Tag 11, 01.01.2024 – Der Himmel weint.
Der Neujahrsmorgen startete wie erwartet spät, aber so spät? Genächtigt habe ich auf der Couch der Stuttgarter Zweckgemeinschaft, und das bis kurz nach Eins. In der Zwischenzeit war David schon mit seinem Flixer in Liverpool und andere der Gruppe in Londons Innenstadt bummeln. Für mich ging es hingegen nach dem Frühstück beim Supermarkt fußläufig in den Londoner Stadtteil “Sheperd’s Bush”, rund um die “Loftus Road”, dem 1904 erbauten Stadion der Queens Park Rangers. Auch am Neujahrstag wird in UK traditionell gespielt, was mir und den anderen Fußballinteressierten in der Gruppe natürlich sehr gefiel. Ein Teil entschied sich aber für Charlton Athletic, die ich aber bereits vor einigen Jahren besucht habe. Christoph von Passion&Football, dessen Klamottenmarke ich auch ohne etwas dafür zu erhalten nur empfehlen kann, seine Begleitung und ich trafen uns um kurz nach vierzehn Uhr vor der neugebauten Haupttribüne. Ich wurde beim Warten von einer Gruppe Australierinnen angequatscht und gefragt, welche Teams hier spielen und für was bestimmte Abkürzungen stehen würden. War ne ganz witzige Konversation, aber die Kontaktdaten für meinen in der Zukunft anstehenden Besuch auf dem Kontinent habe ich vergessen zu erfragen. Machste nix. Mit den mittlerweile angekommenen Begleitern aus Berlin ging es einmal ums Stadion, um schonmal einen Blick auf den Ground zu bekommen, der sich mitten in einem Wohngebiet befindet. Mein Eingang war, nach tatsächlich längerer Suche, neben dem Gästeeingang. Aber der Block, in dem sich meine Karte befand war nicht angeschrieben. Danke Merkel. Für die beiden anderen ging es auf die Tribüne, vor der wir uns getroffen haben. Mit der Befürchtung, dass mein eTicket aufgrund der letztwöchigen Geschichte in Brighton bzw. Millwall gesperrt sei und ich auch wieder auf mein zehn Pfund Kinderticket aufzahlen dürfe, ging ich etwas pessimistisch an das Drehkreuz, doch alles leuchtete grün und ich war drin. Stark. Da es noch etwas mehr als 30 Minuten bis zum Anpfiff der Championship Partie gegen die walisische Mannschaft aus Cardiff war, knipste ich einige Bilder und hielt nach Papiertickets Ausschau, die ich noch immer, wenn möglich, gerne sammel. Beim Einlaufen der Mannschaften war meine Suche noch nicht von Erfolg gekrönt, aber manchmal öffnen sich auch später noch Türen. Ich machte es mir auf der alten einstöckigen Gegentribüne mittig in Reihe fünf bequem, mein eigentliches Ticket war eher im Eckbereich, aber solange niemand kommt, juckt das nicht. War eh genug frei. Trotzdem verkündeten die im Abstiegskampf steckenden Londoner eine Zuschauerzahl von knapp über 16.000, was ich als sehr gewagt empfand. Aber egal. Die im Stadion befindlichen Fußballinteressierten sahen einen sehr guten Start der Gäste. Bereits nach einer Viertelstunde stellten sie auf 0:1, sehr zur Freude des tatsächlich zahlreich angereisten Mobs, der es sich vor allem im Oberrang der Hintertortribüne gemütlich gemacht hat. Laut und mit allerhand Varianz supporteten die Lads ihr Team, stänkerten gegen die Heimmannschaft und machten sich auch über die Engländer als Allgemeines lustig. Sicher mehr als fünf Mal wurde “It’s coming home” angestimmt. Eventuell eine Anspielung auf die EM 2021, als man das Heimfinale gegen Italien verlor. Zumindest fand ich das am Plausibelsten und tatsächlich auch am Lustigsten. Kurz nach dem Seitenwechsel kamen die 1882 gegründeten Rangers zum Ausgleich und es wurde auf den Rängen richtig laut. Für eine kurze Zeit gab es von beiden Seiten Support, legte sich aber vom Heimanhang schnell wieder. Sehr schade, da man dann merkte, welches Potential vorhanden war. Auf dem “Ellersie Road Stand”, auf dem ich mich befand. hatten die “Super Hoops”, wie QPR aufgrund der gestreiften Trikots genannt wird, einen kleinen Teil auf Safe Standing Plätze umgebaut, so dass sich dort einige supportorientierte Anhänger einfanden. Anscheinend hatten diese, so Christoph, vor Anpfiff ein kleines Intro gezeigt, was mir aber verborgen blieb. So zeigten sie sich durch diese akustische Einlage nach dem Ausgleich das einzige Mal mir gegenüber. Die im Mittelfeld der Tabelle stehenden Gäste zogen nach dem Ausgleich aber wieder an und kamen eine Viertelstunde vor dem Ende wieder in Führung. Der Gästeblock, der tatsächlich durchgängig supportete, war in vollkommener Ekstase und zeigte wieder einmal, dass Support in England durchaus eine Zukunft hat, wenn die Vereine mitziehen wollen. Als ich vor vier Jahren allerdings in Wales bei Cardiff City FC, 1899 gegründet, im Derby gegen Swansea zu Gast war, stellte ich auch keinen Support fest. Dieses Phänomen des Gästesupports musste ich auch zwei Franken, die im Rücken von mir ihren Länderpunkt machten, erklären. Bis zum Ende der Partie drückten nun die Gastgeber nochmal auf den Ausgleich, der einen sehr wichtigen Punkt im Abstiegskampf bedeutet hätte, aber waren damit nicht erfolgreich. Eine letzte Flanke nach einem Freistoß wurde vom Keeper der Gäste abgefangen und dann ertönte der von den Walisern sehnlichst erwartete Pfiff des Referees. Die Jubelszenen der Gäste schaute ich mir noch länger an, da ich auch keine Lust hatte, meinen Safe Space auf der Tribüne zu verlassen. Draußen regnete es während des Spiels wie aus Eimern, und auch jetzt tröpfelte es noch nach. Irgendwann musste jedoch der Treffpunkt mit den Berlinern eingehalten werden, denn mit ihnen ging es noch nach Campden Town, um auf den Rest der Reisegruppe zu treffen, die von Charlton kamen. Ein Papierticket organisierte ich mir nach einem kleinen netten Gespräch mit einer Oma und ihrem Enkel auf dem Weg auch noch, so dass ich vollkommen zufrieden wieder zu Christoph und seiner Begleitung stieß. Zu Fuß ging es zur Metrostation “White City” und von dort mit Umstieg nach Campden. Direkt am Ausgang fanden wir den Pub “The Worlds End”, in dem wir den letzten gemeinsamen Abend ausklingen lassen wollten. Essen und Trinken war okay, aber nichts besonderes. Lediglich die vegane Nugget Alternative, die aus frittiertem Blumenkohl mit diversen Dips bestand, fand bei der Gruppe großen Anklang. Nachdem sich die Berliner von diesem Abend verabschiedet hatten, da ihr Flug am nächsten Morgen ging, leerten auch die verbliebenen Stuttgarter die Getränke und verhandelten einen weiteren Pubbesuch in der Gegend ihrer Unterkunft aus. Dank geht an die Begleitungen, die dem zustimmten, wenn auch etwas widerwillig. Mit dem uber ging es dann recht schnell wieder zu meinem Rucksack, der noch immer in der Unterkunft stand, und von dort in voller Gruppenstärke in die nächste Lokalität. Es liefen zeitgleich Liverpool, zu dessen Spiel es der der Heilbronner dank des Schwarzmarkts tatsächlich geschafft hat, und Darts. Außerdem gab es auch mehr als genug zu Reden, da dies nun wirklich der letzte Pub vor meinem Aufbruch war. Die erste Runde ging auf mich, in der Hoffnung meine ganzen Pfund und Pens loszuwerden. Der Barkeeper rief für die fünf Getränke 23,20 GBP auf, mit Durchzählen von allem im Geldbeutel befindlichen, kam ich auf 23,15 GBP. Stark. Mit einem Lächeln nahm der Wirt die Scheine und Münzen entgegen und winkte ab. Mal wieder den Freeezy gemacht, diesmal aber ohne Absicht. Thanks a lot! Der Abend klang gut aus und um kurz nach 23 Uhr wurden wir, nachdem das Glockenklingeln der letzten Runde bereits lange verklungen ist, freundlich gebeten, den Laden zu verlassen. Vor der Tür gab es dann lange Umarmungen und auch der Himmel weinte. Zumindest wurde es so von jemandem gedeutet. Cringe. Aber ich werde euch in den kommenden Monaten vermissen, vielleicht schafft ihr es aber in ein Flugzeug zu steigen und mich zu besuchen! Nachdem sich die Wege getrennt hatten, lief ich die guten zwölf Kilometer durch Londons Innenstadt, da mein Bus zum Airport um halb Zwei die Liverpool Street verlassen würde. Beziehungsweise ab dann konnte ich die Busse nutzen. Über Ryanair habe ich mir ein Ticket für die Einzelfahrt gezogen, da diese mit neun Pfund deutlich günstiger ist, als sie direkt bei National Express zu holen. Dem Kontrolleur am Einstieg fiel allerdings nicht auf, dass ich die Fahrt andersherum gebucht hatte. Dies bereitete mir im Vorhinein etwas Sorgen, im Nachhinein werde ich dieses Ticket bei künftigen Landungen in Stansted so lange vorzeigen, bis es auffällt.
