, wann wir an der Haltestelle waren. Fußläufig waren es etwa vier Kilometer, also selbst im schnellen Schritt 40 Minuten. Bei Ankunft und Öffnen der Tür hatte ich 33 Minuten bis zum Anpfiff. Also wurde erstmal sehr schnell gelaufen, immer dem empfohlenen Weg von google maps hinterher, der mich plötzlich an der Zugtrasse der Stadtbahn entlang führte, über eine Autobahnbrücke, an der klar kein Fußgängerweg war. Doch was macht man nicht alles für einen neuen Erstligaground in Costa Rica. Also auf den Gleisen über die Autobahn balancieren, über die keine zwei Minuten später die Bahn rollte. Was ne Geschichte. Die letzten zwei Kilometer wurde mit meiner im Bus gepackten Umhängetasche mit Laptop und Jeans, um so seriös wie möglich beim zweiten Spiel von Saprissa aufzutreten, da ich mir die umgerechneten 32 Dollar Eintrittskarten sparen wollte, gesprintet. Und um 17:57 erreichte ich den Ground, als die Mannschaften gerade ihre Motivationskreise bildeten. Perfekt. Zum Selbstvertrauen tanken probierte ich auch schon hier den Presseweg, der ohne Probleme funktionierte. Ich sah schon von weitem die ausgegebenen Hardcovertickets, so dass ich auch nach dem Spiel eine kleine Mission hatte, um meine Sammlung weiter aufzustocken. Beim Drehen der kleinen Runde auf der einzig offenen Tribüne, der Innenraum wurde mir leider verwehrt, so dass ich keine schönen Bilder vom Sonnenuntergang machen konnte, fielen mir direkt zwei Hoppernasen auf, zu denen ich mich in der Halbzeit gesellte. Vorher wurde aber noch Fußball gespielt. Sporting als Tabellenneunter empfing AD San Carlos als Fünfter, dieser Klassenunterschied zeigte sich auf dem Feld aber nicht direkt. Die erste Chance hatte Sporting nach bereits fünf Minuten, allerdings spitzelte der Stümer den Ball nach schönem Zuspiel knapp am Tor vorbei. Danach beruhigte sich das Spiel und die wenigen Chancen wurden kläglich vergeben, wie ein Schuss der Gäste direkt in die Arme des Keepers nach etwa fünfzehn Minuten. Die etwa 400 Zuschauer, darunter nur zwei erkenntliche Gäste im “Estadio Ernesto Rohrmoser”, 2013 für 700 Millionen Colón eröffnet, sahen ein langweiles Spiel, in dem die Gäste mit längerer Spieldauer aber dominanter wurden und sich mehr Chancen erspielten. Auf dem Kunstrasen rutschte noch in Halbzeit eins der heimische Linksverteidiger in einen Stürmer an der rechten Strafraumgrenze aus Angreifersicht und holte sich so seine zweite Gelbe Karte ab. Der daneben positionierte Assistent winkt nicht, Schiri pfeift aber trotz schlechterer Positionierung, harte Entscheidung und wohl ein großer Eingriff in den Spielfluss. Der Freistoß wird allerdings übers Tor gezirkelt. Während der Halbzeit connecte ich mit den beiden anderen Deutschen und quatsche fast die komplette zweite Spielhälfte mit ihnen. Sehr entspannt. Auch deren Sitznachbar, ein Costa-Ricaner sprechen ich an und luchse ihm seine Eintrittskarte ab. Danke dafür! Während das Spiel in der zweiten Hälfte deutlich einseitiger war, die Gastgeber, 2016 gegründet und seit 2020 in der ersten Liga, hat das Franchise eines anderen Clubs aufgekauft und will die Jugendarbeit im Bezirk Pavas, westlich der Hauptstadt, verbessern. Nach einer Stunde lag diese Neugründung dann allerdings verdient zurück, in der 80sten fiel sogar noch das 0:2 für die Gäste, die diese wichtigen Punkte im Kampf um die Play-Offs aus der Hauptstadt entführten. Man sieht, ich hab nicht viel vom Spiel in Halbzeit zwei mitbekommen. Daher muss das so reichen. Nach dem Abpfiff verabschiedete ich mich und lief schnellen Schrittes in Richtung Hauptstraße um den nächsten Bus ins Zentrum zu bekommen. Ich wollte so schnell wie möglich am Stadion von Deportivo Saprissa sein, um meine ungeklärte Presseanfrage zu untermauern. Bei nur knapp einer Stunde Luft, aber einer Zeit an Busverkehr war ich erst planmäßig zehn Minuten vor Anpfiff am Stadion. Auch uber hatte ich sicherheitshalber schonmal offen und nachdem der Bus nicht wie laut App planmäßig abfuhr bereits meine Route bestellte. Und natürlich fährt die Linie dann um die Ecke, also wieder Storno, Bus bezahlt und abwarten. Kurz vor der Endhaltestelle raus, grob ein Kilometer durch die Stadt sprinten um den nächsten Bus ins Viertel “San