Freundschaftsduell in Marseille.

Eine alte Groundhopperweisheit besagt, dass die besten Flüge vor 7:00 Uhr starten. So ging es auch bei diesem Trip, der mich zuerst nach Katalonien führen sollte, los. Tatsächlich auch der einzige Flug dieser Reise, was an sich erstmal ziemlich ungewöhnlich ist. Und dann ging es auch noch vom Heimatairport der Landeshauptstadt los, was mangels der bezahlbaren Ostblockbomber bzw. Rainer ebenfalls eine Seltenheit ist. Doch natürlich wurde ein bezahlbares Ticket für 50 EUR geschossen, ansonsten hätte der Vogel mich nicht gesehen. 

Der nicht von der Hand zu weisende Vorteil eines Fluges ab dem Manfred-Rommel Airport ist die räumliche Nähe. Wenn bei 06:20 Uhr Abflug der Wecker um 04:50 Uhr klingelt, ist das schon ziemlich geil. Also noch kurz das Wetter für die nächsten 3 Tage in den Destinationen überprüft, Klamotten in den Rucksack gestopft und voraussichtlich ein letztes Mal für die nächsten 3 Tage geduscht. Ein wenig optimistisch packte ich noch meine Badehose und nen Handtuch in das Handgepäckstück, man weiß ja nie. Bei der Städteauswahl dieser Reise hat man die ein oder andere Möglichkeit ins kalte Nass zu springen.

Dank des persönlichen Shuttle-Services von Haustür bis Terminal stand ich um 05:30 vor der Personen- und Handgepäckkontrolle und stellte erschrocken fest, dass die Schlange recht lang war. Ungefähr 15 Minuten zeigte der Bildschirm für diese Station an. Puh, wird doch ein wenig enger als gedacht, aber noch hat man etwas Luft. Kein Grund zum Drängeln und so harrte ich geduldig in der Schlange aus. Warten ist für mich das Sinnloseste der Welt, deshalb wird normalerweise jede wartende Menschenansammlung übersprungen, selbst wenn ich keinen Zeitdruck habe. Es gibt nichts Nervigeres als warten. Naja, soviel zu meinen Ticks und wieder zurück in die Schlange. Die beiden backpackenden Abiturienten vor mir schafften es beim Ablegen ihres Gepäcks vorm Scanner tatsächlich die dort arbeitende Sicherheitsdame beim Zusammenschieben der Schalen zu verletzen, so dass diese erstmal die BPOL forderte um diesen wirklich tragischen Arbeitsunfall aufzunehmen. Meine freundliche Bitte einfach jemand anderen hier zu positionieren anstatt des Ding jetzt für kriminaltechnische Untersuchungen und ne Wiederbelebung zu schließen, da hier auch noch Leute ihren Flug bekommen müssten, lächelte sie weg und meinte, dass man doch einfach früher kommen solle. Ich hoffe, dass ihre Hand wieder angenäht werden konnte und sie wieder bei Sinnen ist, Wie manche Leute sich anstellen. Naja, 06:03 dann endlich im Flugbereich, noch kurz Sanitär aufsuchen und dann pünktlich zum Schließen des Gates auftauchen. Dafür bin ich Spezialist und natürlich klappt auch hier der Zugang als Letzter in den Flieger einwandfrei. 