Tag 12, 02.01.2024 – Das Mestalla steht noch?!
Von Stansted ging es am frühen Morgen nach Valencia, um 9e öffneten sich die Flugzeugtüren in Südspanien. Heute stand, neben ordentlich Sightseeing in der für mich drittschönsten spanischen Stadt, auch das kleine Derby zwischen Valencia CF und Villarreal CF auf dem Plan. Tickets wurden bereits im Vorfeld für, mit Gebühren, 27 EUR und nen paar Zerquetschten gesichert, was für LaLiga absolut in Ordnung geht. Für mein erstes Spiel im 1923 erbauten, für seine steilen Ränge bekannten, Estadio Mestalla habe ich knapp dreistellig für eine Champions League Partie gegen Ajax Amsterdam hingelegt. Daher war dieser Revisit, auch wenn diese Bude immer einen Revisit wert ist, absolut vertretbar. Zu Fuß ging es vom Airport in Richtung Stadtzentrum, jedoch nicht ohne einen Stop an einem Supermarkt zu machen und sich erstmal mit drei Baguettes, ordentlich Belag und genug Wasser auszustatten. Die Mahlzeit wurde noch vor Ort präpariert und beim Laufen verzehrt. Nach gut zehn Kilometern befand ich mich im Herzen von Valencia und ließ mich auf Höhe des Busbahnhofs im Park “Turiá” nieder, der sich im ausgetrockneten Flussbett des gleichnamigen Flusses um die Stadt befindet. Dort wartete ich die restliche Zeit auf David und erledigte die offenen Orgapunkte. David flog über Liverpool nach Alicante, um von dort mit dem Bus nach Valencia zu fahren. Deshalb hatte ich einigermaßen Zeit und war happy nicht alleine zu sein. Ihm zuliebe fiel auch dieser Revisit, auch wenn man, wie oben bereits erwähnt, das Mestalla nicht oft genug besuchen kann. Gegen vierzehn Uhr schlappte der Unterländer dann an und ließ mich die letzten Zeiles des Berichts auf Fehler überprüfen und hochladen. Zusammen ging es dann nochmal zum Busbahnhof, denn wir wollten den Fehler aus Brighton nicht wiederholen und schlossen unsere Rucksäcke lieber sicher ein. Die kurze Nachfrage, ob der Busbahnhof die ganze Nacht offen sei wurde bejaht, so dass wir die Drei Euro, beziehungsweise Vier, da der Automat einen einfach schluckte, Mietgebühren einwarfen. Nur noch mit einer Umhängetasche bewaffnet ging es so fußläufig zu allen sehenswerten Punkten. Das Ambiente in den mediterranen spanischen Städten ist einfach besonders, hier kommt schon nach wenigen Stunden absolutes Urlaubsfeeling auf, gerade wenn man an Orangenbäumen, Palmen und alten Kirchen in der Innenstadt vorbeiläuft. Über genau die ging es zur “Ciutat de les Arts i les Ciències”, einem 1998 neumodisch gebauten Gebäudekomplex, der für mich zu den schönsten Parkanlagen gehört. Für einen in Architektur Interessierten muss es sich hier anfühlen, wie für mich ein Besuch bei Radnicki Nis. Nach genug Fotos von den Gebäuden widmeten wir uns dem Sonnenuntergang, der von Minute zu Minute besser wurde. Der Himmel, so hatte es den Anschein, wollte zeigen was er kann und wurde roter und roter. Gerade mit der Kulisse der Gebäude, unter anderem ein 3D-Kino, einer Oper, dem größten Aquarium Europas mit Delfinarium und einem Museum, wirkte der Niedergang der Sonne nochmal wuchtiger. Stark.
Nach diesem Naturschauspiel machten wir uns fußläufig zum Strand, entdeckten dabei einen Jahrmarkt, den wir auch einmal durchquerten. Der Versuchung nach gebrannten Mandeln oder Churros konnten wir standhalten und entschieden uns den kleinen Hunger später zu stillen. Am Strand schlenderten wir die Promenade entlang und entdeckten ein kleines Restaurant, in dem wir vor Zwei Jahren frühstückten, als wir auf dem Weg von Andorra nach Gibraltar hier Halt machten um Levante zu kreuzen. Nachträglicher Gruß geht hier in die Frankfurter Ecke, danke René! Mittlerweile waren es noch gut zwei Stunden bis zum Kickoff der anvisierten Partie, bei 21:30 Uhr Ortszeit Anpfiff zieht sich die Zeit schon ganz schön. Auch der Magen meldete sich nun stärker, so dass wir an Zwei ToGo-Läden hielten und ihn füllten. Auch ein Supermarkt wurde aufgesucht, um das mittlerweile für Tourabschlüsse obligatorische Eis zu kaufen. Da wir von einem weiteren Bekannten in der Stadt mitbekamen, glühte kurz die Leitung und ein Treffpunkt mit dem Sozialarbeiter samt Anhang wurde ausgemacht und auch ihnen etwas Eis spendiert. Gemeinsam mit den beiden, die im selben Block Tickets hatten wie wir, erklimmten wir nach der Kontrolle die Aufgänge. Leichtes San Siro Feeling, ehe beim erstmöglichen Blockeingang der Blick in den Ground gewagt wurde. Hat definitiv was! Schade, dass auch diese Schüssel auf lange Sicht dem Erdboden gleichgemacht wird. Die Stadt Valencia plant bereits seit Jahrzehnten mit dem Areal, auf dem das Mestalla steht, doch der ansässige CF bekommt es nicht geschissen, einen Neubau hochzuziehen. Die erste Genehmigung wurde 2004 ausgestellt, seit 2007 wird am Stadtrand das Nou Mestalla errichtet. Mangels Geld wurde die Eröffnung, erstmals für 2010 angepeilt, nun aber mehrfach verschoben. Teilweise wurde jahrelang nicht weitergebaut. Die Eröffnung ist nun für 2025 geplant. Mal sehen was wird. Was wird. Was auf jeden Fall wurde, ist geknipst. Und zwar ordentlich, Bilder en mas, vom Stadion, von uns, Selfies, Panormas, einfach alles. Vor dem Spiel, beim Spiel, nachm Spiel. Es soll sich ja gelohnt haben. Für den Kick bezogen David und ich zuerst Plätze in der letzten Reihe hinterm Tor und sahen, wie die “Blanquinegros”, valencianisch für “ Die Schwarzweißen”, als Anlehnung an das farblich immer gleiche Heimoutfit, los legten wie die Feuerwehr. Der Champions League Finalist von 2001, letztes Jahr nur enttäuschender Sechzehnter der La Liga, lag nach nur vier Minuten bereits in Front. Dem Eigentümer des Vereins, Peter Lim, ein singapurischer Geschäftsmann, der nach Meinung der Fans für den Niedergang des Vereins verantwortlich ist, wurde in der 19ten Spielminute gedacht, in dem es im ganzen Stadion “Lim go home” Sprechchöre und Banner gab. Die Banner hingen aber teilweise das ganze Spiel über. Nach 25 gespielten Minuten konnte der spanische Pokasieger von 2019 mit einem Elfmetertreffer die Führung noch in Halbzeit eins ausbauen. Fußballerisch spielte man den Rivalen aus der 60 Kilometer entfernten Nachbarprovinz an die Wand. Die 1923 gegründeten Gäste, in der Coronasaison Gewinner der Europa League, stecken irgendwo im Tabellenmittelfeld und müssen froh sein, nicht in den Abstiegskampf verwickelt zu werden. Nur Vier Punkte betrug der Abstand auf den ersten Absteiger. Aber man spielte auch nicht so, als ob man die Wichtigkeit dieser Partie auf dem Schirm hatte. Nach ungefähr einer gespielten Stunde konnte Valencia, tabellarisch auch im Mittelfeld, allerdings mit Vier Punkten mehr, noch das 3:0 nachlegen. Den Anschluss durch die Gäste, den die mitgereisten maximal 100 Anhänger auf der uns gegenüberliegenden Tribüne, erlebten, brachte kaum mehr Feuer in die Partie. Der Heimsupport, der uns in der ersten Hälfte nicht aufgefallen war, wurde gegen Ende der Partie recht ordentlich, auch wenn die knapp 500 supportenden Frauen und Männer in der Masse des Stadions untergingen. Aber zumindest versuchte man es. Den Sitzplatzwechsel, den David und ich in der Halbzeit unternahmen, war nicht nur aus dem Aspekt gut, sondern wir befanden uns jetzt auch näher an den beiden Sozialarbeitern und konnten so nach dem Spiel noch ein Bierchen gemeinsam konsumieren, denn es wurde von einem der beiden ein neuer Länderpunkt gefeiert. Herzlichen Glückwunsch dazu! Nach dem Abpfiff der Partie ging es also gemeinsam zum Busbahnhof, von dem der Heilbronner und ich noch in der Nacht weiterfuhren, und bedienten uns auf dem Weg im Kühlschrank eines Pizzabäckers. Der Zugang zum Schließfach klappte ohne Probleme und auch die Verabschiedung von den anderen aus der Heimat, die hier nächtigten, ging etwas länger als üblich. Für David und mich ging es nun nach Alicante, von wo aus ich weiter in den Nordwesten Spaniens flog, für David führte der Weg über Alicante zurück in die Heimat. Die Busfahrt verschlief ich komplett, auch den Ausstieg hätte ich ohne den Unterländer wohl verpasst.