Juan” zu erwischen und hoffen, dass alles klappt. Ich schaute bereits über maps ob mich ein Stau erwartete, doch die Straßen waren weder orange noch rot. Daher all good. An der vermeintlichen Bushaltestelle standen zwei Busse hintereinander, ich fragte also einen der Fahrer ob er seine Kutsche in die gewünschte Richtung lenkte und er zeigte mir mit seinem Finger nur, dass ich hereinkommen solle. Nachdem ich bezahlte tippte er auf seinem Smartphone eine Übersetzung zwischen spanisch und englisch, dass ich beim Betreten des Busses den Türbereich nicht blockieren solle und er nicht zu meine Ziel fährt, sondern der Bus zwei vor ihm. Mein Geld soll ich abhaken und er wünscht mir nen schönes Leben. In dem Sinne, Pura Vida. Hund. Schnell also wieder aus dem Bus, denn Fahrer zwei Busse vor mir fragen und beten, dass dieser schnell abfuhr. Laut Plan sollte meine gewünschte Verbindung bereits vor zwei Minuten gefahren sein, doch ich sah keinen losfahren, auch als ich auf den anderen Fahrer “hereingefallen” war. Tatsächlich fuhr mein Fahrer unabhängig von jeglichem Plan irgendwann los und brachte mich in die richtige Himmelsrichtung. An der optimalsten Haltestelle stieg ich aus, rannte die restlichen Meter zum Stadion und sah die Fans auf einer der Tribünen bereits Papptafeln in die Höhe halten. Also nichts wie rein. Der erste Security zeigte mir direkt das Presseoffice, welches allerdings geschlossen war. 20:52 Uhr, noch acht Minuten bis zum Anpfiff. Alles klopfen und rütteln brachte nichts, das Rolltor blieb zu. So bewegte er sich mit mir zu einem Seiteneingang für Rettungskräfte und bat mich kurz zu warten. Nach kurzer Zeit kam er mit einer Dame samt Liste zurück. 20:56 Uhr. Natürlich stand mein Name nicht drauf, ich erwähnte meinen Mailkontakt, nannte meinen Namen und wurde auf die Liste geschrieben. Top. Als wir den Bereich des Stadions betraten und gerade in Richtung des Pressevorbaus liefen, ertönte der Anpfiff. Drin. Pünktlich. Aber die Choreo hatte ich wohl verpasst, schade. Ich erhielt im Tausch gegen meinen Presseausweis eine Fotoweste und durfte mich in den Innenraum bewegen, sau nice. Davon geflasht tätigte ich erstmal einige Bilder von allen Tribünen, Videos der Atmosphäre und des absoluten Hasses, der den Spielern aus Alajuela hier entgegenschlug. Jeder Fehlpass wurde frenetisch gefeiert, auch bei Ballbesitz der Gäste wurde mies gepfiffen. Und zwar nicht nur vom Stimmungskern auf der Sol, der Südseite, die sich mit einem Banner als “Ultra Morada” , der Barra von Deportivo, gegründet 1995, erkennen zu geben, sondern vom ganzen Stadion. Der Rekordmeister des Landes, 1935 gegründet und nach dem Sponsor des ersten Trikotsatzes, Ricardo Saprissa, benannt, spielt seit 1949 durchgängig in der höchsten Spielklasse des Landes und konnte in dieser Zeit 31 Meistertitel erringen. Der Hauptrivale ist natürlich LDA, die wir bereits letzte Woche bei ihrem Sieg gegen Puntarenas besucht haben und auch heute wieder mutig aufspielen. Man zerstört sich den Spielaufbau im Mittelfeld, so dass Saprissa nur über Distanzschüsse und Angriffe über die Flügel gefährlich werden kann. Irgendwann pfiff der Schiedsrichter zur Halbzeit und ich verließ den Innenraum, auf die Nordseite, machte ein paar Fotos und schaute mir die grottige Halbzeitshow an. erst wurde ein Tanz von einer Gruppe vorgeführt, anschließend stürmten zwei Maskottchen das Feld, die den 50sten Geburtstag eines Sponsors feierten. Dazu wurde die Werbehymne des Sponsors von zwei Kindern Karaoke gesungen und die Zuschauer entschieden über Pfiffe oder Applaus, wer besser sag. Das Stadion pfiff dann einen kleinen Jungen aus, der den Werbesong eines Partners schlecht sang. Da muss man sich mal vorstellen, kann sich kein Mensch vorstellen. Gruß nach Hamburg. Auch am Anfang der zweiten Spielhälfte, ich befand mich mittlerweile auf einer der überdachten Tribünen an der Seitenlinie und fotografierte auch hier, gab es wenig wirkliche Großchancen. Erst ab der 70sten Minute wurde es gefährlich. Aber nur für einen Spieler von LDA, der sich bei einem Angriff veröetzte und zwar anscheinend so schwer, dass er von seinem Gegenspieler direkt in die stabile Seitenlage gebracht wurde. Sehr ehrenhaft. Das Spiel