Der Hopp mit der Nachfolgeairline von Germanwings, welche nach einem kontrollierten Absturz, ähnlich meines Suffs in Schwerin 2022, einen Imagewechsel vollzog, ging super schnell vorbei. Natürlich wurde auch hier wieder ein Fensterplatz erschlichen und geschlummert bis zur Landung. Wobei, zum Sonnenaufgang wurden die ein oder anderen schönen Bilder geschossen. Nach der Landung gegen halb 9 lief ich entspannt Richtung Ausgang, Salida wie der Spanier sagt, und wollte mich noch informieren, wie ich am kostengünstigsten vom Airport bis in die Stadt kommen würde. Ehe ich mich versah, fuhr vor mir der 46-er Bus ein, der den Placa d’Espanya angeschrieben hatte. Hört sich erstmal gut an, dachte ich, und auch die 2,40 EUR, die der Fahrer von mir per Karte haben wollte waren erschwinglich. Der Berufsverkehr in Barcelona machte meinem Plan von einer sehr frühen Ankunft im Zentrum aber ein Strich durch die Rechnung, so dass der Bus für die knapp 13 Kilometer mehr als eine Dreiviertelstunde benötigte. Wenigstens konnte in dieser Zeit der Tagesplan ausgearbeitet werden. Mein Weg sollte mich vom katalonischen Kunstmuseum über die Gärten von Montjuic zum Hafen und von dort über die berühmte “La Rambla” zur Kathedrale, den “Placa de Catalunya”, den Gaudibauwerken, darunter natürlich auch die berühmte Sagrada Familia, bis zum Park Güell führen. Zwischendrin mussten auch noch 2 Grounds gespottet werden. Das “Nou Sardenya” von CE Europa ist in Hopperkreisen bereits recht bekannt und auch ein wenig kultig. Steht bei mir noch auf der Liste, also wird ein zukünftiger Weg nochmal nach Katalonien führen. Neben dem Park Güell liegt ausserdem der Kunstmuru des Stadtteilvereins CD Carmel. Von hier oben hat man eine perfekte Sicht über die Stadt und auch dieses Kreuz wird irgendwann noch gemacht. Versprochen. Die ganze Tour wurde natürlich fußläufig absolviert und so zeigte der Schrittzähler bereits gegen 12:45 Uhr um die 25.000 Schritte an. Das Wetter bot sich aber auch einfach an um in dieser schönen Stadt herumzuschlendern und die schönen Flecken abzuhaken. Einen zeitlichen Rahmen wollte ich mir erstmal nicht geben, da die Youth League Partie zwischen dem FC Barcelona und Shakthar Donezk im “Estadio Johan Cruyff” nicht nur ein Revisit wäre, sondern auch am Arsch der Welt in Richtung Llobregat liegt. Das Kreuz habe ich 2020 vor dem Derbi Barceloni im neuen Ground von Espanyol mit dem kleinen Derby der jeweiligen Zweitvertretungen gemacht und hat deshalb defininiv keine Priorität. Aber natürlich schaffte ich meine “Sightseeing-ToDos” pünktlich um mich in den Bus zu setzen und meinen Schwarzfahr-Punkt der Tour zu machen. Wenn schon Revisit, dann auch so wenig wie möglich dafür zahlen, dafür stehe ich mit meinem Namen. Vorher wollte ich mich bei den Temperaturen und der körperlichen Anstregung noch etwas enspannen und zog mir bei nem Kiosk ein Eis. Der erste Verkäufer wollte für nen Magnum 3,70 EUR und vergraulte so einen zahlungswilligen Kunden. Im Supermarkt ein Eck weiter gabs dann nen Sandwicheis für unter 2 Euronen und damit einen glücklichen Schwaben. Die Busfahrt in den westlichen Vorort von Barcelona, in dem der FCB seit 2006 sein Trainigszentrum aufgebaut hat, lief dabei nicht ganz so wie geplant. Mein Bus vom Park Güell zur Umstiegshaltestelle blieb aufgrund einer sich nicht mehr schließenden Tür liegen und musste so zügiger verlassen werden als gedacht. Zum Glück fährt da jede Minute irgendein Bus und so konnte zumindest der Anschluss 10 Minuten später erwischt werden. Mit Ankunft 13:55 und Spielbeginn 14:00 Uhr stellte ich mich dank meiner hervorragenden Spanischkenntnisse bereits auf Diskussionen wegen meines Rucksacks und dem damit verpassenden Anstoß ein. Und auch ein Ticket musste ja noch besorgt werden. Doch zu meiner Überraschung lag ein Ticketstapel direkt am Drehkreuz und der Einlass war kostenfrei. Nur mein Rucksack wurde tatsächlich gefilzt, als würde man mir ansehen, dass ich den 2019 gebauten Campus wieder dem Erdboden gleich machen wöllte. Und dann verbot mir der 60-jährige Security tatsächlich den Zugang aufgrund meines Laptops im Gepäck. Mein erster Gedanke war nichtmal für jetzt gerade, sondern für heute Abend. Das könnte noch heiter werden. Naja, zurück zum Einlass der Youth League. Eine Diskussion mit einem jüngeren Ordner später und mir wurde erlaubt meinen Rucksack unter der Treppe zu deponieren. Riskant, aber wayne. Die beiden Ottos werden da eh nen Blick drauf haben, falls er anfängt zu ticken.. Ach, keine Ahnung, was die sich da an Szenarien ausmalen, aber zumindest konnte ich mich jetzt auf der doppelstöckigen Haupttribüne breit machen. Es waren vielleicht 250 Zuschauer gekommen, davon tatsächlich auch 25 Gäste, die sich auf der gegenüberliegenden Seite verteilten. Auch zwei Zaunfahnen, in Graffitischrift geschrieben “Donezk” und “1937” mit dem Schachtersymbol, waren in einem Rucksack eines Fans in den Ground gewandert. Und ihre Mannschaft stellte sich nicht schlecht an. Zwar erspielte man sich kaum eigene Chancen, aber ließ sich auch nicht abschießen. Erst kurz vor dem Abpfiff fiel das entscheidende 2:0 für die Hausherren. Zwar gab es deutliche spielerische Defizite, aber trotzdem kann die Jugend von Hamburgs bester Mannschaft auf diese Leistung stolz sein. Wer allerdings aus der Barca-Jugend irgendwann hören spielen kann, hab ich jetzt nicht so genau gescoutet und hätte es bis in 3 Jahren eh wieder vergessen. Ein wenig in meinem Fokus lag der Spieler mit der Elf, der für eine Schwalbe im Sechzehner Gelb bekommen hat, dann aber auch das 2:0 butterweich vorbereitet hat. Der eingewechselte Torschütze davon hat sich gefreut wie ein kleines Kind. Ob es sein erstes Tor war, konnte ich leider nicht herausfinden, aber es war sehr schön zu sehen, wie er 3 Mal zum Flankengeber gegangen ist und sich immer wieder bedankt hat. Auch das obligatorische Herz auf die Tribüne zur aktuellen Flamme durfte natürlich nicht fehlen. Kurz zur sportlichen Relevanz des Kicks, Barcelona steht damit in der Tabelle ihrer Youth League Gruppe auf Rang 1 mit 3 Siegen aus 3 Spielen, Shakhtar auf Rang 3 mit nur einem gewonnenen Spiel gegen Antwerpen.