Tag 13, 03.01.2024 – Offene Tore sind zum Passieren gedacht.
Wie startet man also am Besten um Drei Uhr nachts nach der Busankunft, wenn man vollkommen schlaftrunken aus dem Bus stolpert? Genau. Man gibt Vollgas auf dem Fußmarsch zum Airport, denn die ersten Linienbusse aus der Innenstadt fahren erst um Sechse, mein Flieger soll aber schon um 05:55 Uhr auf die Startbahn rollen. Die gut zweieinhalb Stunden Fußweg waren dafür schon sehr knapp kalkuliert, zumal unser Bus aus Valencia auch zehn Minuten Verspätung eingefahren hat. Also kurz schütteln, Navi an und ab dafür. Die erste Ankunftszeit, die Maps verlauten ließ, war mit 05:48 Uhr nicht wirklich erfolgversprechend, aber im schlimmsten Fall nimmt man eben ein Taxi. Da wir aber Groundhopper sind, sollte versucht werden, auf so kostentreibende Alternativen zu verzichten. Die erste Stunde verlief unproblematisch, bereits ungefähr zehn Minuten konnten wieder reingeholt werden, für das Erreichen des Fliegers war das aber noch zu wenig, auch wenn wir in diesem Tempo weiterliefen. Also mussten Alternativen her, aber keine Kostenpflichtigen. Der Fußweg verlief um eine Schnellstraße herum, die aber über einen darüber liegenden Kreisverkehr auch besser überquert werden kann. Dass dies die Auf- und Abfahrten zu jener Schnellstraße sind, war uns bewusst. Aber besser als den Flieger zu verpassen. Von unserem Parallelweg zur Landstraße mussten wir also auf einen Feldweg, über einen Bahnübergang und dann, der Flughafen bereits in deutlicher Sichtweite, vorbei an vielen externen Airportparkplätzen. Zur Schnellstraße gab es nun eine Trennung mit einem kleinen Zaun, der sich im schlimmsten Fall auch überklettern ließ. Auf Höhe des angesprochenen Kreisels, es war nun kurz vor Fünf Uhr, gab es diesen Zaun immer noch, allerdings auch ein kleines Tor. Es war zwar verschlossen, ließ sich aber mit einem simplen Griff über die Maschen öffnen. Wahrscheinlich so nicht gedacht, für zwei Deutsche mit Zeitdruck aber optimal. Manchmal hat man das Glück des Tüchtigen. Während unseres Marsches am Rand des Kreisels kam tatsächlich kein einziges Auto, so dass wir diesen entspannt passieren konnten. Die letzten Meter bis zum Terminal hinter uns gebracht, standen wir um 05:20 Uhr an der Sicherheitskontrolle an und durchliefen diese souverän. Die Ryanairapp zeigte mir allerdings an, dass das Boarding an meinem Flug schon zu knapp 70% durch sei. Also wirklich schnell gepackt, hastig von David verabschiedet und ab zum Gate. Dass ich dort absolutes Chaos und eine lange Schlange vorfand, war nicht überraschend, aber lieber diesen Sprint als nachher, wie es anderen Passagieren in Memmingen ergangen ist, vor geschlossenem Gate stehen. Ich ließ mich dann nochmal auf den Stühlen daneben nieder, konnte mich richtig von David verabschieden, der mittlerweile auch angeschlappt kam, und boardete ganz entspannt fünf Minuten später. Allerdings nicht ohne meinen Pass zu zeigen. Seit wann braucht man auf einem Inlandsflug den Pass? Hab ich nicht verstanden. Um mich herum wurde von den fleißigen Flughafenmitarbeitern auch das Handgepäck auf die genaue Größe kontrolliert. Da ich außerdem eine weitere Tasche angebunden hatte, war ich ganz froh, dass die Mitarbeiter gerade mit anderen Passagieren beschäftigt waren. Kein Wunder war die Schlange so lange, wenn man jeden zweiten auf links krempelt. Irgendwie hatte ich es geschafft mich daran vorbei zu schlängeln und bekam mein Gepäck kostenfrei in den Vogel von Onkel Rainer. Auch hier schlief ich recht schnell ein, sodass ich sowohl Start und Landung nicht mitbekam. Die Müdigkeit war allerdings mit Landung nicht vergangen, also was bleibt anderes übrig, als sich mit dem Eintreffen ins Flughafengebäude nochmal hinzulegen und drei weitere Stunden auf einer bequemen Bank zu schlummern. So erholte ich mich von dem anstrengenden Marsch der vorangegangenen Nacht und ging anschließend erst weiter zum Linienbus nach Santiago de Compostela, der allseits bekannten Endstadt des Jakobsweges. Diesen bin ich zwar nicht ganz gelaufen, aber meine Füße machten erste Anzeichen von Überanstrengung, daher gönnte ich Ihnen eine kleine Pause, in dem ich die Sightseeingrunde nicht ganz so ausdehnte wie normal, da ich am Folgetag nochmal vier weitere Stunden rund um die Pilgerstätte und die bekannte Kathedrale hatte. Mit dem Bus zog es mich weiter in den Süden Galicias, nach Vigo, dessen ansässiger Erstligist mit Betis Deportivo Balompié, besser bekannt als Betis Sevilla, einen guten Gegner zu Gast hatte. Dass damit auch zwei, zumindest für mich, absolute Sympathievereine gegeneinander antraten, hatte zusätzlichen Charme. Das Busticket für den regionalen Transport in die Küstenstadt kaufte ich oldschool am Schalter und bestieg denn nur wenige Minuten später abfahrenden “Monbus”. Rund anderthalb Stunden brauchte dieser mit wenigen Zwischenstopps und warf mich am bereits bekannten Busbahnhof raus. In Vigo hatte ich im letzten Jahr bereits eine Nacht verbracht und kannte daher die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten. So lief ich, auch den Füßen zuliebe, nur die markantesten Punkte ab und verzichte auf den Aufstieg zur Burg. Zu dieser habe ich eine kleine persönliche Verbindung, auf die ich aber nicht weiter eingehen will. Naja, weiter im Text. Ich machte zuerst an einem Hostel, dass ich bei Booking fand, aber mir etwas zu teuer erschien Halt. Der Preis vor Ort ging mit einem Zwanni aber vollkommen in Ordnung und nach einer Dusche und dem Abstellen meines Rucksacks ging es zum “Estadio Balaídos”, 1928 erstmals eröffnet und mittlerweile mehrfach umgebaut. 1982 diente es als WM-Stadion für drei Gruppenspiele. Ein Ticket für das Spiel des akut in Abstiegsgefahr stehenden Gastgebers hatte ich mir für einen schmalen Taler bereits online besorgt, ein Umtausch am Stadion war leider nicht möglich. Da ich aber sehr rechtzeitig vor Ort war, konnte ich noch einige Bilder bei guter Helligkeit knipsen und auch die Einfahrt der Mannschaftsbusse beobachten. Massiv, wie die Bullen hier aufgefahren haben, um die Sicherheit der beiden Teams zu gewährleisten. Allerdings auch spannend, dass dieser Akt auf dem Stadionvorfeld passiert. Nach meiner Stadionrunde, einem Besuch im Fanshop und einem kurzen Besuch in einer im Umfeld gelegenen Fankneipe, suchte ich den Weg in den noch nahezu komplett leeren Ground. Auch hier lohnte sich das Bilder knipsen, denn hinter der noch unmodernisierten einstöckigen Hintertortribüne, auf der ich Karten hatte, konnte man den Sonnenuntergang gut beobachten. Außerdem staubte ich mir von einem turtelnden Pärchen so auch gleich noch ein Hardcoverticket für die Sammlung ab. Mit Anpfiff war ich so komplett versorgt und konnte mich aufs Spiel konzentrieren. Vigo, Tabellenachtzehnter, gegründet 1923, empfing den 1907 gegründeten Club aus Andalusien, die aktuell tabellarisch im Rennen um die europäischen Plätze stecken. Ein Sieg ist also für beide wichtig. Nach bereits sechs Minuten jubelten die mitgereisten Fans aus Sevilla, als der Stürmer nach einer Vorlage von Isco, dem nahezu Köpenicker, einschub. Der Jubel in Richtung meiner Tribüne, da sich seitlich davon im Oberrang der provisorische Gästeblock befand, war schon stark zu beobachten. Doch nur zehn Minuten später jubelte die andere Seite, als die Klublegende Iago Aspas, der bereits in der Jugend für Celta auflief und nun seit 2015 ununterbrochen für sie spielt, für den Ausgleich sorgte. Sogar Sprechchöre mit seinem Namen starteten. Und die Gastgeber kamen nun besser ins Spiel und sorgten für eine richtig spannende Partie, in der aber auch nach dem Seitenwechsel keine Tore mehr fielen. Zumindest keine regulären. In der 84sten Minute wurde eine Abseitsentscheidung über ganze 5 Minuten geprüft, eher sie standhielt. Wie lange kann die Kalibrierung einer Linie dauern? Tief in der daraus resultierenden Nachspielzeit raffte sich der zurzeit beste galicische Klub nochmal auf und sorgte mit einem Kraftakt für den Paukenschlag. 2:1, wieder direkt vor meiner Kurve. Geeeeeil. Der Jubel des Torschützen, der auf die Tribüne gerannt ist, in der Menschentraube verschwand und erstmal nicht wieder auftauchte, war hochemotional und auch ich freute mich für den Underdog. Natürlich nicht, ohne meinem Drang freien Lauf zu lassen und Bilder anzufertigen. Mit dem daraus resultierenden Heimsieg und dem Beobachten der mit der Mannschaft feiernden Fans machte ich mich auf den Weg in mein Hostel. Während des gut halbstündigen Fußmarsches durch die größte Stadt der Provinz Galicien schaute ich das Finale der Darts-WM und musste, dann bereits im WLAN der Unterkunft angekommen, mit ansehen, dass der erst sechzehnjährige Finalist sich dem Favoriten geschlagen geben musste. Nachdem ich meinen Laptop, den ich noch für einige Sachen am Blog genutzt habe, zuklappte, war ich sowas von bereits fürs Bett und schlummerte sofort ein.