war so recht lange unterbrochen. Etwa zehn Minuten später hatten die Gäste unter den Augen von etwa 20.000 Zuschauern, darunter kein organisierter Gästeblock aber einigen Fans im rot-schwarzen Trikots des Vereins aus Alajuela, die größte Chance, doch der Stürmer setzte den Kopfball nach einer perfekten Flanke knapp neben das Tor. Dieser Angriff des Gegners löste, wie auch immer, im Stadion eine Euphorie aus, so dass die Stimmung auf einmal besser wurde. Das Spiel wurde es nicht. Erst in der Nachspielzeit kamen die beide Kontrahenten in dem 1972 eröffneten “Estadio Ricardo Saprissa Aymá” wieder gefährlich vors Tor und konnten zwei Großchancen nicht nutzen. Einmal freistehend aus acht Metern über den Kasten auf Seiten der Gäste, einmal einen vier gegen zwei Konter, der absolut schlecht zu Ende gespielt wurde auf Seite von Saprissa. Dies stellte zugleich auch den Schlusspunkt dar, bei dem man jetzt wieder eine alte DWIDS-Weißheit zitieren kann. “Derby immer X”. Ich gab nach Abpfiff noch meine Fotoweste ab, die ich gegen meine Pressekarte als Pfand erhalten hatte und versuchte dann noch Kontakt mit Einheimischen aufzubauen, um mir eine Papiereintrittskarte zu organisieren. Leider misslang das, so dass ich mich auf den WEg zum wartenden Auto von den Hostelhost begeben musste. Diese waren mit Mikael beim Spiel und boten auch mir eine Heimfahrt an. Auf dem Weg zum Auto sprach ich eine letzte Gruppe an Fans an, die mir tatsächlich ein Hardcoverticket überreichten. Mega. Vielen Dank dafür. Zufällig befanden sich im Auto auch noch zwei Schweizer Groundhopper, die ebenfalls im Hostel übernachteten, aber im Laufe der Nacht noch nach Nicaragua weiterfuhren. So connecteten wir schon während der Fahrt und quatschen noch ne Stunde im Hostel, bis ich mich ins Bett verabschiedete. Aber ich bin mir sicher, dass man sich im Laufe der Reise nochmal irgendwo trifft. Gruß nach Aarau.
Tag 58, 17.02.2024 – Affenhitze am Pazifik.
Reisetag. Aber nur so halb, denn nur für heute ging es ins zwei Stunden entfernte Puntarenas, welches einen Erstligisten beherbergt und auf einem Landarm direkt am Meer liegt. Sehr interessante Lage, muss man sich mal reinziehen. Und mittig auf diesem Landarm liegt das 1973 eröffnete “Estadio Miguel Ángel “Lito” Pérez”, benannt nach einem verstorbenen Fußballer aus der Region Puntarenas, welches heute Austragungsort für die Partie zwischen Puntarenas FC und AD Santos aus Guapilés war. Doch für uns begann der Tag morgens mit dem klassischen Frühstück in San José, ehe wir mit nur unserer Schultertasche das Hostel verließen, um uns auf den Weg zum “EUPSA”-Terminal zu machen. Unser Ziel war der 09:00 Uhr Direktbus, doch da dieser bereits voll war, erhielten wir nur Tickets für die Fahrt eine halbe Stunde später. Kein Problem, wir hatten ja Zeit. Die Fahrt lief ereignislos, so dass wir um kurz vor Zwölf aus dem Bus stiegen und erstmal von der Hitze erschlagen wurden. Was geht den hier ab. Wir hatten vor dem Sightseeing der bedeutendsten Hafenstadt an der Pazifikküste Costa Ricas noch zwei Aufträge. Erstmal lösten wir direkt am Terminal Tickets für den am nächsten Morgen fahrenden 06:00 Uhr Bus in die Hauptstadt. Warum so früh? Am Folgetag war ein Trippler mit zwei Erstligapartien in der Region um San José möglich, wobei das erste Spiel in Cartago, der alten Hauptstadt stattfand, in die auch von der größten Stadt des Landes gut eine Stunde in die entgegengesetzte Richtung brauchte. Also besser so früh wie möglich am Terminal in San José sein. Nachdem die Fahrscheine geordert und bezahlt waren, machten wir uns an Punkt zwei. Schlafplatz suchen. Ich hatte bereits im Vorfeld einige Hotels herausgesucht, mein festgelegtes Budget waren 5.000 Colón für die Nacht pro Person und direkt die erste Herberge die wir anliefen bot uns diesen Kurs für die Unterbringung. Gekauft, Zimmer bezogen und ab in die Stadt. Wobei wir zuerst am zweiten Sportplatz der Stadt vorbeilaufen wollten, da ich eine Ansetzung für ein Jugendspiel gefunden hatte. Wir hatten die kleine Hoffnung, dass danach eventuell eine Partie übers Großfeld und 90 Minuten ausgetragen werden könnte, doch wurden nach den baldigen Abpfiff des U13-Spiels enttäuscht, da die Eckfahnen und