Nach dem Kick gings recht schnell wieder zum Bus um in die Innenstadt zu kommen. Einen genauen Plan gab es zwar nicht, aber meine Lust ungefähr 2 Stunden von hier ins Olympiastadion der Stadt Barcelona im Stadtteil Montjuic, oder auch “Estadi Olímpic Lluís Companys”, zu laufen, war sehr gering. Benannt übrigens nach einem republikanischen linken Politiker, der in den 1930er Jahren Vorsitzender beziehungsweise Führer der katalonischen linken Partei war und sich sehr für eine Abspaltung Kataloniens von Spanien eingesetzt hat. Er floh im spanischen Bürgerkrieg nach Frankreich und wurde dort von den Deutschen aufgefunden und nach Spanien ausgeliefert. Unter Diktator Franco wurde er 1940 hingerichtet. Nun aber genug vom Rezitieren von Wikipedia um den Bildungsauftrag zu erfüllen. Die für die Weltaustellung 1929 erbaute Schüssel wird bespielt, weil Barca das Camp Nou erweitert und deshalb eine Ausweichstätte benötigt. Findige Sportinteressierte werden auch die Bewerbung für die Olympischen Spiele 1936 auf dem Schirm haben, für die dieses Stadion als wichtigste Sportstätte vorgesehen war. Aber wie wir alle wissen gab es da noch einen anderen Schurkenstaat als Franko’s Spanien, der Sports-Washing schon damals verstanden und durchgeführt hat. Natürlich kann man sich dann so eine Möglichkeit nicht nehmen lassen, diese Perle zu kreuzen, nachdem der Umzug von Espanyol hierher für mich deutlich zu früh kam. Und das dachten sich auch einige andere Nasen, die man bereits beim Jugendspiel erspäht hatte. Nun stand ich also musikhörend an der Bushaltestelle als sich ein Mob aus 3 Personen etwas angeregt über die kommenden Busverbindungen unterhielten. Meine Expertiese musste ich natürlich teilen und folglich war ich als Reiseführer der Gruppe eingestellt. Einen kurzen Schnack über gemeinsame Bekannte später und man war sich klar, dass die Wellenlänge passt. Die kostenfreie Busfahrt ans Camp Nou und die Planung des Programms bis zum Anpfiff verging so recht schnell. Einen Besuch an eben diesem legendären Stadion später und ich wünschte ich hätte mir die Verschandelung nicht angesehen. Beziehungsweise was davon übrig ist. Die gesamten Ränge überhalb des Grundrangs wurden abgerissen und einzig eine Ruine ist übrig. Schnellen Schrittes wanden wir uns ab, bevor wir emotional daran zu Grunde gingen würden. Auf dem Fußweg zu einem kolumbianischen Restaurant, auf welches wir uns geeinigt hatten, entdeckten wir ein nett aussehendes Lokal mit Möglichkeiten zum draussen sitzen. Nach einer kurzen Bedenkzeit und dem Blick in die Karte ließen wir uns dort nieder und bestellten für wirklich faire Preise die Mahlzeit des Tages. Für mich gab es Reis mit Ei, die anderen entschieden sich wahlweise für Nudeln und Fleischgerichte. Das die Rechnung dann trotzdem recht hoch ausfiel lag wohl an den nicht preislich genannten Getränken, die auf dem Kassenbon auch nicht einzeln aufgeführt wurden. Alles ein wenig shady. Meine Schuld beim Bezahler tilgte ich durch einen Besuch eines lokalen Supermarktes und dem Kauf einiger Wegbiere für die Gruppe wieder. Der Konsum dieser fand auf den letzten Metern in Richtung Stadion statt, allerdings nicht ohne mal wieder eine Kurzstrecke in einem Bus ohne Ticket zu fahren. Der Ausstieg am Placa d’Espana war selbstverständlich und so traf man dort auf extrem viele Fans, die den selben kleinen Fußmarsch vor sich hatten wie wir. Ein paar Bilder von der Aussicht am katalonischen Kunstmuseum nach dem Treppenaufstieg, den wir selbstverständlicherweise über die Treppen per pedes und nicht über die zahlreichen Rolltreppen vornahmen, später und der Weg in den Ground war frei. Da ich mich noch kurz darum kümmern wollte ein normales Papierticket aus der e-Ticket-Gülle zu machen, tauschten wir Nummern um uns später wieder zu treffen. Der Verantwortliche im Kassenhäuschen nahm mir aber recht schnell die Hoffnung auf eine Ticket für die Sammlung. Erst als ich meinte, dass mein Code nicht gehen würde, fragte er mich mehrfach ob ich es den überhaupt probiert hätte. Meine unmissverständliche Lüge und Andeutungen, dass ich doch nur ein normales Ticket haben wollte, nahm er auf und druckte mir mit Stolz ein Ticket aus. Allerdings das fucking Print@home-Ding in DINA4. Alles andere könne er nicht machen. Stark. Mit diesem sinnlosen Wisch in der Hand also zur Kontrolle. 