Tag 14, 04.01.2024 – Dreifaches Halleluja auf das himmlische Wasser.
Der nächste Morgen startete gefühlt viel zu früh. Obwohl der Zeiger schon halb Neun anzeigte, machte mein Körper keine Anstalten sich für erholt zu halten. Mit der sich nahenden Zugabfahrt nach Santiago de Compostela musste ich den Organismus aber zum Laufen bringen. Die etwas mehr als 30 Minuten Fußweg strampelte ich schnell ab, knipste ein paar Bilder oberhalb des Bahnhofs und stellte dann erstaunt fest, dass ich den Weg aufs Gleis nicht finde. Mit noch weniger als fünf Minuten bis zur Abfahrt des Schnellzuges, dessen Enddestination Madrid war, irrte ich noch durch ein Einkaufszentrum, ehe ich die Schilder zum Bahnhof fand. Wenn man die fünf Gleise in Vigos größtem Shoppingareal als Bahnhof bezeichnen will. Auf jeden Fall half der Sprint, mich nun vollends wach zu bekommen. Kurze Taschenkontrolle durch ein, mit dem Sicherheitscheck am Airport vergleichbares Gerät, und der vor Betreten des Zuges stattfindenden Ticketkontrolle und kurz vor Abfahrt in die Bahn. Dass die Bahn dann noch etwas mehr als fünf Minuten stand, war auch klar. Irgendwann glitt mein Transportmittel dann aber über die Schienen und auch der Schaffner machte sich bemerkbar. Dass er mich dabei von dem Platz, auf dem ich mich bereits heimisch eingerichtet hatte, verscheuchte, war nicht geplant. Auch wenn der Zug nahezu leer war, muss hier Recht und Ordnung herrschen und so durfte ich auf den mir zugewiesenen Platz verschwinden. Okay Chef, dann machen wir das so. Nach rund einer Stunde, die ich mit dem Hören der neuesten DWIDS-Folge verbracht habe, kamen wir am Bahnhof in der Hauptstadt der Region Galicien an. Obwohl Santiago de Compostela nur rund 90.000 Einwohner zählt, und damit deutlich kleiner ist als Vigo, wurde der katholische Erzbischofssitz zur Hauptstadt erklärt. Außerdem gehört die Stadt zum UNESCO-Weltkulturerbe und war bereits europäische Kulturhauptstadt. Für eine Stadt, die von der Größe mit Düren vergleichbar ist, schon beeindruckend. Für mich war der Wallfahrtsort aber nicht das Endziel des Tages, sondern nur mein Schlafplatz. Ich ging also direkt ins Hostel und versuchte mehrere Stunden vor offiziellem Check-In bereits die Zugangsdaten für die Unterkunft zu erhalten. Klappte, allerdings erhielt ich verständlicherweise noch keinen Zugang zu den Räumlichkeiten, sondern stellte meinen Rucksack nach Rücksprache einfach in die Lobby. Besser als sie in einem Wald zu verstecken. Hab ich gehört. Mit nun nur noch meinem Beutel bewaffnet machte ich mich fußläufig in die Innenstadt, denn erst drei Stunden später sollte mein Zug A Coruna fahren. Diese Zeit fürs Anschauen der Altstadt, Kathedrale und sonstigen Sehenswürdigkeiten habe ich mir absichtlich genommen. Mit dem Verlassen des Hostels fing es aber an wie aus Eimern zu schütten. Was eine Scheiße. Ich war innerhalb von wenigen Sekunden komplett durchnässt und fand in einem schmalen Hauseingang Zuflucht. Hier verharrte ich wenige Minuten, ehe sich der Himmel wieder beruhigt hatte. Das leichte Tröpfeln konnte ich gut wegstecken, so dass die nächste Stunde kein Problem wurde. Als ich mich dann, nach einer Runde durch die Altstadt in Richtung der berühmten Grabeskirche des Apostels Jakobus, nachdem auch der Jakobsweg mit dem Endziel Santiago de Compostela benannt ist, auf dem großen Platz vor eben diesem Bauwerk befand, öffneten die Wolken ein weiteres Mal ihre Pforten und ich konnte nur noch in einen kleinen Tunnel fliehen. Meine mittlerweile wieder recht trockenen Klamotten wurden ein weiteres Mal nass, aber diesmal nicht so heftig wie beim letzten Mal. Auch nach diesem, nur wenige Minuten andauernden, Schauer, ging ich weiter zum südwestlich gelegenen Park “da Alameda”, der einen guten Blick auf die Altstadt mit der Kathedrale versprach. Und dies auch einhielt. Nach nun gut drei Stunden in der Stadt entschied ich mich noch in ein regionales Café zu setzen, einen vegetarischen Toast, belegt mit Salat, Tomate und Spargel zu verspeisen und ging dann mit ordentlich Puffer zum Bahnhof. Diesmal musste ich mich keiner Kontrolle unterziehen und konnte so entspannt die restlichen Minuten bis zur Einfahrt der Bahn, die sich durch eine Verspätung noch verlängerte, warten. Dieser, etwas kleinere und gemütlichere Bummelzug, war allerdings gut gefüllt, sodass ich mir mit einem Pärchen einen Vierer teilen musste, den Platz aber zum Mittagsschlaf nutzte. Diese halbe Stunde Powernap war nötig, zumal die Ankunft am Abend am Schlafplatz auch wieder spät werden würde. Mit Ankunft in der Küstenstadt A Coruna, in der der größte Rivale von Celta Vigo, Deportivo La Coruna, seine Heimat hat, fand die Drittligapartie zwischen eben diesem und der Zweitvertretung von Real Sociedad aus San Sebastian statt. Allerdings erst grob vier Stunden nach meiner Ankunft, also entschied ich mich auch hier, statt dem direkten Weg zum Ground, einen großen Schlenker durch die Stadt und über die Küste zu machen. Die Stadt selbst ist definitiv sehenswert und hat mit dem Herkulesturm, dem ältesten noch in Betrieb befindlichen Leuchtturm, auch ein UNESCO-Weltkulturerbe zu bieten. Doch die ganze Küste entlang fand man genug Kirchen, Stege, kleine Burgen und Felsklippen, die es zu entdecken galt. Die Wolken am Himmel zeigten bereits den ganzen Nachmittag über eine Regenfront an, die sich aber kaum bewegte und über demselben Punkt verharrte. Auf Höhe des Leuchtturms schlug das Wasser aber bereits sehr stürmisch an die Felswand, sodass ich einen baldigen Schauer erwartete. Zügig lief ich also den Weg zum Leuchtturm hoch, knipste das ein oder andere Bild für eine spanische Touristengruppe und machte mich schnell wieder auf den Pfad, der zum Stadion führen sollte.