sonstiges Equipment eingepackt wurde. Auf Nachfrage wurde uns nur das Abendspiel im Stadion empfohlen, weswegen wir hier waren. Also ging es mit einem Empanada aus einem nahegelegenen Soda in der Hand jetzt wirklcih fußläufig durch die Stadt. Und naja, wirklich überzeugen kann diese nicht. Eine schöne Kirche, der Leuchtturm am anderen Ende der Stadt und eine lange Promenade mit Strand. Wir fanden noch eine Sporthalle, in der gerade Herren-Volleyball gespielt wurde. Einen Satz schauten wir an, langweilten uns aber recht schnell. Das gefiel mir beim MTV-Allianz irgendwie besser. Gruß in die Landeshauptstadt. Auf dem Rückweg zum Hotel kamen wir am Stadion vorbei, dass aufgrund der geballten Hitze auf der Landzunge auch “La Olla Mágica”, der magische Kochtopf, genannt wird. Mikael kaufte sein Ticket, welches tatsächlich ziemlich nice aussah, während ich wartete, ob ich mich nicht wieder in den Innenraum schleichen konnte. Anschließend gings für zwei Stunden in die Heia, denn die Temperaturen machten uns extrem zu schaffen. Um kurz nach Fünf verließen wir unser Zimmer wieder und gingen getrennte Wege. Ich wollte zum Sonnenuntergang an die Promenade bis zum Leuchtturm hinauf, was ein ungefähr drei Kilometer langer Fußweg war, Mikael hingegen hatte Hunger und ging dementsprechend was Essen. Wir verabredeten uns wieder am Stadion. Am Strand liefen einige Menschen umher, fliegende Verkäufer versuchten “Churchills”, eine Eiskreation, die wohl in Puntarenas entwickelt wurde, an den Mann zu bringen. Auch rollende Grillstände, Slusheis und vieles weitere gab es hier zu kaufen. Erinnerte mich vom Vibe her ein bisschen an Amador, die Landzunge in Panama-City. Am Strand fand auch allerhand Action statt, unter anderem ein kleines Feuerwerk einer Gender-Reveal-Party. Es wird ein Mädchen, Glückwunsch an der Stelle. Die Sonne ging leider hinter einigen Wolken unter, so dass das Gesamtbild nicht ganz so cool war wie gehofft, aber mit den Fischern und allgemein dem Vibe hat sich der kleine Ausflug zum Leuchtturm trotzdem gelohnt. Zurück am Stadion, welches wirklich direkt im Ortszentrum liegt und unter dessen Hintertortribünen eine miese Müllhalde aufgebaut wurde, traf ich auf Mikael, der allerdings recht zügig seinen Eingang suchte und mir berichtete, dass das schöne Papierticket, auf dem sogar die Spielpartie stand und Perforierungen für das Abtrennen eines Teils hatte, einfach eingesammelt und nicht wieder zurückgegeben wurde. Also war es gone. Das motivierte mich noch weniger für den Eintritt zu zahlen und so konnte ich dank eines netten Gesprächs mit einem Verantwortlichen den Weg auf die Haupttribüne antreten. Außerdem versprach er mir ein Ticket für meine Sammlung zu organisieren, was wirklich sehr nett war. Der Ground selber hatte auf allen vier Seiten Ausbau, die Gegengerade war allerdings bis auf die Kamerapodeste verweist. Auf beiden Hintertorseiten standen einige Personen, auch mit Fahnen und kleinen Flaggen, allerdings wurde nur auf der “Oeste”, auf der sich auch Mikael befand, supportet. Wieder ein kleines Orchester mit Drums, Trompete und Rasseln, dem es mal wieder Laune machte zuzuhören. Doch recht schnell war die Motivation bei den Anhängern des 2004 gegründeten Vereins, der aber auch wieder ein undurchsichtiges Netz an Vorgängervereinen hat, die allerdings wegen Unregelmäßigkeiten im Spielbetrieb, Insolvenzen oder anderem wieder abmelden mussten, auf dem Boden. Bereits nach acht Minuten ging der Tabellenzehnte aus Guapilés in Führung. Ein Angriff über rechts wurde recht glücklich ins Tor gestolpert. Doch dieser Vorsprung hielt nicht lang, denn nur fünf Minuten später setzte sich ein Flügelstümer der Heimelf stark über rechts durch, lies sich trotz des merhfachen Versuchs nicht foulen und kann den Ball in die Mitte bringen, wo der Stürmer die Kugel trotz Druck im Netz unterbringen kann. Und ab da entwickelte sich ein Spiel auf ein Tor, dass die Gäste nur mit extremem Zeitspiel kontern konnten und so versuchten den Spielfluss zu zerstören. Und das klappte auch ganz gut, denn in dieser Halbzeit passierte nichts mehr. Die Gäste hatte in ihren Reihen mit der Nummer 70 auch einen Spieler, der nur einen Arm hatte. Und ihn sehe ich ausgerechnet