Gute 20 Minuten vor Anpfiff war an der Kontrolle nichts los. Direkt nach vorne gelaufen, Rucksack und die darin befindlichen Klamotten kurz gezeigt und den Laptop verdeckt, da der am Mittag beim Jugendspiel bereits Probleme bereitet hat. Leider entdeckte die sorgfältige Dame diesen und verweigerte mir den Zutritt. Die Frage nach Schließfächern oder einem Abgabecontainer hätte ich mir sparen können. Gab es keine. Meine Optionen waren nun nach ihrer Aussage entweder alles im Park deponieren oder das Spiel nicht sehen. Auf eine Diskussion lies ich mich nicht wirklich ein, sondern wartete lieber 2 Minuten und ging ein paar Meter weiter nach rechts und probierte dort bei einem entspannt aussehenden Mitarbeiter mein Glück. Er schaute nicht so genau und vertraute auf meine Aussage mit “just clothes and stuff to brush my teeth”. Mit dieser Arbeitsmoral kann ich mich identifizieren und schmuggelte so ein weiteres Mal einen verbotenen Gegenstand in ein Stadion. Man sollte mich einsperren. Egal, drin ist drin und die paar verbliebenen Minuten bis zum Anpfiff zwischen dem FC Barcelona und Hamburgs bestem Verein wurden mit einer vorgezogenen Groundrunde bei Sonnenuntergang und dem Knipsen einiger Bilder verbracht. Die Schüssel ist wirklich ziemlich geil! Absolute Empfehlung an jeden, der dieses Jahr noch die Kapazität hat nach Katalonien zu kommen. Mit dem Einlaufen der Mannschaften bezog ich einen Stehplatz im obersten Umlauf auf Höhe der Eckfahne. Allerdings auch nur, da ich keinen Bock hatte mich auf meinen tatsächlichen Sitzer irgendwo anders durchzudrücken. So beobachtete ich das Treiben auf Rasen und Rängen im Stehen von ganz oben. Auch den Einlass in meinem Rücken hatte ich im Blick und tatsächlich kamen bis zur 30sten Minute immer noch einige Zuschauer ins Stadion. Bei einem Champions-League Spiel. Trotz der nicht abebbenden Zuschauer flut war das Spiel alles andere als ausverkauft. Bei einer Kapazität von gut 50.000 und nur knapp 40.000 verkauften Tickets kann man gut und gerne von einem abgeflachten Hype des einstigen besten Teams Europas sprechen. Ob das wirklich daran liegt, dass die glorreichen Zeiten vorbei sind oder das Ausweichstadion nicht so annerkannt wird wie das Camp Nou, mag ich allerdings nicht beurteilen. Zumindest eine aktive Gruppe sorgte auf der Hintertorseite beim Marathontor für ein wenig Stimmung, auch wenn die beiden Trommler noch ein wenig am Taktgefühl arbeiten dürften. Eine kleine Blockfahne mit dem katalonischen Wappen wurde ausgebreitet um ein weiteres Mal die königliche Elite zu ärgern, aber ansonsten gab es keine ernennenswerten Aktionen des Heimanhangs. Zumindest wurde ein wenig Stimmung gemacht, aber nichts weshalb es sich gelohnt hätte, den Weg hierher auf sich zu nehmen.

Kommen wir zum Gekicke auf dem Rasen. Auch das war eher Mau. Barca hatte das Spiel von Anfang an unter Kontrolle, ging verdient in Führung, verpasste es aber den Deckel drauf zu machen. Auch der nervige Videobeweis meldete sich mindestens 3 Mal um Abseitstore nicht zählen zu lassen. Zumindest nahm man einige Torjubel mit, dessen Auslöser allerdings immer wieder zurückgenommen wurden. Nachdem das 2:0 fiel, kamen die Ukrainer, die ihre Heimspiele aufgrund des russischen Angriffskrieges und auch der vorherigen, seit 2014 bestehenden, Besetzung des Donbass, dieses Jahr in Hamburg austragen durften, gegen Ende der zweiten Hälfte mit dem Anschlusstreffer zurück. Das auch der Ausgleich noch in der Luft lag war zwar absolut unverdient, gab dem Spiel allerdings zumindest etwas sportliche Relevanz beziehungsweise Spannung. Einen Lucky Punch konnte der Heimanhang, der sich mit zwei Zaunfahnen im Graffitistyle, den Selben wie auch beim Youth League Spiel zuvor, im Oberrang unter der zweiten modernen Anzeigetafel breit gemacht hat, allerdings nicht bejubeln. Wäre aber auch sehr unverdient gewesen, aber das spielt beim unserem lieben Fußballgott ja häufig keine Rolle. Zur zweiten Hälfte kann ich spielerisch im Allgemeinen auch nicht viel sagen, da die komplette Zeit mit einer der vorher kennengernten Bekanntschaften verquatscht wurde. Daher nahm man klassicherweise nur die Aktionen wahr, denen ein leichtes Raunen oder der Anstieg des Geräuschpegels vorausgegangen sind. Und das war nicht so sonderlich oft. Kurzer Einschub noch zur Touriquote im Stadion, den die war deutlich geringer als bei meinem Spiel 2019 in der regulären Heimstätte des 1899 gegründeten spanischen Rekordpokalsiegers. 

Nach Abpfiff verlies ich das Stadionumfeld recht zügig, nahm noch die ein oder andere Freudenfackel der Fans wahr, und spurtete Richtung Busbahnhof, der grob eine Stunde Fußmarsch entfernt liegt. Von dort sollte mich ein Flixer für unter 20 EUR in die französiche Küstenstadt Marseille bringen. Durch so eine geile Nachtverbindung spart man sich nicht nur das Hotel, sondern vergeudet tagsüber auch keine Zeit mit dem sinnlosen Rumsitzen in diesen Bussen. Nachtbus oder -zug Verbindungen sind einfach Beste. Natürlich musste ich mich für die Fahrt aber noch mit etwas Essbarem und einem Wasser eindecken, also gings vor Ankunft am Busbahnhof Nord noch in einen kleinen Kiosk und es wurde sich mit dem Nötigsten versorgt. Vorbei an der Kathedrale und anderen Sehenswürdkeiten machte mich der Fußweg gut schläfrig, so dass ich mit Ankunft des Busses und der Einnahme meines Platzes innerhalb kürzester Zeit eingeschlummert war. Dies hielt bis zur spanisch-französischen Grenze, denn dort wurde ich von französischen Bullen sehr unsanft geweckt und nach meinem Gepäckstück gefragt. Meinen Rucksack, der in der Ablage über meinem Platz vor sich hin schimmelte, öffneten die Beamten und fanden ganz oben meine vom Vortag in Barcelona mit guten 35 Kilometern durchgelaufenen Socken, die ich beim Umziehen vor dem Entern des Busses direkt nach oben gelegt hatte. Herzlichen Glückwunsch, ich hoffe ihr braucht keine Therapie und könnt bald wieder riechen. Nach diesem Schock verliesen die beiden den Bus ohne eine weitere Kontrolle eines Passagiers. Ob das daran lag, dass bereits alle anderen vor mir gefilzt wurden, oder ich die Stichprobe war, kann ich nicht sagen, da komatöses Schlafen. Auf jeden Fall war ich nun wach und das ging mir auf den Sack. Zum Glück war meine Müdigkeit noch immer so ausgeprägt, dass ich innerhalb der nächsten Minuten wieder einschlummern konnte. 