Da ich noch kein Ticket für diesen Drittligakracher hatte, und absolut nicht einschätzen konnte, wie sehr der ehemalige Erstligist die Massen noch ins “Estadio Riazor” ziehen konnte, wollte ich lieber ein paar Minuten eher vor Ort sein. Zwischen 2.000 und 25.000 Zuschauern erwartete ich alles, daher war ich nicht überrascht, dass ich die ersten Anhänger des 1906 gegründeten ehemaligen spanischen Meister an mir vorbeilaufen sah. Auch wenn die Glanzzeiten aus den 90er und 2000er Jahren bereits länger vorbei sind, mobilisiert der Verein noch immer die Stadt. Bei noch einem Restweg von ungefähr einem Kilometer wurde ich ein drittes Mal vollständig nass. Wieder schüttete es abnormal, wieder gab es keine Möglichkeit mich unterzustellen, so dass ich die Lungenentzündung schon fühlte. Handy, Portemonnaie und Kopfhörer verstaute ich noch sicher, ehe ich es zu einer Art Einkaufsmeile schaffte, unter der ich mich geschützt Richtung Stadion bewegen konnte. Genauso wie viele andere Anhänger von Deportivo. Nach keinen 120 Sekunden war der Spuk wieder vorbei und lediglich von den Dächern tropften die letzten Reste des Regens. Geholfen hat mir das nichts, ein drittes Mal an diesem Tag war ich klatschnass. Die Kasse für Entradas fand ich recht schnell, da ich auf der richtigen Seite ankam. Die billigsten Tickets gabs für fünfzehn Euro, für die dritte Liga kein Schnäppchen aber akzeptabel. Nach einer Runde ums Stadion, in der ich den Andrang nochmals verstärkt mitbekam und ich mich von dem Gedanken an nur mögliche 2.000 Fußballinteressierten in der knapp 33.000 Zuschauern fassenden Schüssel verabschiedete, enterte ich mein Porta und verkroch mich im Oberrang. Ich bin absoluter Oberrangfanatiker und wenn es einen gibt, dann muss ich da hoch. Das 1944 eröffnete Stadion hat diesen aber erst seit 1995, als die Leichtathletiklaufbahn entfernt und das Stadion, in dem auch WM-Spiele 1982 stattfanden, neu gebaut wurde. Für die WM 2030 soll es abermals umgebaut und auf bis zu 45.000 Zuschauer erweitert werden. Für die heute anwesenden 19.715 reicht die Schüssel wohl auch in Liga zwei aus, in die man aufsteigen will. Zur Zeit ist man in Lauerstellung nur einen Punkt hinter dem sechsten Platz, dem ersten, der an der Aufstiegsrelegation teilnehmen darf. Mit der Zweitvertretung von Real Sociedad war auch noch der Vierte der Tabelle zu Gast, auf die man bis auf einen Punkt herankommen kann. Spielerisch zeigte man der U23 auch gleich, dass man sich heute nichts gefallen ließ. Nach nur drei Minuten zappelte der Ball das erste Mal im Netz, als ein Elfmeter souverän verwandelt wurde. Die links geprägte Szene um die Gruppe “Nenos Descamisados”, galicisch und wörtlich übersetzt für “Die Kinder mit nacktem Oberkörper”, denn die “Descamisados” sind im argentinischen die Personen, denen alles genommen wurde, sogar das umgangssprachlich letzte Hemd, durfte nach einer knappen halben Stunde ein weiteres Mal jubeln, als das 2:0 fiel. Das Spiel hatte man im Griff, die mitgereisten Gäste, wahrscheinlich Familienangehörige der Spieler, die aus dem mehr als 600 Kilometer entfernt gelegenen San Sebastian angereist waren, sahen keine gute Partie ihrer Schützlinge. In der zweiten Hälfte kippte die Partie aber, plötzlich drückten die Gäste und kamen in der 55sten zum Anschluss. Die folgenden Minuten gab es ein wildes hin und her, niemand wollte zu viel riskieren. Doch ab der 70sten spielten die Gäste in Überzahl. Nach einem Foul sah ein Spieler der Gastgeber die gelb-rote Karte und musste frühzeitig duschen. Das gab mehr Raum und Deportivo stellte sich hinten rein. Die Taktik ging auf, auch wenn man Glück hatte, dass das Aluminium auf seiner Seite war. Den Mob freute es, denn der Anschluss an die Aufstiegsränge und die Chance auf die eingleisige zweite Liga ist weiterhin gegeben. Die dritte Liga ist nämlich in zwei Staffeln aufgeteilt. Für mich ging es anschließend in einen nahegelegenen Supermarkt, um Wasser zu kaufen. Ich genehmigte mir auf dem Fußweg zum Bahnhof ein Stück Pizza und lief die letzten Meter zum Zug zurück nach Santiago de Compostela. Dort ging es schnurstacks zum Hostel, Zahlencode eingeben, Rucksack aus der Lobby holen und ab ins Bett, natürlich nicht ohne alle noch etwas feuchten Klamotten über eine Heizung zu hängen. Diesen letzten Akt vor dem Schlafen erledigte ich mit Bravour, ehe ich wegnickte und erst am nächsten Morgen wieder erwachte.
Tag 15, 05.01.2024 – Unverhofft kommt oft.
Da der Bus nach Vigo am nächsten Morgen bereits um neun Uhr abfuhr und ich dieselben 30 Minuten Fußweg wie am Vorabend laufen musste, klingelte bereits gegen kurz vor Acht der Wecker. Nach dem allmorgendlichen Hygienepart schlüpfte ich in meine nun gut getrockneten Klamotten, schnürte die Schuhe und sattelte meinen Rucksack. Der Bus am Bahnhof war auch mit einem Flixbuszeichen gebrandet, die Tickets hätte ich also auch über das Münchner Fernbusunternehmen beziehen und so meinen ADAC-Rabatt einstreichen können. Sei es drum, fürs nächste Mal weiß mans. Auch wenn der Bus erstmal nur mit dem Endziel Vigo beschriftet war, stellte sich heraus, dass er bis nach Porto weiterfuhr. Diese Fahrt hatte ich tatsächlich mim Flixer gebucht, daher konnte ich bis in die nordportugiesische Metropole sitzen bleiben. Nach den gut vier Stunden Fahrt vom Startpunkt, durch die Zeitverschiebung gewann ich allerdings auch eine wieder, konnte ich so mit Ortszeit kurz nach Zwölf das Sightseeing starten. Jedoch nicht ohne von einem Regenschauer überrascht zu werden. Diesen überstand ich jedoch trocken, da ich mich noch im nahen Umfeld des Bahnhofs Campanha befand und die Bahnhofshalle Schutz bot. Nach gut zehn Minuten im Wartesaal, ich checkte die ungefähre Dauer des Niederschlags per Regenradar, konnte ich den Fußweg ins Hostel antreten, um mein Gepäck abzustellen. Da es immer mal wieder kurz tröpfelte entschied ich mich jedoch dazu, dort erstmal etwas zu Essen und stoppte so noch bei einem Supermarkt und deckte mich mit Nudeln ein, die ich mir in der Küche des Hostels zubereitete. Da soll nochmal jemand behaupten, dass ich nicht kochen könne. Lügenpresse. Gegen Drei am Mittag erhielt ich meinen Zimmerschlüssel, stellte meinen Rucksack aufs Bett und, da sich mittlerweile die Sonne zeigte, verschwand in der Innenstadt. Nach etwas mehr als drei Stunden Sightseeing, Highlights befinden sich an jeder Ecke, postete ich auf insta eine Story mit dem Blick von der berühmten Brücke “Dom Luís I” über die Stadt und den darunter liegenden Fluss “Douro”. Darauf reagierte eine gute Freundin, dass sich gemeinsame Bekannte auch in der Stadt befinden würden. Die schrieb ich wiederum an und bekam einen Treffpunkt in der “Adega Sportsbar”. Nach der Vervollständigung meiner Runde mit der Überquerung der anderen großen Brücke “Infante Dom Henrique” und einem längeren Telefonat in die Heimat kreuzte ich dort auf.