heute spielen, dem Tag, an dem die Fans meines Vereins unserer einarmigen Legende mit einer Choreo beim Spiel gegen Darmstadt gedenken. Alles Gute zum hundertsten Geburtstag Robert-Schlienz. Doch nach der Halbzeitpause entdeckte ich diesen Spieler leider nicht mehr auf dem Rasen. Dafür belohnten sich die Gastgeber für die Druckphase, die auch nach dem Seitenwechsel weiterging, gleich doppelt. Während ich auf der Haupttribüne unter den etwa 1.700 Zuschauern wieder zwei Hoppernasen entdeckte und mich zu ihnen gesellte, ging Puntarenas in der 65sten nach einem Freistoß aus dem Halbfeld, der per Kopf verwertet wurde, in Führung. Kurz vor dem Ende noch die zweite Bude, als ein weiter Abschlag durch eine Körpertäuschung perfekt antizipiert wird und der Keeper so zum Vorlagengeber gemacht wird. Volley zirkelt der Stürmer den Ball seines Hüters so aus fünfzehn Metern in die Maschen. Starkes Ding. Zusammen mit den beiden deutschsprachigen Belgiern ging es nach Abpfiff und dem Erhalt meines Papiertickets noch zum Treffpunkt mit Mikael, ehe wir über den Stopp an einem Soda, an dem ich mir wieder zwei Empanadas mit Käse bestellte, ins Bett, da der Wecker am nächsten Morgen aufgrund der frühen Busabfahrt bereits früh klingeln würde.
Tag 59, 18.02.2024 – Das Leibchen des kostenfreien Eintritts.
Um halb Sechs wachten wir in dem viel zu warmen Zimmer auf. Auch der Ventilator konnte da keine Abhilfe schaffen aber egal, Sachen zusammenräumen und ab zum zehn Minuten Fußweg entfernten Busterminal. Der Besitzer des Hotels schloss die Eingangstüre auf, nahm den Zimmerschlüssel entgegen und wir konnten das Gebäude verlassen. Auf den menschenleeren Straßen, lediglich zwei Obdachlose fragten uns nach Geld, ging es zum Abfahrtsort des Busses, der schon mit offener Türe, aber ohne Fahrer bereitstand. Erst zwei Minuten vor Abfahrt begann der zuständige Ticketsupervisor mit dem Boarding, so dass wir leicht verspätet von der Pazifikküste in die Hauptstadt rollten. Sollte aber halb so schlimm sein, denn aufgrund der Uhrzeit gab es nahezu keinen Verkehr. Bereits um kurz vor Acht standen wir so an unserer Haltestelle am “Crown Plaza”, die nur einige Meter von unserem Hostel, in dem wir unser Gepäck über die Acht gelagert hatten, entfernt lag. Also marschierten wir da um Achte ein, machten uns frisch und gingen dann weiter in die Innenstadt zum nächsten neuen Terminal. Und zwar das mit den Bussen nach Cartago. Zu dieser Stadt komm ich in der nächsten Woche genauer. Für heute stand lediglich der Halt am Stadion mit dem Spiel gegen Liberia auf dem Plan, anschließend sollte es zwei weitere Spiele in der Stadt des heiligen Josefs geben, daher ließ die Zeit kein Sightseeing zu. Mit Ankunft nach gut einer Stunde in Cartago ging es zuerst eine Runde ums “Estadio José Rafael “Fello” Meza”, welches ursprünglich 1947 eröffnet wurde, aber seitdem zwei Mal erneuert wurde. 1973 und 2016, wobei die letzte Renovierung nur die Flutlichtanlage und Kabinen beinhaltete. Benannt ist es nach dem ersten Torschützen im Ground. Top Idee. Es ist das von der Kapazität viertgrößte Stadion Costa Ricas, denn über 13.000 Zuschauer können sich hier die Heimspiele von CS Cartagines, 1906 gegründet und damit der älteste Profiverein des Landes, anschauen. Nachdem wir feststellten, dass es keine Papiertickets sondern nur Quittungsbons als EIntrittskarten gab und wir die Runde um den Aussenbereich beendeten, gingen wir in einem Eckcafé etwas frühstücken und versuchten dann über den Presseweg wieder in den Innenbereich zu gelangen. Mikael ging die Prozedur zu lange, so dass er sich das günstigste Ticket kaufte, sich aber auf die überdachte Haupttribüne mogelte, die gleichzeitig die Einzige mit Dach war und daher einen guten Schutz vor der knallenden Sonne bot. Für mich gabs mal wieder ein Fotoleibchen und so konnte ich den Innenraum des ehrwürdigen Stadions betreten. Ich machte vor dem Anstoß bereits einige Bilder mit der Kamera meines finnischen Begleiters, darunter von den gut 100 Gästefans, die sich auf zwei Tribünen verteilten. Ein Teil saß im hintersten Eck der Haupttribüne, der andere Teil stand auf der danebenliegenden Hintertorseite. Diese fotografierte ich unter großem Jubel der