Die Ankunft in Marseille war etwas strange. Der Bus hielt an einer Haltestelle und mein Blick auf die Handyuhr verriet mir noch eine gute Stunde bis planmäßiger Ankunft. Da mein Maps Standort aber schon in Marseille war, hat der Fahrer einfach absurd viel Zeit reingefahren. Da die Kutsche von Marseille aber noch in Richtung Nizza weiterfuhr, blieb der Bus dunkel und wartete auf die neuen Fahrgäste. So konnte ich trotz Ankunft an meiner Destination gegen halb 5 noch eine weitere Stunde schlummern und ewig lange WhatsApp Anworten in der Wärme des Busses formulieren. Kurz vor Abfahrtszeit verabschiedete ich mich dann unter den verduzten Blicken der Fahrer von ihnen und ging meines Weges Richtung Hafen. Sightseeing-Punkte, die ich unbedingt sehen wollte, habe ich mir im Gegensatz zu Barcelona nicht markiert und ging so erstmal an die Hafenfestung “Saint-Jean”, die um diese Zeit aber noch geschlossen war. Von dort nahm ich den weiten Bogen über das Rathaus, die Oper und die Zitadelle hin zu den Stränden im Stadtteil Pharo. Auf dem Fußweg deckte ich mich bei einem Bäcker in perfektem französisch aber noch mit einem Croissant und einem Pain au Choloat für das kommende Frühstück bei Sonnenaufgang aus. Bei einem Supermarkt ergänzte ich noch eine Vanillemilch und weitere Pain au Choloat für die nächsten Stunden. Leider bin ich aber was Himmelsrichtungen oder Zeiten angeht absoluter Amateur. Aus dem erwarteten Aufgang in Richtung Meer wurde einer aus Stadtseite. Zum Glück entdeckte ich auf meiner Tirade die Situation zu retten, in dem ich einen hohen Punkt aufsuche, eine Brücke, von der ein Blick wirklich phänomenal war. Also über das Brückengemäuer geschwunken, die französische Backkunst in dieser Atmosphäre genossen und den positiven Vibe einfach gefühlt. Besser kann ein Tag wahrscheinlich nicht starten. Ausser man schaut um 10:15 bei Schrudim zweite Scheschische Liga, aber das steht auf einem anderen Blatt Papier. Oder zeigt sich in einer anderen Doku. Naja, genug der Frotzeleiein und weiter im Text. Nach dem erfolgreichen Start in den Tag suchte ich den direkten Weg zum Wasser und fand erstmal eine sportliche Gruppe, die auf dem Pier ihre Yoga-Übungen machte. Freaks. Vorbei an den Gestalten und die Küstenlinie entlang in Richtung “Roucas-Blanc” beziehungsweise ganz in den Süden nach “La Plage”. Und ich glaube ich habe in dieser Zeit ein neues Hobby gefunden. Hunden beim Spielen im Wasser zuschauen. Was kann beruhigender und entspannter sein, als einen glücklichen Hund beim Austoben zu beobachten? Mein Fußweg hatte das Ziel, bereits früh am heutigen Ort der Begierde, dem “Stade Velodrome” zu sein, um einerseits den Vibe des heutigen Spiels, Olympique Marseille gegen AEK Athen, von Anfang an zu spüren, Infos zu gemeinsamen Treffpunkten, die Ultras beider Vereine pflegen eine intensive Freundschaft, und eine baldige Klärung meiner Rucksacksituation zu erreichen. Die Dame im Fanshop konnte mir leider was eine Gepäckabgabe angeht nicht wirklich weiterhelfen, meinte aber, dass der Rucksack mitsamt des Laptops noch nie ein Problem war. Der erhoffte Tausch meines eTickets zu einem Papierticket fand seine Erfüllung auch nicht sofort, ich wurde auf die spätere Öffnung des Ticketshops vertröstet. Mit den beiden Neuigkeiten im Gepäck verlas ich den Fanshop und fand einen parkierten Bus aus der griechischen Hauptstadt vor den vielen Treppenstufen des Haupteingangs vor. Anhänger beider Vereine bereits im innigen Austausch. Auf die klassischen “Franzosen sprechen kein Englisch, wie unterhalten die sich dann?!?!?”-Witze verzichte ich bewusst, will es aber trotzdem ansprechen und nicht unvergessen lassen! Der nächstbeste Grieche wurde angelabert und nach einem gemeinsamen Treffpunkt für einen Marsch oder Ahnlichem gefragt. Er steckte mir, dass man sich in einem Park gegen 14:00 Uhr gemeinsam treffen würde. Der Zeiger zeigte zu diesem Zeitpunkt etwa 12 Uhr und ich hatte noch einiges zum Erledigen. Wenn man das Besuchen von Sehenswürdigkeiten so bezeichnen will. Auf dem Weg auf eine höhere Ebene um ein schönes Bild des Meisterwerks von Stadions zu machen, wurde mit der Nummer eins von Öhringen, Grüße an der Stelle, während seiner Mittagspause in der Lohnarbeit telefoniert, um erste fixe Buchungen für den Boxing-Day und weitere Punkte zu besprechen. Mit den ersten Bildern im Kasten begab ich mich zu der Sehenswürdigkeit Marseilles. Die Basilique Notre Dame de la Garde liegt deutlich erhöht über der Stadt, der Blick in alle Richtungen ist super und zu ihrem Fuße liegt auch ein sehr schöner ausbauloser Kunstrasen, der sich bereits auf meiner Europlan-ToDo wiederfindet. Auch dieser wurde selbstverständlich abgeknipst und für die Nachwelt festgehalten. Mit bereits über 30 Tageskilometern in den Beinen schrie alles in mir nach Erholung. Also machte ich mit mir aus, dass die nächste Route über die kurvigen Straßen wieder in den Stadtteil “La Plage”, übersetzt “der Strand” führen sollte, um dort das warme Wetter auszunutzen und nochmal ins Mittelmeer zu dippen. 45 Minuten später lag ich also oberkörperfrei am Meer, und das nur ein paar Tage vor November. Reisen ist einfach geil. Alles andere als geil war der Strandabschnitt, denn der Weg ins Wasser war von sehr vielen angeschwemmten Algen gezeichnet, die sich an jede Stelle des Körpers und der Badehose hefteten. Davon lies ich mich aber nicht beirren und plantschte gute 20 Minuten im doch bereits kalten Nass und zog ein paar imaginäre Bahnen. Beim anschließenden Duschen, dass nach den beiden sehr bewegungslastigen Tagen auch unabhängig vom Baden im Salzwasser nötig war, brauchte ich eine Ewigkeit um alle Fetzen der blau-grünen Seepflanze von mir zu waschen. Mit den nassen Klamotten und dem Handtuch am Trocknen über irgeneiner Stange im Umfeld genoss ich die Sonne bis aufs Äußerste und entschied mich damit entgültig gegen einen Besuch des erfragten Parks und des Marsches der Anhänger beider Vereine. 