Das Ziel der beiden war, wie auch bei mir, das stattfindende Porto-Derby zwischen Boavista und dem FC Porto. Mittlerweile war es kurz vor Sieben, und damit noch gut zwei Stunden bis zum Kickoff. Mit den beiden Bekannten verquatschte man sich gut, so dass es für mich irgendwann zeitlich wieder eng wurde. Ich hatte für das Derby einerseits eine Presseakkreditierung erhalten, andererseits bereits im Vorfeld ein Ticket online gekauft, da das Spiel auf der Tickethomepage einige Tage im Voraus bereits als ausverkauft angezeigt wurde. Da es zwei Tage vor dem Spiel aber wieder etwas gab, schlug ich lieber zu. Der recherchierte Zuschauerschnitt von Boavista ließ mich zwar an einer vollen Hütte zweifeln, doch better safe than sorry, gerade beim Derby. Naja, egal. Zurück zur Zeitknappheit. Wenn ich eine Akkreditierung erhalte, dann will ich dort mittlerweile auch mit Laptop erscheinen und tatsächlich etwas machen und nicht mehr nur, wie früher, den kostenlosen Eintritt erschnorren. Von der Prozedur kann jeder halten was er will, ich verstehe auch die Kritiker davon, habe aber für mich entschieden, dass ich, wenn möglich, die Kosten spare. Ich will hier jetzt auch nicht auf Argumente dafür oder dagegen eingehen, diese Diskussion kann jeder gerne im Privaten mit mir führen, aber sie gehören nicht hier in den Text. Mit dem Laptop bewaffnet ging es dann zum “Estádio do Bessa Século XXI”, welches 1998 für die EM 2004 gebaut wurde. Es fasst etwas mehr als 28.000 Zuschauer und wurde dann im Dezember 2003 eröffnet. Auf dem Baugrund im Stadtteil Boavista stand aber bereits das alte Stadion, da die Rasenfläche aber verschoben wurde, und vom alten Stadion nichts mehr übrig ist, zählt es für mich als neuer Ground. Auch über diesen Punkt kann man sich tagelang streiten, was als Umbau und was als neues Kreuz zählt. Die Liste an fraglichen Stadien ist dort wohl ebenso groß, wie die Pressetribüne in diesem Stadion. Ich glaube, hier hätte sich heute jeder Hopper akkreditieren können, sie hätten für ganz futbology einen Platz an einem Tisch gefunden. Die 1903 gegründeten Gastgeber, die mit dem Gewinn der Meisterschaft 2001 den größten Erfolg der Vereinsgeschichte feierten, empfingen mit dem 1893 gegründeten Stadtrivalen den erfolgreicheren Club der Hafenstadt. Der letztjährige Vizemeister gewann insgesamt 30 Mal die Liga, letztmals in der Saison 21/22, auch 19 portugiesische Pokalsiege feierten die “Dragoes”, der Letzte in der Vorsaison. Den aber wohl größten Erfolg der Vereinsgeschichte errang man unter niemand geringerem als José Mourinho, der 2004 auf Schalke den AS Monaco im Finale der Champions League besiegte und so die Trophäe mit nach Porto nehmen durfte. Heute ging es aber um wichtige Punkte in der Liga. Porto hinkt auf Platz drei den Erwartungen etwas hinterher und muss den beiden Hauptstadtclubs Sporting und Benfica zur Zeit den Vortritt lassen. Boavista im Mittelfeld muss allerdings aufpassen, dass sie die nur drei Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz nicht verspielen und so doch noch in Abstiegsnöte geraten. Die nahezu komplett gefüllte Hintertorseite im Norden ging an die Gästefans, die größte Gruppierung “Super Dragoes 1986” machte es sich mit ihrem übergroßen Banner, der allerdings erst nach dem Intro sichtbar war, im Oberrang bequem. Unten hingen auch einige Zaunfahnen, die der “Colectivo Ultras 95” entdeckte ich ganz rechts. Die 1995 gegründete Abspaltung der “Super Dragoes” ist die zweitgrößte Gruppe in Portos Umfeld. Mit Einlaufen der Mannschaften zündeten sowohl im Unter- als auch im Oberrang einige Fackeln, Blinker und Rauchtöpfe. Ein Banner “a invicta e azul e branca”, übersetzt “Der Unbesiegte ist blau und weiß”, rundete den Auftritt ab. Von Seiten des Gastgebers gab es zwei Blinker, die im Unterrang liegend aber kaum Aufmerksamkeit des Hoppermobs auf sich zogen. Die “Panteras Negras 84”, also die 1984 gegründeten schwarzen Panther, hatten sich im Unterrang der anderen Hintertortribüne versammelt und waren ein wirklich kleiner Haufen im Vergleich zum Gästemob. Selten habe ich so eine Unterlegenheit in einem Stadtderby gesehen, wenn ich Posen mal ausklammere. Von ausverkauft konnte hier aber lange nicht die Rede sein, knapp 14.000 Zuschauer fanden sich ins doppelt so viele fassende Stadion ein. Das Ticket im Vorfeld zu kaufen, ist hier definitiv nicht nötig! Im Spiel übernahm der FC Porto schnell das Zepter und drängte auf das 0:1. Erst in der 23ten Minute gelang es aber, die Entstehung hatte leichte Kacktorvibes. Die anschließende Pyroshow des Gästeanhangs war ansehnlich, aber nichts, was man nicht schon gesehen hat. Auch einige laute Böller wurden gezündet und so die Freude über die Führung ausgedrückt. Außerdem fand eine ungezündete Seemansfackel den Weg aufs Spielfeld und lag dort bis zum Abpfiff. In Deutschland wäre das Spiel unterbrochen worden. Aber nur fünf Minuten nach dem Führungstreffer musste man den zu diesem Zeitpunkt unverdienten Ausgleich schlucken. Nach einem Freistoß nickte ein Stürmer von Boavista ein und ließ den Heimbereich jubeln. Die Ekstase war aber nicht ganz so untermalt wie beim FCP. Wieder wurden nur wenige Blinker im Unterrang gezündet, was aber zumindest diesmal für einige Fotos auf den Apparaten der deutschen Fußballtouristen gesorgt hat. Der Gastgeber wurde nun mutiger und sorgte mit einigen Torabschlüssen für ein sehr spannendes Spiel, da beide sich nun einen Schlagabtausch auf dem Feld lieferten. Das 1:1 zur Pause war leistungsgerecht. Auch in der zweiten Hälfte sahen die Zuschauer anfangs eine ausgeglichene Partie, eher der Favorit ab der 70sten stärker wurde. Auch der Gästemob zeigte nochmal seine Stärke und performte eine Pyroshow im Unterrang. Kurz vor dem Ende verlor ein Spieler von Boavista bei einer Rudelbildung nach einem Foul in Strafraumnähe aber seine Kontrolle und versuchte einen gegnerischen Spieler per Faust zu treffen. Diese Tätlichkeit wurde mit einer roten Karte bestraft und damit schwächte er seine Mannschaft für die letzten, mit Nachspielzeit inbegriffen, zehn Minuten. Der FCP drückte mehr und mehr, alles war für den Führungstreffer angerichtet. Man spielte in Überzahl auf die eigene Kurve im Stadion des Stadtrivalens. Die Masse tobte, die Lautstärke war wirklich gut. Jeder erwartete den Lucky Punch, doch er kam nicht. Ein Abschluss nach dem anderen segelte am Tor vorbei oder über den Querbalken. Und so mauerte sich Boavista zu einem Punkt, den sie nach diesem Spielverlauf gerne mitmitnahmen. Für die Fans des Favoriten war das Ergebnis hingegen zu wenig. Enttäuscht pfiffen sie die Mannschaft aus, und machten sich nach einer Blocksperre auf den Weg nach Hause. Für mich ging es wieder in eine Bar zu den Bekanntschaften, die auch weitere neue Hopper kennengelernt haben. Nach dem Rausschmiss aus der ersten Bar wurde noch der Mietwagen von einem der Gruppe begutachtet, da die Pläne der nächsten Tage nahezu identisch waren. Er war sich nicht sicher ob sein Auto fünf Sitze hatte, doch diese waren vorhanden und so musste ich meine reservierte Karre nicht abholen und konnte mich in dieses Auto hinzubuchen, Perfekt. Das letzte Bier, für mich wieder alkoholfrei, gab es in einer Kneipe names “Bar Labirintho”, die sich nur unweit des Wagens befand und hinter einem normalen Hauseingang versteckte. Nach dem Absacker in der studentisch geprägten Lokalität ging es zurück ins Hostel und ab ins Bett, damit man den ausgemachten Treffpunkt am Folgetag für den Dreierhopp einhalten kann.
Tag 16, 06.01.2024 – Vor Ort klappt das schon.
Um halb neun klingelte der Wecker das erste Mal, wirklich wahrgenommen habe ich ihn aber erst rund zehn Minuten später. Gerade so pünktlich, dass ich nach der Katzenwäsche noch das im Hostelpreis enthaltene Frühstück genießen konnte. Gestärkt mit heißer Schokolade, zwei Käsebrötchen und einigem Schokokuchen lief ich zum fünfzehn Minuten entfernten Treffpunkt und traf auf erst einen müden Begleiter. Der Fahrer und die beiden im Hotel am ausgemachten Sammelplatz wohnenden Mitfahrer ließen noch auf sich warten. Nach wenigen Minuten gesellten sie sich dazu, und auch der Fahrer lenkte seine Kutsche auf den frei gehaltenen Parkplatz. Zügig ging es ins rund 45 Minuten entfernte Oliveirense, die in der zweiten Liga mit CS Maritimo Funchal einen Inselverein empfingen. Maritimo, 1910 gegründet, stieg letzte Saison aus der ersten Liga ab und versucht sich nun am Wiederaufstieg. Am Ground angekommen überraschte uns erstmal die überragende Lage des Stadions. Am Rand des Wohngebiets in den Berg reinheineingebaut, zwei Tribünen, direkt neben der Autobahn. Ein Befreiungsschlag während des Spiels landete tatsächlich auf dieser Schnellstraße. Auch die Aussicht auf einen dichten Wald und eine zwischen den Baumkronen hervorschauende Kirche konnte sich sehen lassen. Sich sehen lassen konnten auch die Auftritte beider Kurven, wenn man sie so bezeichnen will. Oliveirense zeigte sich auf der rechten Seite der Hintertortribüne, Sicht von der Haupttribüne aus, mit rund 20 Mann hinter einigen Zaunfahnen. Eine Sitzschale wurde als Trommel umfunktioniert und sorgte für den Takt. Die Gäste aus Madeira waren mit ungefähr 80 Mann angereist, feststellen, wie viele davon vom Festland kommen lässt sich natürlich nicht. Trotzdem beachtlich. Auch der Support der “Leoes do Maritimo”, der Löwen von Maritimo, war gut, wenn auch sehr pöbellastig. Mit dem 0:1, welches in Halbzeit zwei durch einen Elfmeter fiel, im Rücken, wurde man auch lauter und melodischer. Mit Einwechslung einer Fußballlegende, Kazuyoshi Miura, Schande, wer ihn nicht kennt, kam wieder etwas mehr Druck ins Spiel der Gastgeber und tatsächlich schaffte man so in der Nachspielzeit den überraschenden Ausgleich. Oliveirense kämpft, zur Zeit auf Platz Sechzehn liegend akut gegen den Abstieg, während Maritimo auf dem vierten Rang den Anschluss an die Tabellenspitze sucht. Mit diesem 1:1 zog man den Unmut der Fans auf sich und musste sich nach Abpfiff noch Einiges aus dem Block anhören. Außerdem holte sich ein Spieler noch eine rote Karte ab. Schon während der Partie flog ein Betreuer, nachdem er in Halbzeit eins seinen Unmut geäußert hatte, von der Bank. Noch kurz zur vorher erwähnten japanischen Legende. Der 1967 geborene Miura ist offiziell der älteste Fußballprofi der Welt und ist bis Saisonende an Oliveirense, bei denen heute auch sein Sohn in der Startelf stand, ausgeliehen. Mit dieser schönen Fußballgeschichte im warmen Nordportugal ging es wieder schnell ans Auto und weiter zur nächsten Zweitligapartie.