Protagonisten. Die feiern es extrem, wenn man sie ablichtet und bitten sogar darum. Nach getaner Momentaufnahme zeigte ich den Daumen und bekam Applaus. What. the. Fuck. Die organsierten Heimfans versammelten sich auf der Gegengerade, darunter auch zwei Gruppen mit großen Zaunfahnen, die sie über sich aufhängten. “Fuerza Azul” und “Halana del sur” stand darauf geschrieben, mit Trommeln, Rasseln, Glocken und etwas Gesang machten sie auf sich aufmerksam. Zu unserem Vorteil, denn der Zeitabstand zum zweiten Spiel war recht dünn, wurde verfrüht angepfiffen. Allerdings war die erste Halbzeit wirklich langweilig, beide Teams behinderten sich durchgängig im Spielaufbau, so dass es kaum Offensivaktionen gab. Und wenn, dann waren die der Heimelf etwas gefährlicher. Trotzdem waren die Heimfans beim Spiel des Sechsten gegen den Achten unzufrieden, denn die Buchmacher sahen die Favoritenrolle ganz klar beim Gastgeber. In der Halbzeit setzte ich mich zu Mikael auf die Tribüne und wir schauten uns das Halbzeitspiel an, dass diesmal daraus bestand sich einige Male um einen Kegel zu drehen und dann einen Elfer aufs Tor zu schießen, in dem das Maskottchen stand. Beim zweiten Elfer haute sich ein Kind so deftig auf die Fresse, dass das Tierchen die Sanis auf den Platz rufen musste und diese das Kind mit abgebundenem Arm abtransportieren mussten. Mit Blaulicht gings ausm Stadion. Auch das Maskottchen verlies den Platz. Auf einem Clownsfahrrad. Über den Rasenplatz, auf dem wenige Minuten später wieder Erstligafußball gespielt wurde. Einfach wow. Doch dann ging der Fußball weiter. Etwas überraschend gingen die Gäste in der 50sten nach einem Freistoß aus der eigenen Hälfte, von dem aus der Angriff schön aufgebaut und mit einem Pass in die Zentrale und dem Einschub am zweiten Pfosten trotz Manndeckung perfekt vollendet wurde. Cartagines, Meister des Jahres 2022 nach mehr als 80 Jahren ohne diesen Titel, fing dann an offensiver zu spielen und war entsprechend anfällig für Konter. Die Zuschauer gingen während der Spieldauer komplett mit. Sowohl in die negative Richtung was Pfiffe und Rufe anging, aber auch Klatscheinlagen nach guten Angriffen oder längeren Passstapheten. Allgemein sehr launisch. In der Nachspielzeit erlebten wir dann fast noch die Erlösung, doch der Schuss aufs nahezu freie Tor wurde im letzten Moment noch geblockt. So lohnte sich das Verteidigen mit Mann und Maus für die Gäste und sie konnte die drei Punkte aus der alten Hauptstadt entführen. Apropos entführen, da das heutige Abendspiel von Herediano 8.000 Colón Eintritt kostete und ich auf meine Anfrage keine Antwort erhielt, entschied ich mich mein Fotoshirt des Ligaverbands einzupacken und dort zu nutzen um mich so eventuell ins Stadion zu mogeln. Da ich kein Pfand hinterlegt hatte und sie meinen Namen falsch aufgeschrieben hatten, fühlte ich mich sicher und war von dieser Idee wirklich begeistert. Fuchs musste sein. Recht zügig verließen wir das Stadion über den Haupteingang und machten uns auf den Weg zum Busterminal nach San José. Insgesamt gibt es drei Linien in die Hauptstadt, eine Direktverbindung, eine über Curridabat und eine über San Pedro. Wir benötigten die letzte und waren recht froh, dass diese auch schon mit einem nahezu vollen Bus bereitstand. Auch wenn die App erst eine Abfahrt in zwanzig Minuten anzeigte, fuhr der Kutscher nach nur wenigen Augenblicken los. Zwar hielt er an jeder Milchkanne, aber wir hatten nach unserem Ausstieg in der Nähe der Universität, auf dessen Gelände zumindest nach meiner Recherche, die Drittligapartie von “UCR”, einem ehemaligen Erstligisten, stattfinden sollte. Wir hatten sogar noch genug Zeit für einen Supermarktbesuch und den Kauf von Kaltgetränken, ehe es eine Viertelstunde durchs Viertel zum Kunstrasen ging. Zwar waren einige Wege über das Grundstück der Uni abgesperrt, aber irgendwie fanden wir den Sportplatz dann doch. Etwas verwundert waren wir über das junge Alter der Spieler beider Teams, ehe wir herausfanden, dass hier die jeweiligen U19 sich duellierten. Scheiß egal, Spiel ist Spiel. Die kleine Tribüne mit Dach machte sich gut in der Sammlung, ausserdem befanden sich neben dieser noch beidseitig drei Stufen. Besser als viele Plätze