Gegen ungefähr 17:00 Uhr, also rund anderthalb Stunden vor Anpfiff, machte ich mich vom Strand auf, die 30 Minuten zum Stadion zu laufen, um wenigstens noch ein wenig Atmosphäre aufzusaugen. Natürlich kam ich auf der falschen Seite an und durfte einmal ums Stadion laufen, kam während dieser Runde aber auch am Gästeeingang vorbei, vor dem ich sehr gute Stimmung vorfand. Auch der ein oder andere Böller fand zu der Zeit schon hörbar sein Lebensende. Mit ein wenig Respekt und vorallem viel Vorfreude enterte ich dann den Eingang, versuchte noch mein eTicket zu einem Papierticket zu tauschen, aber scheiterte,  da es “kein Papier gab”. Ta gueule. Also mit dem Strichcode aufm Handy zum Drehkreuz, kurze Begutachtung meines Gepäcks und ohne Beanstandung durfte ich die Stufen des Oberrangs ins Velodrome erklimmen. Was ein Gefühl am Mundloch zu stehen und den Blick in dieses Wahnsinnsgebilde zu werfen. Nachdem ich meinen Rücksack am Platz deponiert hatte, ging es erstmal auf kleine Entdeckungs- und Bildertour, beide Szenen, beziehungsweise eher alle drei befanden sich schon in Choreovorbereitungen oder waren fließig am Zaunfahnen aufhängen. Die mir gegenüber stehenden Griechen hängten sehr auffallend ein Spruchband für den bei den Ausschreitungen mit den Bad Blue Boys aus Zagreb verstorbenen Fan auf. Auch bei Commando Ultra von Marseille wurde eine Hommage mit dem Porträt des Verstorbenen mittig am Block neben beziehungsweise über der Freundschaftszaunfahne mit AEK aufgehangen. Vielen Dank nochmal an meine griechische Nebensitzerin fürs Übersetzen!

Die Choreos zum Einlaufen waren sehr beeindruckend, sowohl Commando Ultra als auch die “L’Amies de l’OM” auf der Gegenseite gaben sich mit Ihren Choreos große Mühe. Bei Commando stand die Freundschaft klar im Fokus, kleine Fahnen in gelb/schwarz auf der linken und blau/weiß auf der rechten Seite repräsentierten im Unterrang beide Vereinsfarben. Dazu eine über die ganze Hintertorseite Zaunfahne. Im Oberrang wurden zuerst mehrere Blockfahnen gezeigt und anschließend mittig mit Papptafeln ein “Droit” sowie mit Doppelhaltern klein “au But”, das Motto von OM, gezeigt. Auch zwei gemalte, die Freundschaft repäsentierende, sich umarmende Fans wurden noch im Unterrang hochgezogen, dazu der Spruch “Original Ultras”. Auf der Gegenseite war man nicht ganz so kreativ und zeigte im Oberrang eine “Allez l’OM Allez”- Blockfahne, unter der sich vermummt wurde, so dass die obere Häflte des mir rechtsseitigen Blocks noch vor dem Anpfiff durch Fackeln beleuchtet wurde. DIe kleine gelb/rote Blockfahne mittig im Unterrang ist eigentlich keine Erwähnung wert, da diese wirklich Scheiße aussah. 