Der FC Penafiel empfing den von dem kanadischen Unternehmen “Länk” übernommenen und von Grund auf veränderten Länk Vilaverdense. Ursprünglich 1953 als Vilaverdense FC gegründet, wurde man 2020 übernommen und neben dem Namen wurde auch das Logo und die Vereinsfarben geändert. Erfolg hat man sich aber bereits erkauft, letztes Jahr stieg man von der dritten in die zweite Liga auf, steckt aber nun als abgeschlagener Tabellenletzter im Abstiegskampf. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich bereits sowohl den Haupt- als auch den Nebenplatz dieses Konstrukts im letzten Jahr bei zwei Mittagsspielen unter der Woche gekreuzt habe. Auf keinem dieser Plätze dürfen sie aber diese Saison spielen und weichen deshalb ins EM-Stadion in Coimbra aus. Da sie heute in Penafiel aber nur Gast sind, spielt das keine Rolle. Für schmale fünf Euro konnte vor Ort ein Ticket geordert werden und im Ground angekommen wurden erstmal einige Fotos der beiden überdachten Tribünen und auch von der unüberdachten Hintertorseite geschossen. Drei der fünfköpfigen Reisegruppe liefen schon mal auf die Haupttribüne weiter. Als wir es ihnen einige Minuten später nachmachen wollten, wurde uns der Zugang von den hiesigen Bullen verwehrt. Unsere Bitte, dass wir zu den Kollegen dürfen, wurde nicht stattgegeben und so mussten wir neue Freunde suchen. Im, so stellten wir dann fest, Gästeblock befand sich noch eine Abordnung aus Paderborn, mit denen das gesamte Spiel über verquatscht wurde. Daher kann ich leider ausserhalb der soccerway Zusammenfassung wenig berichten, ausser dass auf den Bierbechern wohl Schimmel war, der Mann an der Imbissbude nicht rechnen kann, und die Schnitzelweckle anscheinend ganz gut waren. Was wir nebenbei mitbekamen waren Entscheidungen per Videobeweis, darunter nicht gegebene Tore, und viele Verletzungen, aufgrund derer es ewig Nachspielzeit gab. Penfiel gewann das Spiel mit zwei Toren in der ersten Halbzeit, der Anschluss des Teams aus Vila Verde nach einer Stunde Spielzeit führte nicht zu mehr Druck auf den Ausgleich. Oder vielleicht doch, aber er fiel nicht. Die weniger als 500 Zuschauer sahen anscheinend eine spannende Partie, die wir mit Abpfiff zügig verließen, da wir einen Teil der Besatzung zum Bahnhof bringen mussten. Sie zogen es vor, das Derby in Braga gegen den Rivalen Guimaraes zu schauen, während der Fahrer und ich unser Glück beim ausverkauften Gastspiel von Benfica in Arouca versuchten. Karten hatten wir keine, eine Webseite oder eMail um eine Akkreditierungsanfrage zu versenden habe ich in meiner Recherche auch nicht gefunden. Also auf gut Glück eine Stunde in den Süden. Direkt beim Parkplatzwächter schienen wir ein gutes Händchen zu haben, denn er winkte uns nach einem Blick auf die Liste einfach durch. Stark gearbeitet, Firma dankt. Der Auftritt bei der zuständigen Pressedame schien glaubwürdig gewesen zu sein, denn die beiden Umhänger wurden nach kurzer Rücksprache mit dem Chef, ausgehändigt, allerdings ohne Tischplatz. Wirklich schade. Der Zugang direkt neben dem Gästeblock war etwas ungewöhnlich, aber durch das verranzte Treppenhaus ging es in den dritten Stock der Tribüne, auf dem sich die Plätze befanden. Vor Ort fand man den ebenfalls akkreditierten Brucki vor, neben dem man sich niederließ. Natürlich doch an einen Tischplatz, so dass ich sogar am Laptop arbeiten konnte. Mit dem Einlaufen der Mannschaften zündete eine mitgereiste, aber nicht anflaggende Gruppe von Benfica einen Rauchtopf. Die Mannschaft auf dem Rasen um den Superstar Angel di Maria machte in der ersten Hälfte eigentlich mehrfach alles klar, doch von den drei erzielten Toren zählte lediglich eines. Dieses wurde mit etwas Pyrotechnik, Rauch und Blinkern gefeiert. Die Gästefans bekamen die komplette Gegengerade zugesprochen, so dass der Auftritt mehr als ordentlich war. Leider war von organisiertem Support keine Spur, aber auch die Schlachtrufe und Jubelszenen machten etwas her. Kurz vor dem Ende der ersten Hälfte rächte sich die Nachlässigkeit der Favoriten und die Gastgeber kamen zum Ausgleich. Vermeintlich. Auch dieser Treffer wurde durch das Winken des Assistenten wieder revidiert und es blieb beim 0:1. Der Ausgleich für die 1951 gegründete Heimelf wäre auch vollkommen unverdient gewesen, denn die 4437 Zuschauer sahen eine klare Dominanz im 2006 erbauten Estadio Municipal. Nach dem Seitenwechsel dasselbe Bild, Benfica erzielt ein Tor, der Assistent winkt. Diesmal funkte der Kölner Keller aber eine Fehlentscheidung, so dass der Gästemob wieder Pyro und Blinker zünden konnte. Auch das dritte Tor kurz vor Ende des Spiels wurde nochmal frenetisch gefeiert, aber die Zuschauer, auch der Gästeanhang fing bereits an, dass Stadion zu verlassen. Nach dem Abpfiff, Benfica verteidigte ihren zweiten Platz und bleibt direkter Verfolger des Stadtrivalen und Arouca versinkt weiter im Abstiegskampf, sprachen wir noch einige Portugiesen nach Papiertickets an, und fuhren dann die Stunde heimwärts. Da der Kumpane meines spontanen Tourbegleiters abgesprungen war, musste ich für die folgenden Nächte keine Unterkunft buchen und konnte bei ihm in der Ferienwohnung nächtigen. Vielen Dank dafür nach Fulda. Da es erst 20:00 Uhr war, entschieden wir uns in Portos Vorstadt “Vila Nova” in einem veganen Restaurant zu speisen. Und die erste vegane Bäckerei Portugals, “Padoca Vegan”, enttäuschte nicht. Für lediglich 28 EUR speisten wir wie die Könige, Appetizer und Getränk inklusive. Beim Verlassen des Ladens, da es bereits kurz nach eigentlicher Schließung war, drückte uns der Kellner noch selbst gebackene Backwaren in die Hand, die sonst wohl weggeschmissen werden müssten. Die positive Bewertung hat dieser Laden sowas von verdient, daher die Empfehlung auch hier. Wer mal in Porto und Umgebung unterwegs ist, sollte sich auf den Weg dorthin machen. Für einen Absacker ging es noch in die am Vortag entdeckte “Bar Labirintho”, in welcher der Folgetag strukturiert und ein weiteres Getränk zu sich genommen wurde. Anschließend fiel man müde ins Bett.