in meiner Heimatregion. Im Hintergrund des Platzes beobachteten wir während der Spieldauer einige dunkle Wolken und Blitze, dementsprechend war wohl ein Gewitter im Anmarsch beziehungsweise über der Stadt. Das Spiel stellte sich als extrem spannend heraus, wobei ich hier jetzt nicht detailliert auf den Verlauf eingehe. Aufgrund des dritten Spiels wird der Tagesbericht schon wieder viel zu lange. Die beiden Teams trennten sich nach intensiven 90 Minuten mit 3:3, darunter ein schönes Freistoßtor zum Ausgleich. In der Halbzeit spottete ich noch das alte Stadion des Erstligateams, welches aber leider nicht zugänglich war. Mit dem Abpfiff bestellten wir uns einen uber in den Ort “Santa Barbara”, in dem die Partie zwischen CS Herediano und AD Guanacasteca stattfand. Das Stadion von Heredia, in dem der Gastgeber normalerweise seine Heimspiele austrägt, wird zur Zeit aufgrund der sehr erfolgreichen Phase des Vereins umgebaut. Der Fahrer des ubers war ziemlich entspannt, Pura Vida, aber hing die ganze Zeit am Handy und textete auf WhatsApp, so dass ich ihn sogar einmal vor einem vor uns liegenden Stau warnen musste, in den wir sonst wohl aufgefahren wären. Stabil. Mit der Ankunft im Ort suchten wir uns ein Restaurant aus, in dem ich mir Kochbanane und Empanadas bestellte, während Mikael vier Tacos verdrückte. Mit gut einer viertelstunde Stunde Puffer zum Anstoß kamen wir am Stadion an, aus dem schon gute Stimmung nach aussen drängte. Mikael suchte das Ticketoffice, während ich mir das Leibchen überstülpte und ohne Kontrolle oder Abgleich mit einer Liste durch das Pressetürchen direkt in den Innenraum stolperte. Grandios. Wie einfach es manchmal sein kann. Und ich wurde überrascht, sowohl eine Gegengerade als auch eine Hintertorseite waren komplett gefüllt. Die Haupttribüne, die maximal 100 Zuschauer beherbergen kann, war ebenfalls voll. Dementsprechend kam von Mikael, nachdem ich ihm noch Geld zum Ticketkauf zugesteckt hatte, die Nachricht “Spiel ausverkauft”. Ich versuchte ihn noch irgendwie zu motivieren, Schwarzmarkthändler zu suchen, doch er wollte lieber direkt mit dem uber ins Hostel und war gefrustet. Naja, seine Entscheidung. Auf der Hintertorseite flaggte eine Gruppe, bestehend aus etwa 70 Supportenden an, “Los Garrenos”, die wieder mit den klassischen Mitteln, Trommel, Trompete, Rasseln und Gesang für echt gute Stimmung sorgten. Die Fans des Traditionsvereins, 1921 gegründet und 29 Mal Costa Ricanischer Meister, dazu ein Logo wie von einem billigen Handyfußballgame kreiirt, überraschten mich komplett. Ich rechnete nicht mit dieser Lautstärke und Supportkraft. Die Barra stand auf der Hintertorseite leicht links versetzt, und hatte über sich einige Stoffstreifen in Vereinsfarben und auch als Costa-Rica Fahne gespannt. Allgemein war man nur in gelb und rot gekleidet, was ein cooles einheitliches Bild abgab. Und auch die Mannschaft, trotz zwei Spielen weniger Tabellenführer, legte los wie die Feuerwehr. Innerhalb der ersten zehn Minuten zwei Großchancen, während ich versuchte in der Masse der Fotografen am Seitenrand nicht aufzufallen. Die Gäste aus Nicoya kamen erst nach einer Viertelstunde durch einen Konter das erste Mal vors Tor, konnten daraus aber auch nichts erreichen. Auf dem Kunstrasen drängen die Gastgeber auf die verdiente Führung, nach mehreren Kurzpässen im Strafraum gab es nach einer halben Stunde eine weitere Großchance, doch der Keeper von Guanacasteca parierte grandios zur Ecke. Die im Volksmund nun wichtigste Statistik, “xG”, war sicher bei 3,X zu 0,2. Um den Angriffsdrang und auch die bei Vorwärtsbewegungen laute und gute Stimmung der Heimfans zu unterbrechen, spielten die Gäste schon im Laufe der ersten Halbzeit absurd auf Zeit und verursachten kleine Fouls im Mittelfeld. Kurz vor dem Ende der ersten Spielhälfte kann sich der Gast nochmal entlasten und kommt nach einem Abschluss zu einer Ecke, die vollkommen überraschend eingeköpft wird. So eine unverdiente Pausenführung habe ich lang nicht mehr erlebt. Gerade von der Gegengerade bekommen die Gäste viel Hass ab, auch schon vor dem Tor aber nun besonders. Dementsprechend froh waren sie, als zum Pausentee gepfiffen wurde. Das versprach aber viel Feuer für den