Auch der Gästeblock zeigte sich mit Stilmitteln und verwandelte sowohl den Unter- als auch den Oberrang in ein rot brennendes Meer aus Fackeln, was mit dem Sonnenübergang wirklich sehr gut wirkte. Zum Spiel schreib ich mal wieder nicht viel, AEK war leider nicht ganz wettbewerbsfähig, haben sich aber wacker geschlagen und sind nach dem Rückstand zur Mitte der ersten Hälfte auch nach Wiederanpfiff zurückgekommen. Eine unverständliche rote Karte für Ballsperre sorgte dann aber für klare Verhältnisse und OM stellte schnell einen zwei Tore Abstand her. Viel wichtiger war, dass es das gesamte Spiel irgendwo gebrannt hat und die Atmosphäre wirklich stark war. Hat ausserordentlich Spaß gemacht. Eine kleine Erwähnung muss noch das Pfeifkonzert sein, als die Torhüter von AEK das Spielfeld zum Aufwärmen betraten. Da hat wohl ein Teil der OM-Fanbase die Freundschaft vergessen.

Auch nach Abpfiff wurde gemeinsam weiter gesungen und es tat mir weh das Stadion zu verlassen. Nach ein paar Fotos von der Hintertorseite der “L’Amis de l’OM” um einen neuen Blickwinkel zu bekommen, hurtete ich in Richtung des Bahnhofs, der sich eine gute dreiviertelstunde Fußmarsch entfernt befindet, um meinen Flixbus nach Lyon zu ergattern. Das klappte gut und so konnte ich noch einige kleine Sightseeingpunkte auf dem Weg abhaken und mir noch etwas Kleines zum Snacken einpacken. Das Ziel meiner nächtlichen Odysee war nicht Lyon, sondern Genf in der Schweiz. Also alles an Essbarem mitnehmen, den der Folgetag würde teuer werden. Im Flixer fand ich recht schnell zur Ruhe und verarbeitete den Tag im Traum. Mit Ankunft in Lyon wusste ich, dass es jetzt unangenehm werden würde. Wenn man den Google Rezesionen der nächtlichen Busumstiegsstation in der französischen Departmentshauptstand glauben mag, muss man froh sein nicht ausgeraubt zu werden. Zum Glück hatte ich 4 Stunden Zeit um mich vom Gegenteil zu überzeugen. Mit Ankunft gegen 2 Uhr wachte ich auf und regte mich über den Regen auf. Also unter die Brücke und erstmal etwas mit YouTube und einem neuen Musikalbum ablenken, bevor man eventuell durch die Stadt schlendert. Gegen 4 Uhr hat der Regen noch nicht nachgelassen und so wurde auch die letzte Stunde bis zur Öffnung des regulären Busbahnhofs im Gebäude der SNCF, das französische Pendants der deutschen Bahn, mit sinnlosen Videos oder Podcasts überbrückt. Im Bahnhof angekommen setze ich mich in die Schalterhalle und schrieb die ersten Zeilen dieses Berichts bis Abfahrt meines Busses nach Genf. Nach knapp einer Stunde wurde ich allerdings von einem Mitarbeiter verjagt und durfte mir einen neuen Platz suchen. Keinen Sinn. Saß ich halt 4 Meter weiter neben einem Snackautomaten. Wie es immer ist, hatte der Bus nach Genf natürlich auch noch etwas Verspärung, so dass ich statt um halb sieben erst um kurz nach sieben in dem warmen Bus saß und direkt wieder Schlaf fand. Von einer Grenzkontrolle habe ich nichts mitbekommen, so wachte ich zwei Stunden später in Geneve auf. Mein Tagesplan sah vor, dass ich mich erstmal nach Zugverbindungen und dem Weg vom Bahnhof zum Busbahnhof schlau machen wollte. Offline-Maps wollte ich diesmal nicht nutzen und alles so vor Ort einprägen. Dieser Teil war wirklich sehr einfach und so ging es direkt ins Sightseeing über. Die kleine Burg mit Blick über den Genfer See ist toll, ansonsten gefallen mir Städte wie Bern, Thun, Zürich oder Luzern deutlich besser. Das Spiel des Tages fand im UEFA-Ort Nyon, der auch einen schweizer Zweitligisten beherbergt, statt. Fußläufig knapp 30 Kilomter, die ich auf mich nehmen wollte. Die Zeit hatte ich absolut und der Plan ohne Navi war einfach immer am See entlang, den auch das “Stade de Colovray”, Heimspielstätte des FC Stade Nyonnais und meistens Austragungsort diverser UEFA-Finalwettberwerbe wie der Youth League, sofern sich keine reisefreudigen Kroaten ankündigen, befindet sich direkt am Genfer See. Die ersten Kilometer a pied waren durch einen Park, an einem kleinen offenen Schwimmbad und nett angelegten Küstenwegen entlang. Sehr malerisch mit gutem Blick, doch irgendwann verlor man den See aufgrund von Privatgrundstücken aus dem Auge. Auch an einigen Botschaften spazierte man vorbei, ehe man sich durch Segelclub wieder öffentlichen Wegen am See näherte. Mit Halt an einem Supermarkt und dem Eindecken von Wasser und Snacks entschied ich mich für eine kurze Pause und zimmerte mir die ein oder andere heruntergeladene Dokumentation rein. Natürlich fing es auch immer mal wieder mit Nieseln an, so dass diese Pause nach ungefähr der Hälfte der Strecke auch gut tat. Das Sightseeing ging an den Zwischenstops in Bellevue, Versoix und Tannay weiter. Irgendwo fand ich eine schöne Allee, die in eine gut erhaltene Altstadt führte und trödelte dort ein wenig durch die Gänge. Welches dieser Käffer es war, kann ich im Nachhinein allerdings nicht mehr feststellen. Mit immer intensiver werdendem Regen spurtete ich mich mittlerweile aber auch das Ziel zu erreichen und gut 30 Minuten vor Anpfiff stand ich am Eingang des Stadions. Der Security ließ mich meinen Rucksack auseinanderpacken und vergass anschließend mich auf mein Ticket zu kontrollieren. Das ich keins gekauft hatte war auch klar. Die gesparten 20 Franken werden natürlich für andere Zwecke zur Seite gelegt. Auch auf die überdachte Sitzplatz-Haupttribüne gelangte ich durch das ein oder andere Hilfsmittel, so dass ich mich vor dem Regen zumindest bis Abpfiff nicht fürchten musste. Auch ein WLAN gab es, was mich mich sehr freute, da ich nun einerseits zuhause ein Lebenszeichen abgeben konnte, und andererseits meinen Abtransport aus dieser verlassenen Gegend planen konnte. Mein Flixer führ um 2 Uhr in Genf, so dass ein Fußmarsch, auch aufgrund meines mittlerweile schmerzenden Fußes, ausgeschlossen wurde. Blieb nur der Weg über ein wirklich überteuertes SBB-Ticket, die für die Strecke von 15 Minuten ganze 9 Franken verlangten. Aber egal, das ist das Problem von Zukunfts-Freeezy. Jetzt habs erstmal Fußball. Sowohl die Heimseite in Form der Gruppe “Novio Squad”, als auch die Gäste aus dem Tessin mit den “Bellinzona Boys” flaggten an und supporteten trotz anhaltendem Piss schon weit vor Anpfiff. Ich hatte mit weniger gerechnet und war dementsprechend sehr angetan.