Tag 17, 07.01.2024 – Doppelter Revisit
Der Tag startete erholt mit einem langen ausgewogenen Frühstück und der deshalb etwas gehetzten Fahrt in das nord-östlich von Porto gelegene “Vila das Aves”. Hier war heute zweite Liga angesetzt, um elf Uhr spielte die Neugründung “AVS Futbol SAD”, die den Startplatz des ehemaligen Erstligisten “Desportivo Aves” übernahm. Dieser meldete 2020 aufgrund von finanzieller Schwierigkeiten Konkurs an, der Startplatz wurde aufgekauft. Ausserdem existierte eine Neugründung, die aus der Fusion von Vilafranquese und Aves entstand und sich “Aves SAD” nennt, und in den unteren Klassen der Region unterwegs ist. Alles etwas verwirrend, wer also mehr weiß, darf es mich gerne wissen lassen. Doch diese rumänischen Zustände hätte ich mir gar nicht geben müssen, denn das für etwas mehr als 8.500 Zuschauer ausgelegte 1981 erbaute “Estádio do CD das Aves” hatte ich bereits letztes Jahr mit einem Nachwuchsspiel der “Liga Revelacao” gekreuzt. Mangels Alternativen und meinem Fahrer zuliebe, wird aber dieser Revisit natürlich angesteuert. Auch hier klappte für mich der Weg der kostenfreien Zugangsberechtigung, allerdings nur auf die hinter einer Glasscheibe befindliche Pressetribüne. Dort bekam man kaum etwas von der Stimmung des mitgereisten Gastanhangs aus Leixoes mit. Also ging es irgendwann nach einem kleinen Gespräch mit der Securitydame auf die unter dem Aufbau befindliche Gegengerade, auf welcher sich der gesamte Hopperhob versammelte. Leixoes, als Tabellensechzehnter angereist, überraschte komplett und spielte den Tabellenführer “AVS” an die Wand. Nach einer halben Stunde stand es 0:2 und der Gästeblock drehte frei. Richtig schön anzusehen. Der 1907 in Matosinhos gegründete SC gewann 1961 den portugiesischen Pokal, konnte aber an diesen Erfolg nie anknüpfen. Lediglich 2002 spielte man als Drittligist nochmal das Finale, welches man aber gegen Sporting Lissabon verlor. In der Saison 06/07, magische Saison auch aus meiner Sicht, stieg man in die erste Liga auf und hielt sich bis 2010 in dieser. Seit diesem Abstieg spielt man in der zweiten Spielklasse, kämpft dort aber mittlerweile auch gegen den Rückfall in die Drittklassigkeit. Mit der Pausenführung und dem dritten Treffer nach dem Seitenwechsel machte man gedanklich den wichtigen Auswärtssieg fest. Auch der Anschluss nach einer Stunde Spielzeit für den Favoriten brachte die Psyche der Gäste nicht zum Wackeln und man fuhr den wichtigen Dreier vor weniger als 900 Zuschauern ein. Die Vesperpause nach dem Abpfiff brachte uns wegen Anreisestau zum zweiten Spiel fast in Zeitnot.
Für die Zweitligapartie zwischen dem FC Pacos de Ferreira und der Zweitvertretung vom FC Porto hatten wir nicht mit dem Zuschauerandrang gerechnet und stellten die Karre deshalb einige Minuten Fußweg entfernt ab. Hier hatte ich ebenfalls eine Anfrage gesendet, aber keine Antwort erhalten. Umso überraschter war ich, dass mir trotzdem eine vorbereitete personalisierte Akkreditierung ausgehändigt wurde. Zu zweit nutzten wir diese gekonnt, da die Ticketschlange am Office einen Einlass nach Anpfiff garantierte. So marschierten wir am Security vorbei, der wohl auch keine Lust auf Diskussionen hatte. Der letztjährige Absteiger, der in der Saison 21/22 noch Conference League spielte und Tottenham zuhause 1:0 schlug, wurde 1950 gegründet. Der Biber ist das Maskottchen, auch der Spitzname geht auf das Tier zurück. Das 1973 eröffnete Stadion “Estádio Capital de Móvel”, welches 2013 teilabgerissen und entsprechend erneuert wurde, bietet etwas mehr als 9.000 Plätze, von denen an diesem Spiel 3.500 besetzt waren. Die Zuschauer sahen einen souveränen Heimauftritt, auch ungefähr 20 Supportwillige machten es sich auf der Tribüne, auf der wir uns befanden, bequem und supporteten ihre grün-gelben Biber. Auch hier war nach 30 Minuten alles geschwätzt, die 2:0 Führung wurde kurz vor Ende der Partie noch auf ein 3:0 erhöht, Portos Zweitvertretung zeigte kaum Gegenwehr. Beide Mannschaften befinden sich im Niemandsland der Tabelle, müssen aber aufgrund der geringen Punktedifferenz in die Abstiegszone aufpassen. An einen Wiederaufstieg ist von Seiten der Gastgeber aber nicht zu denken, da bereits elf Punkte Abstand auf den Relegationsplatz angehäuft sind. Mit Abpfiff machten wir uns wieder auf den Weg zum Auto, allerdings stoppten wir noch bei einem Supermarkt, um den weggeworfenen Brotbelag zu ersetzen, wurden aber bei der Suche nach etwas Veganem nicht fündig.
Der Puffer zur 18:00 Uhr Erstligapartie gegen Rio Ave war trotzdem groß, so dass wir nach einem Gegurke über etliche Kaffstraßen gut 45 Minuten vor Anpfiff parkierten. Die angeforderte Akkreditierung lag auch hier bereit, die Wegführung auf die Tribüne war allerdings schlecht ausgeschildert. Nach einem Gang durch den Pressekonferenzraum landete man in den Büroräumlichkeiten der Vereinsoffiziellen und hätte hier wohl einiges an Schaden anrichten können. Da dies jedoch nicht mein Ansinnen war, entschied ich mich, es durch andere Türen zu probieren und schaffte es nach kurzer Zeit auf die einzige Tribüne des Grounds. Die Gegenseite des “Estádio Municipal dos Arcos” musste wegen Mängeln in der Bausubstanz abgerissen werden. Durch diese Verkleinerung passen in das 1984 erbaute Stadion nur noch etwas mehr als 5.000 Zuschauer. Der 1914 gegründete Portimonense SC aus dem ganz im Süden gelegenen Distrikt Portimao kämpft genauso wie der Gastgeber gegen den Abstieg. Bei achtzehn Teams in der Liga traf hier der Siebzehnte auf den Fünfzehnten. Für ein hitziges und spannendes Spiel war also alles vorbereitet. Einen Gästemob entdeckte ich keinen, lediglich ein paar Jugendliche schwenkten auf Heimseite die Fahnen und stimmten gelegentlich zu Schlachtrufen an. Die nach einem durch die Region fließenden Fluss Ave genannten Gastgeber, die 1939 gegründet wurden, waren von Anfang an spielbestimmend, aber zum Unmut der Zuschauer nicht zwingend vor dem Tor. Diese Pöbelkultur in Portugal gefällt mir uneingeschränkt. Wirklich stark. Erst in der zweiten Hälfte schoss man die Tore zum dreifachen Punktgewinn, den Dolchstoß mit dem 2:0 erzielte man eine Minute vor dem Ende der regulären Spielzeit. Dies führte zu Frust bei den Gästen, auch hier beschwerte man sich anschließend in einer Tour bei allen Beteiligten. Schön anzusehen. Meinen reservierten Platz verließ ich bereits in der Nachspielzeit und machte mich mit gepacktem Zeug am Ausgang für den Abpfiff bereit, den ein weiterer Revisit stand an.
Zuliebe meines Fahrers und eines weiteren Mitfahrers vom Vortag, der hier wieder auf uns stieß, ging es nach Famalicao, ein weiteres Mal erste Liga. Auch dieses Kreuz erledigte ich letztes Jahr, daher schrieb ich im Vorfeld keine Anfrage, da ein Besuch alleine nicht in Frage kam. In der nun entstandenen Konstellation nahm man das weitere Spiel mit und zog sich für zehn Euro ein Ticket an der Tageskasse. Mit Einlaufen der Mannschaften betrat man die Gegentribüne und erblickte weitere bekannte und unbekannte Nasen. Ins Gespräch bekam man sich sofort verwickelt, sodass ich neben dem Fallrückziehertor eines Gästespielers relativ wenig vom Spiel mitbekam. Das muntere Auf und Ab endete 2:2 unentschieden, was dem Tabellenletzten GD Chaves aus der nördlichen Grenzregion zu Spanien relativ wenig bringt. Etwa 50 Fans befanden sich im neben uns gelegenen Gästeblock, die das 0:1 nach etwa 20 Minuten frenetisch feierten. Anschließend drehte der 1931 gegründete Gastgeber das Spiel noch in der ersten Halbzeit. Dann fiel der Treffer per Fallrückzieher, der allerdings zuerst auf Abseits überprüft werden musste. Nach dem grünen Licht durch den Kölner Keller konnte der mitgereiste Anhang aber wieder jubeln. Viel zu früh pfiff der Schiri dann aber ab, zumindest für meinen Geschmack, denn das Gespräch mit den Gleichgesinnten war wirklich interessant. Nach dem kurzen Fußweg zum bei einem Supermarkt abgestellten Auto ging es nach Porto und in die Wohnung. Diesmal wurde sich mit Tiefkühlware noch der Magen vollgeschlagen, ehe ich mich vollkommen gesättigt auf der Schlafcouch niederließ und sofort einschlief. Der Gedanke war auch an die nächste Woche, denn da soll es, nach ein paar weitern Tagen in Portugal den Flug über den großen Teich geben.
Bilder:
London Silvester QPR Spiel Valencia Sightseeing Valencia Spiel Vigo Sightseeing Vigo Spiel Santiago de Compostela Sightseeing A Coruna Sightseeing A Coruna Spiel Sightseeing Porto 1 Boavista Spiel Oliveirense Spiel Penafiel Spiel Arouca Spiel Villa das Aves Spiel Pacos de Ferreira Spiel Rio Ave Spiel Famalicao Spiel
Das klingt spannend. Ich freue mich schon auf die nächsten Berichte! 👍😊
Liebe Grüße Christel und Wolfgang
Hallo ihr Beiden, danke für euren Kommentar. Die nächsten Berichte kommen!
Lieber Felix,
Ich leide mit dir, wann du stundenlang läufst, wann du 3 Mal in Folge eine kaltnass Regen bekommst,… aber vor allem ich genieße mit dir, wann du in die letzte Minute in deine Flugzeug einsteigst, wann du in eine ausverkauftes Stadion reingehst und besondere Erlebnisse hast.
Weiter so!
Julián