zweiten Teil des Spiels. Diesmal gab es in der Halbzeit aber im Gegensatz zu den letzten Tagen etwas sinnvolles. Es wurden Chips in die Ränge geworfen und verteilt. Das macht den Zuschauer glücklich und gute Promo für den Hersteller ist es auch. Was die Zuschauer auch glücklich machte war das 1:1 in der 55sten, ein Schuss landete für den Keeper unhaltbar im Eck, was eine Gefühlesexplosion bei den Anhängern auslöste. Starke Szenen. Der Ball wurde direkt aus dem Tor geholt und so das Zeichen für einen Dreher gegeben. Doch die nächsten Angriffe wurden allesamt vergeben beziehungsweise zurückgenommen. Ein Pfostenschuss wurde abgestaubt, allerdings aus dem Abseits. Doch auch nach dieser Aktion wurden die Fans nochmal lauter und pushten ihre Mannschaft. Da Herediano nun sehr offensiv stand konnten sich die Gäste bei Entlastungsangriffen die Räume zum bespielen förmlich aussuchen und kamen so zu Chancen, die sie allerdings nicht nutzen sondern lieber zur Eckfahne rannten oder Einwürfe rausholten, mit denen sie wieder Zeit schinden konnten. Ab der Anzeige der siebenminütigen Nachspielzeit wurde dann aber nur noch der Bus geparkt und die eigene Hälfte nicht mehr verlassen. Eine Doppelchance für die Gastgeber in der zweiten Minute muss die Führung sein, aber den ersten Schuss parierte der Keeper wieder weltklasse und der Nachschuss landete neben dem Tor. Verzweiflung machte sich breit. Auch auf der Bank von Guanacasteca. Nach einem lauten Wortgefecht sieht einer der dort befindlichen Personen die rote Karte, was den Rest aber nicht davon abhielt weiter zu motzen. So zeigte der Schiedsricher nach Ablauf der sieben Minuten noch eine weitere Minute an, in der natürlich das passierte, was passieren musste. Angriff Herediano, allerdings zu ungenau an den zweiten Pfosten gespielt, Stürmer dreht sich mit dem Ball vom Tor weg und wird berührt. Fällt hin, Elfmeter. Ob dieser berechtigt war dürfen andere entscheiden. Für mich war es das Beste was hätte passieren können. Elfmeter in der letzten Spielminute auf die Fankurve. Ich habe noch nie so ein Geplänkel mit Ballwegschießen, Spieler verwirren, Schiedsricher angehen, den Ball vom Elfmeterpunkt leicht wegrollen lassen und so weiter gesehen. Ganze fünf Minuten dauerte es, bis der Schütze endlich zum Elfmeter antreten konnte und diesen unter großem Jubel auch verwandelte. Was eine Lautstärke anschließend. Hier zu stehen fühlte sich unreal an, aber war Teil des Erlebenisses. Danke dafür. Eventuell hat sich der Gastgeber so extrem viele Sympatiepunkte geholt, wobei ich datzu nochmal die Geschichte des Vereins recherchieren müsste. Aber wenn der Umbau des alten Stadions fertig ist, sehe ich mich definitiv nochmal bei einem Heimspiel des Champions Cup Teilnehmers, der in der letzten Runde den mexikansichen Vertreter aus Toluca nach Hin- und Rückspiel bezwingen konnte. Nach dem vollkommen verdienten Führungstreffer trotteten die Spieler nochmal zum Anstoßpunkt, brachten die letzten 30 Sekunden über die Zeit und feierten anschließend den Heimsieg, während die Gäste unmittelbar nach dem Pfiff das Schiedsrichtergespann angingen. Dieses musste mit mehreren Securitys in die Kabine gebracht werden. Auf dem Weg zum Bus nach Heredia, von wo ich dann nach San José fahren wollte, ergatterte ich noch ein Papierticket, welches meine Sammlung definitiv besser macht. Nach der Fahrt ins Zentrum von Heredia erwischte ich einen sofort abfahrenden Bus zum “Crown Plaza”, so dass ich noch vor 22:00 Uhr wieder im Hostel war und Mikael meine Videos zeigen konnte, die er unbedingt sehen wollte. Recht zügig gingen wir aber ins Bett, da am nächsten Tag der Tradition nach wieder ein Geburtstagsspiel stattfinden musste. Teilnehmer der Touren werden sich erinnern.
Bilder:
Spiel AD Carmelita Sightseeing Quepos / Playa Macha Strandwanderung Manuel Antonio Manuel Antonio Beach Nauyaca Wasserfälle Spiel in Quepos Nationalpark Manuel Antonio Spiel Sporting San José FC Spiel Deportivo Saprissa Sightseeing Puntarenas Spiel Puntarenas FC Spiel CS Cartaginés Spiel Universidad de Costa Rica (U19) Spiel CS Herediano (1/2) Spiel CS Herediano (2/2)
Unglaubliche Erlebnisse und Bilder auf dem Spielfeldrand!
Absolut! Nichts davon will ich missen.