Diesmal erwischte ich sogar ein Fußballspiel, über das man berichten kann. Auf dem Platz entwickelte sich trotz des Regens ein wirklich ansehnlicher und spannender Kick, den ich von meinem Tribünenplatz mit meinen übrigen Cookies sehr genießen konnte. Zumindest ab Halbzeit 2. Die erste Hälfte war ein trostloses 0:0 ohne nennenswerte Aktionen. Doch nach dem Pausentee bekam Bellinzona direkt einen zweifelhaften Elfmeter zugesprochen, der natürlich verschossen wurde. Den Nachschuss konnte man aber zwischen die Pfosten setzen. Eine Viertelstunde später zogen die Gastgeber nach und stellten den Gleichstand wieder her. Tabellarisch stand man mit Position 8 (Bellizona) und 9 (Nyon) sehr nah aneinander, und das spiegelte auch das Spiel wieder. 10 Minuten vor dem Ende führte Bellinzona wieder, ehe in der fünften Minute der Nachspielzeit ein würdiger aber sinnloser Elfmeter für Nyonnais für den Endstand sorgte. Dachte man. Unter dem Support beider Gruppen warfen die Teams nochmal alles in den Ring und tatsächlich schaffte Bellinzona mit dem letzten Entlastungsangriff noch den Konter gegen die vorgerückten Gastgeber. 2:3 weit in der Nachspielzeit. Anschließend war Schluss und Bellinzona sammelte wichtige Punkte gegen den Abstieg aus der Challenge League. Für mich hieß es nun den Fußmarsch zum Bahnhof Nyon bei leichtem Nieselregen und starken Schmerzen im Bein zu bewältigen. Das ging auch einigermaßen gut, bis ich mich auf Höhe der Burg dazu entschied eine kleine Pause einzulegen und mir die Aussichtsplattform, die kurz darauf geschlossen wurde, zu entern. Dann fing es richtig an zu schütten und ich stellte mich unter einem verlängerten Vordach in der sehr schönen Altstadt unter. Keine Minute später nahm ich Schlachtrufe wahr und konnte die kleine Szene Bellinzonas auf dem Weg zum Bahnhof beobachten. Hatten nach diesem glücklichen Sieg definitiv ihren Spaß und kein Problem mit dem Wetter. Als der Mob vorbeigezogen war nutze ich auch die Gunst des nachlassenden Regens und bestieg einen viel zu teuren Zug nach Genf um von dort den vorher bereits ausgemachten Weg zum Busbahnhof zu laufen. Die Zeit bis zur Abfahrt wurde gut überbrückt und so bestieg ich den warmen Bus gegen zwei Uhr und wachte erst am Grenzübergang in die Bundesrepublik wieder auf. Die Fahrt am Freitag musste zurückführen, denn der glorreiche VfB spielte sein Heimspiel gegen die Hopps Söldnertruppe. Trotz der nur bis Freiburg gebuchten Fahrt im grünen Bus blieb ich bis Karlsruhe sitzen, mea culpa, und fand den Weg mit dem DE-Ticket wieder in die Landeshauptstadt. Über das Heimspiel und die abendlichen Vorkommnisse liegt ein Mantel des Schweigens. Doch bereits keine 72 Stunden später sollte die nächste 5-tägige Tour gestartet werden. Also zumindest kein langes Schweigen..

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